Baurecht / BGB

Behinderungsanzeige nach VOB

Eine Behinderungsanzeige ist eine formelle Mitteilung, in der ein Vertragspartner dem anderen über Bedingungen oder Ereignisse informiert, die die geplante Bauausführung behindern.

Was ist eine Behinderungsanzeige?

Als Behinderung gilt ein Ereignis, das die Bauausführung hemmt oder verzögert. Bei Vertragsabschluss konnte das Bauunternehmen als Auftragnehmer davon nicht Kenntnis haben und mit einer Behinderung rechnen. Tritt sie dann während der Bauausführung ein, bedarf es einer Anzeige gegenüber dem Bauherrn.
Liegt der Baumaßnahme ein VOB-Vertrag zugrunde, dann gelten Regeln bei einer Behinderung hinsichtlich Anzeige, Ablauf und Konsequenzen nach VOB Teil B. Demgegenüber werden im BGB und folglich für einen Bauvertrag nach BGB sowie einen Verbraucherbauvertrag keine Vorschriften zur Behinderung bestimmt.

Grundsätze für eine Behinderungsanzeige

Der BGH hat mit dem Urteil vom 21.10.1999 (Az.: 7 ZR 185/98) folgende Grundsätze hervorgehoben:
  • Die Behinderungsanzeige dient der Information des Auftraggebers über die Störung. Er soll gewarnt und ihm die Möglichkeit gegeben werden, die Behinderung abzustellen.
  • Der Auftragnehmer hat mit der Behinderungsanzeige anzugeben, ob und wann seine Arbeiten, die nach dem Bauablauf nunmehr ausgeführt werden müssen, nicht oder nicht wie vorgesehen ausgeführt werden können.
  • Ob und welche Verbindlichkeit dem Auftraggeber gegenüber dem Nachunternehmer trifft, ist nach der jeweiligen vertraglichen Gestaltung zu beurteilen.
In welchem Maße Behinderungsfolgen eintreten können, erfahren Sie hier.
Unerwartete Wetterbedingungen, Lieferverzögerungen, Änderungen in behördlichen Vorschriften oder unerwartete Bodenverhältnisse können Gründe für eine Behinderungsanzeige sein.
Unerwartete Wetterbedingungen, Lieferverzögerungen, Änderungen in behördlichen Vorschriften oder unerwartete Bodenverhältnisse können Gründe für eine Behinderungsanzeige sein. Bild: © f:data GmbH

Was gilt bei einer Behinderung nach VOB?

Eine Behinderung der Bauausführung ist vom Bauunternehmen dem Auftraggeber nach § 6 Abs. 1 VOB Teil B unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Weist der Bauherr als Auftraggeber die Behinderungsanzeige zurück, wird diese nicht unwirksam. Im Streitfall wäre zu prüfen, ob die Anzeige berechtigt war oder nicht.
Bei Vorliegen einer Behinderung sollte eine Anzeige analog auch gegenüber einem Besteller oder Verbraucher erfolgen. Liegt beispielsweise eine Behinderung durch außergewöhnliche Witterungseinflüsse bei einem BGB-Bauvertrag vor, könnte dies Folgen für die Ausführungsfrist haben und sollte dann auch vom Bauausführenden gegenüber dem Bauherrn angezeigt werden.
Voraussetzung einer Anzeige ist jedoch nicht, dass die Behinderung bereits eingetreten sein muss. Die Anzeige sollte aber bereits bei Besorgnis des Bauunternehmers vorgenommen werden. Dem Grunde nach ist sie eine vertragliche Nebenpflicht.

So wird eine Behinderungsanzeige aufgesetzt

Die Behinderungsanzeige bedarf der Schriftform. Davon kann nur dann nach Treu und Glauben bei einem VOB-Vertrag abgewichen werden, wenn die zu erwartende Behinderung für den Auftraggeber offenkundig ist. Grundsätzlich sollte aber eine mündliche Anzeige vermieden werden. Zu richten ist die Anzeige stets an den Auftraggeber selbst als Bauherr.
Unverzüglich bedeutet, die Anzeige unmittelbar nach Erkennen durch den Auftragnehmer vorzunehmen. Ist Gefahr in Verzug, dann sollte bereits noch am gleichen Tag der Auftraggeber informiert werden.
Aus der Anzeige muss ersichtlich sein, welche Gründe für die Behinderung maßgebend sind. Auch sollte darüber ausgesagt werden, ab wann die Behinderung wirksam und wie lange sie dauern wird. Das Ende der Behinderung ist dann wieder anzuzeigen.

Behinderungsanzeige aufgrund außergewöhnlicher Witterungseinflüsse

Erfolgt die Behinderung mit Bezug auf außergewöhnliche Witterungseinflüsse während der Bauausführung, muss geprüft werden, ob die geschilderten Witterungseinflüsse:
  • einem bloßen Schlechtwetter entsprachen oder
  • ein Ausmaß hatten, mit dem normalerweise bei Abgabe des Angebots zu rechnen war.
In diesen Fällen kann eine Behinderung nicht begründet und folglich vom Auftraggeber bei einem VOB-Vertrag mit Bezug auf § 6 Abs. 2, Nr. 2 abgelehnt werden.
Waren die Witterungseinflüsse auf der Baustelle jedoch so erheblich, dass sie den Maßstäben für höhere Gewalt entsprachen, so kann nach § 6 Abs. 2, Nr. 1c VOB Teil B daraus eine Verlängerung der Ausführungsfrist abgeleitet werden. Das ist in der Regel dann der Fall, wenn Witterungsverhältnisse auf der Baustelle vorlagen, die normalerweise im Durchschnitt nur alle 10 bis 15 Jahre auftreten.

Wiederaufnahme der Bauarbeiten

Ein Bauunternehmen hat die Pflicht, alles Zumutbare für die weitere Bauausführung durchzuführen und nach Wegfall der hindernden Umstände die Arbeiten wieder aufzunehmen. Von ihm sind die bereits fertiggestellten Bauleistungen vor Schaden zu schützen sowie die Fortsetzung der Baudurchführung initiativreich zu fördern.
Die Wiederaufnahme der Arbeiten ist dem Auftraggeber mitzuteilen. Die Benachrichtigung über die Fortsetzung der Bauausführung ist eine Pflicht des Auftragnehmers ohne Einschränkung. Sollte der Auftragnehmer nach Wegfall der hindernden Umstände die Arbeiten nicht wieder aufnehmen und auch nach einer gesetzten Nachfrist weiter untätig bleiben, kann der Auftraggeber ihm den Auftrag entziehen.
Als Frist für die Wiederaufnahme der Arbeiten können maximal 12 Werktage gelten, wie sie auch für den Baubeginn nach § 5 Abs. 2 VOB Teil B maßgebend sind.
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Auszug im Originaltext aus DIN 1961 (2016-09)
(1) Glaubt sich der Auftragnehmer in der ordnungsgemäßen Ausführung der Leistung behindert, so hat er es dem Auftraggeber unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Unterlässt er die Anzeige, so hat er nur dann Anspruch auf Berücksichtigung der hindernden ...
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