Wenn sich Baupläne während der Bauausführung ändern, liegen Leistungsänderungen vor. Diese können auch ohne Mitwirkung der Vertragspartner entstehen.
Was sind Leistungsänderungen?
Maßgebend für die Bauausführung sind die gemäß Leistungsbeschreibung vertraglich gebundenen Leistungen. Leistungsänderungen liegen vor, wenn sich die Baupläne während der Bauausführung ändern bzw. vom Bauherrn als Auftraggeber (öffentlicher Auftraggeber, Besteller oder Verbraucher) Änderungen angeordnet werden.
Wie ergeben sich Leistungsänderungen?
Damit verbunden sind Abweichungen des Leistungsinhalts zwischen tatsächlicher Ausführung als Bau-Ist und ehemals vereinbarter Leistung gemäß Beschreibung als Bau-Soll mit den Positionen des Leistungsverzeichnisses (LV). Im Gegensatz liegt bei Abweichungen zwischen lediglich der Ist-Menge als tatsächlich ausgeführter Menge und der Soll-Menge im Auftrags-LV eine Mengenänderung (entweder als Mindermenge oder Mehrmenge) vor. In der Baupraxis können sich Leistungsänderungen auch ableiten aus Rechten oder Verstößen gegen Pflichten und / oder ggf. ohne Eingriff der Vertragspartner. Letztere bedeuten zugleich die Veränderung der ehemaligen Leistungsinhalte, und zwar unabhängig davon, ob sie vom Auftragnehmer oder Auftraggeber veranlasst und gewollt werden.
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Bauvertragliche Regelungen für Leistungsänderungen
Der Bauherr kann sowohl bei einem VOB-Vertrag als auch bei einem BGB-Vertrag Leistungsänderungen als Folge von Änderungen des Bauentwurfs vorsehen oder andere Anordnungen nach Vertragsabschluss treffen. Bei einem VOB-Vertrag kann dies vom Auftraggeber nach § 1 Abs. 3 VOB/B erfolgen, worüber er Art und Umfang der Leistungsänderungen unverzüglich schriftlich festzulegen hat. Daraufhin hat der Auftragnehmer dann den Anordnungen Folge zu leisten. Wann liegen Leistungsänderungen vor?
Leistungsänderungen liegen beispielsweise in diesen Fällen vor: - Forderung auf Ausführung einer rechteckigen Stütze anstelle einer runden Stütze
- koordinatorische Anordnungen
- Verwendung bestimmter und nachträglich geforderter Baustoffe
- Benutzung von Flächen im Gelände
- neue Zeichnungen und Baupläne
Eine Anordnung des Auftraggebers kann auch zu Änderungen der Ausführungsfristen sowie Einzelfristen bzw. zu einer Bauzeitverlängerung (als spätere Ausführung) als Leistungsänderung führen und einen Nachtrag durch den Auftragnehmer begründen. Wann liegen keine Leistungsänderungen vor?
- Weisungen zur Sicherheit und Durchführung des unverändert vereinbarten Vertragsinhalts sowie fachliche Beratung und Hinweise des Auftraggebers
- Anweisungen zur Aufrechterhaltung und Fortführung von Baumaßnahmen z. B. wegen Insolvenz eines Vorunternehmers (Subunternehmers)
- Forderungen Dritter an den Auftragnehmer, die ohne Vollmacht des Auftraggebers handeln
- Änderung des vereinbarten Werkerfolgs als zu ändernde Bauleistung oder
- Änderung, die zur Erreichung des vereinbarten Werkerfolgs notwendig ist
Danach ist die Änderung in Textform anzuordnen, sofern die Vertragsparteien binnen 30 Tage nach Zugang des Begehrens beim Bauunternehmer keine Einigung erzielen. Verwiesen sei hierzu auf Ausführungen unter Änderungen zu BGB-Bauverträgen. Leistungsänderung versus „zusätzliche Leistung“
Eine geänderte Leistung kann einerseits nur eine Leistungsergänzung bedeuten oder zum anderen auch mit der Änderung der Leistungsstruktur verbunden sein. Eine geänderte Leistung liegt beispielsweise nicht vor, wenn Forderungen Dritter an den Auftragnehmer erhoben werden, die nicht mit Vollmacht des Auftraggebers handeln.
In der Praxis ist die Abgrenzung bzw. Einordnung einer geänderten Leistung von einer zusätzlichen Leistung mit Bezug auf § 2 Abs. 6 VOB/B oft schwierig, weil zumeist die Grenzen fließend sind. Ob es sich im speziellen Fall um eine zusätzliche Leistung handelt, ergibt sich aus dem Vertrag und der zugrundeliegenden Leistungsbeschreibung. Im Grundsatz gilt für eine geänderte Leistung die Regel, als Leistung „anstatt einer anderen“ erforderlich zu sein. Dies wurde auch in einem Rechtsstreit zu einem Fall durch das OLG München, mit Urteil vom 20.07.2010 (Az.: 13 U 4489/08, in IBR 2010, 668), mit der Aussage, dass es sich um eine zusätzliche Leistung handelt, wenn unter den vertraglich vereinbarten Leistungen keinerlei Bezugspositionen zu finden sind, deren Teilleistungen noch als sinnvolle Ausgangspunkte für eine Kalkulation der Nachtragsposition herangezogen werden können.
Die neuerliche Rechtsprechung des BGH mit Urteil vom 7.3.2013 (Az.: VII ZR 68/10) bekräftigt die Abgrenzung zwischen geänderten und zusätzlichen Leistungen noch unter einem technischen Aspekt.
Anspruch auf Nachtragsforderungen bei Leistungsänderungen?
Leistungsänderungen führen in der Regel zu Nachtragsforderungen als Vergütungsanspruch durch den Bauunternehmer, der mit Nachträgen zu belegen ist. Spezielle Regelungen liegen hierzu sowohl in der VOB als auch im BGB vor, so: - Leistungsänderung mit Änderung der Leistungsstruktur
- Leistungsänderung aus Leistungsergänzung
Hierfür ist es notwendig, eine Nachtragsvereinbarung zum Bauvertrag abzuschließen, wenn sich auch Einheitspreise ändern, unabhängig von der Änderung der Gesamtvergütung. Zu Leistungsänderungen wurde in einem Urteil des OLG Hamm vom 08.03.2012 (Az: 17 U 49/11, IBR 2013, S. 598) entschieden, dass ein Vergütungsanspruch wegen geänderter Leistungen voraussetzt, dass der Auftragnehmer:
- jeweils konkret darlegt, welche im Vertrag vorgesehene Leistung geändert wurde, und zwar auf welcher konkreten Anordnung
- die Kalkulation als detaillierte Preisermittlung vorträgt
- mit einem Bezug auf umfangreich vorgelegte Anlagen, die aus sich heraus nicht erklärbar sind, keinen Ersatz aus seinem Sachvortrag ableiten kann
Leistungsänderungen in öffentlichen Bauaufträgen
Bei öffentlichen Bauaufträgen sind zu Leistungsänderungen noch spezielle Regelungen nach den Vergabehandbüchern zu beachten, so bei: - Hochbaumaßnahmen im Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017, Stand 2019) in der Richtlinie 510 als "Leitfaden zur Vergütung bei Nachträgen" unter Tz. 2.5 sowie
- Baumaßnahmen im Straßen- und Brückenbau nach HVA B-StB (Ausgabe August 2019) im Teil 3 unter Tz. 3.4.
Im VHB-Bund, Richtlinie 510, Tz. 1.5 wird auch besonders darauf verwiesen, dass Änderungen und Forderungen des Auftraggebers zur Erbringung geänderter Leistungen sowie damit in Verbindung stehende koordinatorische und zeitliche Anordnungen (z. B. zu Ausführungsfristen) immer schriftlich, ggf. im Bautagebuch, mit Datum und Unterschrift kurz zu dokumentieren sind.