Dem Auftraggeber als Bauherrn steht grundsätzlich das Recht zu, jederzeit Anordnungen zu treffen, bei einem VOB-Vertrag mit Bezug auf § 4 Abs. 1, Nr. VOB /B. In der Regel werden diese keine Anordnungen sein, die bereits Festlegungen aus dem beidseitigen Vertrag wiederholen. Vielmehr wird es sich dabei um Anordnungen handeln, die weiterhin zur vertragsgemäßen Ausführung der Leistung erforderlich mit und/oder mit Bezug auf § 1 Abs. 3 und 4 in VOB/B - Änderungen des Bauentwurfs (§ 1 Abs. 3) und
- bisher nicht vereinbarte Leistungen (§ 1 Abs. 4) betreffen.
Als Anordnung des Auftraggebers ist auch die Mitteilung über einen gerichtlich angeordneten Baustopp anzusehen, wenn sie mit der Aufforderung verbunden ist, dieser Aufforderung Folge zu leisten. Dies wurde in einem Urteil des OLG Naumburg vom 23.06.2011 (Az.: 2 U 113/09 – IBR Werkstatt-Beitrag vom 08.09.2011) bekräftigt. Inwieweit aus den Anordnungen zusätzliche Vergütungen abzuleiten sind, bedarf der gesonderten Klärung, insbesondere auch in Verbindung mit den Regelungen im § 2 Abs. 3 bis 10 VOB/B zu Nachtragsforderungen. Meistens wird dem Auftragnehmer ein Anspruch auf Mehrvergütung nach § 2 Abs. 5 VOB/B zustehen. Dabei kommt es in der Regel auch nicht darauf an, ob die Anordnung vertraglich erlaubt bzw. vorgesehen war oder vom Auftragnehmer lediglich widerspruchslos im Rahmen seiner Kooperationspflicht akzeptiert und umgesetzt wurde.
Empfangsberechtigt für die Anordnung des Auftraggebers ist der Auftragnehmer selbst bzw. sein bevollmächtigter Vertreter, in der Regel der für die Bauausführung verantwortliche Bauleiter des Auftragnehmers. Der verantwortliche Bauleiter ist dem Auftraggeber mitzuteilen, was meistens bereits im Bauvertrag vermerkt wird.
Eine Ausnahme gilt bei Anordnungen, wenn Gefahr in Verzug ist. Dann kann jedem anderen Mitarbeiter des Auftragnehmers auf der Baustelle auch die Anordnung erteilt werden.
Anordnungen des Auftraggebers können nach Meinung des Auftragnehmers unberechtigt und/oder unzweckmäßig sein. Dann steht dem Auftragnehmer das Recht zu, Bedenken geltend zu machen. In welcher Form dies geschehen soll, ist nicht immer bestimmt, d.h. eine Schriftform nicht immer vorgeschrieben. Empfohlen wird jedoch auch dann die schriftliche Anzeige mit kurzer Begründung, warum der Auftragnehmer die Anordnung des Auftraggebers für unberechtigt hält. Wird ein Bedenken vom Auftraggeber nicht akzeptiert und die Anordnung weiterhin verlangt, dann ist der Auftragnehmer zur Ausführung verpflichtet. Eine Ausnahme bilden jedoch gesetzliche Regelungen und behördliche Bestimmungen, die nicht zu verletzten sind. Beispielsweise kann der Auftraggeber nicht anordnen, Arbeitskräfte auf der Baustelle einzusetzen und unter dem gesetzlichen Mindestlohn zu entlohnen, um daraus evtl. niedrigere Baupreise bezahlen zu können.
Aus einer Anordnung des Auftraggebers können sich auch Mehrkosten beim Auftragnehmer ergeben. Inwieweit eine „Erschwerung“ ungerechtfertigt ist, bedarf der Klärung im Einzelfall. Aus einer solchen Anordnung werden meistens nur zusätzliche Aufwendungen die Folge der Erschwerung sein, die dann vom Auftraggeber in nachzuweisender Höhe zu erstatten wären. Grundlage ist eine Aufwandserstattung, in der Regel nicht eine neue Preisbildung für zusätzliche Leistungen mit Bezug auf die ggf. herzuziehende Ur-Kalkulation des Auftragnehmers. Die Anordnung wäre jedoch anders und nach § 4 Abs. 1, Nr. 3 VOB/B zu betrachten, wenn sich daraus veränderte und/oder zusätzliche Leistungen oder gar Anschlussaufträge ableiten lassen.