01.03.2024 | Baurecht / BGB

Strafrechtliche Risiken in der Baubranche

Preiskampf und Fachkräftemangel bringen Bauunternehmen in ihrem Alltag oft nah an strafrechtliche Ermittlungsrisiken. Unzureichende Sicherheit kann Baustellen-Unglücke mit Toten verursachen wie in der Hamburger Hafencity. Für Bauunternehmen können sie außerdem zivilrechtliche und strafrechtliche Folgen haben. Rechtsanwalt Frederick Brüning betrachtet in loser Folge Fälle strafrechtlicher Risiken auf bauprofessor.de.
Strafrechtliche Risiken in der Baubranche
Bild: © f:data GmbH
Im Oktober 2023 hat sich ein Unglück auf einer Großbaustelle in der Hamburger Hafencity mit vier Toten und einem Schwerstverletzten ereignet. Die Ermittlungen zur Unglücksursache werden von Spezialisten des Landeskriminalamts durchgeführt. Mit dem Ergebnis der Ermittlungen wird vermutlich erst im kommenden Jahr zu rechnen sein. Dieser tragische Unfall gibt Anlass, sich einmal näher mit den strafrechtlichen Risiken in der Baubranche auseinanderzusetzen.
Bauunternehmen agieren in einem Wettbewerbsumfeld, das von hohem Konkurrenzdruck geprägt ist. Dabei sind sie branchenspezifischen Risiken ausgesetzt. Unzureichende oder gar fehlende Compliance- und Sicherheitsregelungen können für Bauunternehmen, ihre Geschäftsführung und ihre Mitarbeiter neben zivilrechtlichen auch strafrechtliche Folgen haben.
Das ist Grund genug, sich mit den häufigsten Straftatbeständen in der Bauwirtschaft zu befassen. Diese überblicksartige Zusammenstellung soll ein erstes Verständnis dafür vermitteln, wie nah man schon durch die alltägliche Arbeit im Baugewerbe an strafrechtlichen Ermittlungsrisiken ist.

Schwarzarbeit und (Lohn-)Steuerhinterziehung

Preiskampf und das Fehlen qualifizierter Fachkräfte führen nicht selten dazu, dass Unternehmen selbst oder aber über Nachunternehmer Arbeitskräfte beschäftigen, die ihren Lohn „schwarz“ erwirtschaften oder bei denen der Mindestlohn unterschritten wird.
In beiden Fällen besteht das Risiko einer Strafbarkeit wegen des Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen nach § 266a StGB sowie der (Lohn-)Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO. Neben Rückzahlungsverpflichtungen drohen für jeden Fall Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren.
Ermittlungsgefahren bestehen auch bei demjenigen, der – ohne bösen Hintergedanken – mit Fremdkräften und Subunternehmen zusammenarbeitet und dabei aus Sicht der Behörden billigend Missstände in Kauf nimmt.
Ferner ist das sogenannte Entdeckungsrisiko besonders hoch, da in diesem Bereich mit dem Zoll, den Sozialversicherungsträgern, Betriebsprüfern und der Steuerfahndung mehrere Institutionen agieren, die sich auf die Aufdeckung entsprechender Vorgänge spezialisiert haben.

Betrug

Strafrechtliche Ermittlungen wegen Betrugs nach § 263 StGB werden nicht nur in den Fällen relevant, in denen trotz nahestehender oder eingetretener Insolvenz noch Waren bestellt werden, sondern sind häufig auch Folge von Strafanzeigen unzufriedener Kunden oder Lieferanten.
Allzu häufig deuten diese einen vertragsrechtlichen Streit über die Leistungs- oder Zahlungserbringung in einen Betrugsvorwurf um, den sie dann an die Ermittlungsbehörden herantragen.

Vorteilsgewährung

Verhältnismäßig häufig geraten Baustellen ins Stocken, weil Behörden gar nicht, zu langsam oder zu kompliziert entscheiden. Dem (unternehmerischen) Impuls, den behördlichen Prozess an dieser Stelle durch Nettigkeiten gegenüber den Entscheidern zu „vereinfachen“, sollte man dennoch auf keinen Fall nachgehen.
Denn wegen Vorteilsgewährung nach § 333 StGB kann sich nämlich bereits derjenige strafbar machen, der einem Amtsträger (z. B. beim Bauamt) einen Vorteil auch nur für dessen rechtskonforme Diensthandlung in Aussicht stellt. Risiken bestehen an dieser Stelle bereits bei Zuwendungen, die viele nur als Höflichkeiten betrachten würden.

Baugefährdung, fahrlässige Tötung und Körperverletzung

Wegen Baugefährdung nach § 319 StGB macht sich strafbar, wer die anerkannten Regeln der Technik missachtet und deshalb Leib oder Leben eines anderen konkret gefährdet.
Die geringe Anzahl an Ermittlungsverfahren in diesem Bereich dürfte daran liegen, dass etwaige konkrete Gefährdungen nur selten zur Kenntnis der Ermittlungsbehörden gelangen.
Anders ist es hingegen, wenn sich diese Gefährdungen in Form einer Verletzung oder dem Tod eines Menschen manifestieren. Solche Ereignisse, die angesichts der gefahrgeneigten Tätigkeit auf Baustellen häufiger vorkommen, können entweder als straflose Unglücke oder strafbare Delikte in Form der fahrlässigen Körperverletzung oder Tötung zu bewerten sein. Sie ziehen meistens Überprüfungen der Arbeitsschutzämter und der Ermittlungsbehörden nach sich.

Umweltdelikte

Gefährliche Abfälle, Emissionen und andere Einwirkungen auf Boden, Gewässer und Luft sind in der Bauwirtschaft allgegenwärtig.
Das Strafgesetzbuch sieht im Zuge des Umweltschutzes in den §§ 324 ff. StGB eine Reihe von Strafnormen vor, die oftmals bereits geringfügige Beeinträchtigungen, auch nur mögliche Gefährdungen sowie fahrlässiges Handeln unter Strafe stellen.
Gerade weil die Behörden hier besonders unnachgiebig agieren, sollte an dieser Stelle dringend darauf geachtet werden, Vorgaben im Umgang mit (gefährlichen) Stoffen einzuhalten und zu dokumentieren.
Frederick Brüning-Bliddal
Ein Artikel von
  • Rechtsanwalt | zertifizierter Coach
  • Bau- und Immobilienrecht und Commercial Law
  • Dozent an der IU Internationale Hochschule für allgemeines und besonderes Wirtschaftsrecht
  • Rechtsanwaltskanzlei Frederick Brüning-Bliddal, Im Gleisdreieck 17, 23566 Lübeck
  • Tel.: 0451 6105311, Mobil: 0179 5711119
  • Web.: www.kanzlei-bruening.com
  • E-Mail: info@kanzlei-bruening.com
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