Baurecht / BGB

Bedenken des Auftragnehmers

Bedenken sind Hinweise des Auftragnehmers auf mögliche Mängel, Risiken oder Ausführungshindernisse bei der Bauleistung. Sie dienen der Schadenabwehr und sichern eine mangelfreie Ausführung.

Was sind Bedenken des Auftragnehmers?

Die Bedenkenanzeige ist ein zentrales Instrument zur Risikovermeidung und Haftungsbegrenzung für Bauunternehmen. Sie muss fachlich fundiert, rechtzeitig und nachweislich erfolgen. Bei öffentlichen Aufträgen sind zusätzliche formale Anforderungen zu beachten.

Pflicht zur Bedenkenanzeige

Dem Bauunternehmen als Auftragnehmer obliegt die Pflicht, bei der Bauausführung Schaden abzuwehren und den Bauherrn als Auftraggeber vor Schaden zu bewahren.
Dies umfasst insbesondere, dass es:
  • selbst und unabhängig vom Auftraggeber laufend prüft, ob eine Schädigung der Bauleistungen droht und
  • dafür notwendige Fach- und Sachkunde sowie Erfahrungen besitzt.
Sollten die eigenen Erfahrungen des Bauunternehmers und ggf. eine Beurteilung im Einzelfall nicht ausreichen, kann er sich auch sachkundig beraten lassen. Dies ist häufig zur Beurteilung von erforderlichen Vorleistungen von Dritten und Nachunternehmern notwendig.
Bedenken sind vom Bauunternehmer dem Auftraggeber anzuzeigen und bei einem VOB-Vertrag nach § 4 Abs. 3 in der VOB Teil B schriftlich mitzuteilen. Für den BGB-Vertrag ist keine Schriftform vorgeschrieben, aber ebenfalls zu empfehlen.
Tipp aus der Praxis

„Die schriftliche Bedenkenanzeige (auch als Bedenkenanmeldung bezeichnet) hat den Vorteil, dass sie bei evtl. späteren Unstimmigkeiten als Beweis herangezogen werden könnte. Die Mitteilung über Bedenken sollte unverzüglich, möglichst schon vor Beginn der Arbeiten, erfolgen. Die Darlegung ist so vorzunehmen, dass die Gründe für ein Bedenken erkennbar sind.“
Die Anzeige soll dem Auftraggeber die Möglichkeit bieten, die Bedenken zu prüfen. Das erfordert folglich eine fachgerechte und vollständige Darstellung. Für die inhaltliche Gestaltung ist keine Vorgabe vorgeschrieben.
Bedenken sind frühzeitige Hinweise des Auftragnehmers auf mögliche Mängel oder Risiken, um Schäden zu vermeiden und eine mangelfreie Bauausführung zu sichern.
Bedenken sind frühzeitige Hinweise des Auftragnehmers auf mögliche Mängel oder Risiken, um Schäden zu vermeiden und eine mangelfreie Bauausführung zu sichern. Bild: © f:data GmbH

Fachliche Prüfung durch den Auftragnehmer

Zu beachten bleibt, inwieweit das Bauunternehmen als Auftragnehmer zum Bedenken noch Hinweise und weitere Aufklärungen liefern soll.
In einer Entscheidung des OLG Düsseldorf mit Urteil vom 13. März 2015 (Az.: I-21 U 62 / 14 – Baurecht S. 297) wurde herausgestellt, dass „ein Werkunternehmer nur dann seiner Bedenkennachweispflicht nachkommt, wenn er dem Auftraggeber bzw. Besteller die nachteiligen Folgen und die sich daraus ergebenden Gefahren der unzureichenden Vorgaben konkret dargelegt hat und ihn solcherart in die Lage versetzt hat, die Tragweite der Nichtbefolgung klar zu erkennen.“
Eine ungenügende Aufklärung könnte ggf. eine Mithaftung für den Bauunternehmer zur Folge haben.
Tipp aus der Praxis

„Bei der Bedenkenanzeige muss beachtet werden, ob beim Auftraggeber als Besteller oder Verbraucher bauliche Sachkunde bzw. bei ihm baufachliche Betreuung anzunehmen ist. Ist der Auftraggeber selbst fachkundig und können von ihm die möglichen Risiken aus dem Bedenken eingeschätzt werden, bedarf es sicherlich nicht einer besonderen Aufklärung zu den Bedenken.“

Arten von Bedenken nach VOB Teil C

Welche Bedenken im Einzelnen noch zu einzelnen Baugewerken der Bauleistungen in Betracht kommen können, wird in der Regel unter Tz. 3 (meistens 3.1.1) in den jeweiligen Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen (ATV) bzw. DIN-Vorschriften in der VOB Teil C aufgeführt.
Beispiele werden hierzu unter Bedenkenarten angeführt zu:

Empfänger der Bedenkenanzeige

Tipp aus der Praxis

„Vom Bauunternehmer sollte abgesichert werden, dass die schriftliche Mitteilung auch den Auftraggeber erreicht hat. Das kann z. B. durch persönliche Übergabe anlässlich eines Baustellenrapports erfolgen. Ggf. ist dies durch Postzustellung mit Rückschein vorzusehen. Bei einer Mitteilung in elektronischer Form bliebe evtl. danach telefonisch zu prüfen, ob die Anzeige auch den Empfänger erreichte.“
Beweispflichtig für die erfolgte Mitteilung ist der Auftragnehmer. Den Erhalt einer schriftlichen Bedenkenanzeige sollte der Auftraggeber dem Auftragnehmer bestätigen.
Unter gegebenen Voraussetzungen kann auch bei allen Bauvertragsarten ein Bedenkenhinweis mündlich ausreichen. Nach Ausführung in einem Urteil des OLG Brandenburg vom 29. Juli 2021 (Az.: 12 U 230 / 20) muss jedoch ein „mündlicher Hinweis eindeutig, inhaltlich klar, vollständig und erschöpfend sein“. Ggf. kann eine mündliche Information über Bedenken in der Folge dazu führen, dass bei einer Nichtbeachtung durch den Auftraggeber dem Auftragnehmer ein Mitverschulden zugerechnet wird.

Prüfung durch den Auftraggeber

Der Auftraggeber wird angezeigte Bedenken prüfen. Für einen VOB-Vertrag wird in § 4 Abs. 3 VOB Teil B ausdrücklich vermerkt, welche Prüfungen als Hauptpflicht bezüglich möglicher Bedenken vorzunehmen sind.
Demgegenüber werden im BGB für den Bauvertrag nach BGB und den Verbraucherbauvertrag keine Vorschriften getroffen. Eine solche Prüfung ist aber als wichtige Nebenpflicht anzusehen. Dies wird vor allem dann von Bedeutung sein, wenn vom Besteller oder Verbraucher als Auftraggeber ein von ihnen Beauftragter wesentliche Planungsvorgaben und -unterlagen erstellt.
Die Prüfung sollte sich beziehen auf:
  • vorgesehene Bauausführung,
  • Qualität der vom Auftraggeber gelieferten bzw. beigestellten Stoffe und Bauteile sowie
  • Leistungen anderer Unternehmer, z. B. Nachunternehmer.
Die Aufzählung ist für die Sorgfaltspflicht des Auftragnehmers als abschließend anzusehen. Werden die Bedenken des Auftragnehmers nach Prüfung durch den Auftraggeber geteilt, ist dies dem Auftragnehmer mitzuteilen.
Die Prüfungs- und Hinweispflicht des Bauunternehmers kann ggf. auch entfallen, wenn der Auftraggeber selbst fachkundig ist und über konkret vorliegende oder ersichtlich zu erwartende Fachkenntnisse verfügt. Dies wurde so entschieden in einem Urteil des OLG Saarbrücken (Az.: 4 U 448 / 03) vom 21. August 2007.

Folgen bei Bedenken

Danach können sich folgende Sachverhalte ergeben:
  • Auftraggeber erkennt die Bedenken an
    Er passt die Ausführung entsprechend an und sorgt für eine mangelfreie Leistung.
  • Auftraggeber bleibt bei der ursprünglichen Anordnung oder trifft neue Entscheidungen
    Besteht der Auftraggeber auf der bisher vereinbarten Ausführung (Einsatz von Stoffen) und teilt die Bedenken des Auftragnehmers nicht, dann hat der Auftragnehmer die Leistung auf Verlangen auszuführen. Dies ist dem Auftragnehmer mitzuteilen. Bei neuen Anordnungen sollte der Auftraggeber aber selbst wieder prüfen, ob die vorgesehenen Maßnahmen die vertragsgemäße Ausführung sichern oder ggf. erneute Bedenken als Folgen anzuzeigen wären.
Der Auftraggeber ist nicht verpflichtet, auf eine Bedenkenanzeige zu reagieren. Dann wäre vom Auftragnehmer auch anzunehmen, dass er die Bauleistungen wie geplant auszuführen hat.
Durch den Auftragnehmer sollte dann ggf. eine weitere Mitteilung an den Auftraggeber erfolgen mit der Aussage, dass die Ausführung später zu Mängeln führen kann und er später dafür eine Haftung ablehnt bzw. Mängelansprüche nach § 13 VOB Teil B ausschließt.

Leistungsverweigerung – nein oder ja?

Bei Anordnung des Auftraggebers zur Ausführung der Bauleistungen hat der Auftragnehmer grundsätzlich kein Recht zur Leistungsverweigerung. Damit entfällt auch die Haftung des Auftragnehmers aus ggf. später auftretenden Mängeln infolge der Anordnung. Dies wird bekräftigt in einem Urteil des OLG Frankfurt a. M. vom 5. August 2022 (Az.: 21 U 84 / 21).
Ein Beispiel:
Im Kellergeschoss ist in einzelnen Räumen Parkett zu verlegen. Der Unternehmer teilt Bedenken mit der Begründung mit, dass auf Grund der Hanglage des Gebäudes und der Ausführung des Untergrunds damit zu rechnen ist, dass sich das Parkett später heben wird. Fordert der Auftraggeber trotz Bedenken die Ausführung, muss er sich die Enthaftung für spätere Mängelansprüche gefallen lassen, wenn er nochmals darauf schriftlich hingewiesen wurde.
Drohen aus der verlangten Bauausführung jedoch schwerwiegende Mängel und Verstöße gegen gesetzliche und behördliche Bestimmungen, kann der Auftragnehmer die Leistung verweigern.
In einem Urteil des OLG Karlsruhe vom 20. Juli 2004 (Az.: 17 U 262 / 01) wurde hervorgehoben, dass dem Auftragnehmer ausnahmsweise ein Recht auf Leistungsverweigerung zusteht, wenn der weiteren Durchführung der Bauarbeiten, gegen die Bedenken angezeigt wurden, behördliche oder gesetzliche Bestimmungen entgegenstehen, insbesondere bei Gefahr für Leib und Leben oder einem vergleichbaren Ausnahmetatbestand.

Bedenken bei öffentlichen Bauaufträgen

Bei öffentlichen Bauaufträgen sei noch auf die Anforderungen in den Vergabe- und Vertragshandbüchern hingewiesen, so zu Baumaßnahmen im:
  • Hochbau nach VHB-Bund in der Richtlinie 400 unter Tz. 3.3 mit den Aussagen, dass:
    • mündlich erklärte Bedenken des Auftragnehmers unverzüglich im Bautagebuch zu vermerken sind,
    • vom Auftragnehmer die schriftliche Nachreichung zu verlangen ist, denn auch eine mündliche Erklärung von Bedenken kann den Auftragnehmer von der Haftung befreien, wenn seine Darlegungen eindeutig sind,
    • zu erklärten Bedenken des Auftragnehmers die Entscheidung durch den Auftraggeber dem Auftragnehmer ebenfalls schriftlich mitzuteilen ist und
    • bei begründeten Bedenken mit auslösenden Vertragsänderungen eine Nachtragsvereinbarung nach Formblatt 525 zu treffen ist, ggf. mit Anpassung der Vergütung nach dem Leitfaden zu Nachträgen in Richtlinie 510.
  • Straßen- und Brückenbau nach HVA B-StB – Ausgabe 2023 im Richtlinientext unter Tz. 2.2.10 (Nr. 309 bis 311) analog zum VHB angeführt sowie mit der Maßgabe.
Die nachfolgend angeführten Musterbriefe leiten sich für VOB-Verträge nach VOB Teil B ab. Sie können mit gleichgeartetem inhaltlichem Bezug auch ohne Verweis auf die VOB Teil B im Schriftverkehr bei BGB-Verträgen zwischen dem Bauunternehmen und Besteller oder Verbraucher herangezogen werden.
Herzlichen Dank an Prof. Dr. habil. Siegmar Kloß für die fachliche Unterstützung bei diesem Artikel auf bauprofessor.de.
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Beispiel: Aktuelle ATV DIN 18451 – Gerüstarbeiten.
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