Baukalkulation / Angebot / Nachträge

Urkalkulation

Was ist eine Urkalkulation?

In der Baupraxis wird von Bauherrn als Auftraggeber oft verlangt, dass ein Bieter mit Abgabe des Angebots zu einer ausgeschriebenen Baumaßnahme auch eine Urkalkulation vorlegt. Meistens geschieht das in einem verschlossenen Umschlag.
Allgemein soll die Urkalkulation inhaltlich weitestgehend der Dokumentation und Offenlegung der Kalkulation mit den Kalkulationsansätzen entsprechen, die dem Angebot bzw. in der Folge dem Bauvertrag zugrunde liegen.
Begrifflich erläutert oder verlangt wird die Urkalkulation in der VOB aber nicht. Nach allgemeiner Auffassung ist die Urkalkulation auch keine zu fordernde Erklärung im Sinne des § 6a im Abschnitt 1 in der VOB Teil A zu Eignungsnachweisen bei nationalen Ausschreibungen im Unterschwellenbereich.
Das VHB setzt die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) um.
Das VHB setzt die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) um. Bild: © f:data GmbH

Vorlage und Hinterlegung auf Verlangen

Die Vorlage wird zur Beurteilung und Wertung von Angeboten ggf. unerlässlich sein, wenn z. B. ein Verdacht möglicherweise auf eine Preisabsprache oder eine Mischkalkulation besteht. Die Hinterlegung kann z. B. später zur Prüfung von preislichen Forderungen bei Nachträgen herangezogen werden.
Wird die Hinterlegung vom Auftraggeber jedoch gewünscht, dann sollten hierzu bzw. Aufforderungen und / die Hinterlegung vereinbart werden.
Den Vertragsparteien obliegt es:
  • die Hinterlegung und einen dafür bestimmten Termin, beispielsweise mit dem Angebot oder spätestens zum Vertragsabschluss, zu vereinbaren und
  • die inhaltlichen Anforderungen bereits mit den Aussagen in den Vergabeunterlagen vorzugeben und zur Urkalkulation den Ausweis der Kalkulationsansätze und Umfang zur Aufschlüsselung von Preisen zu vereinbaren.
Eine vorgelegte Urkalkulation wird im Auftragsfall nicht zum Vertragsbestandteil.

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Was gilt für die Hinterlegung bei öffentlichen Bauaufträgen?

Spezielle Anforderungen gelten zu Hinterlegung einer Urkalkulation bei öffentlichen Bauaufträgen, angeführt in den Vergabehandbüchern zu:
  • Hochbaumaßnahmen im VHB-Bund (Ausgabe 2017, Stand 2019) als Verlangen von Nachweisen / Angaben / Unterlagen in Tz. 3.2 des Formblatts 221, wonach die Übergabe vom Bauunternehmen an den Auftraggeber in der Regel „im Umschlag verschlossen“ zur Aufbewahrung zu übergeben ist und
  • Bauleistungen im Straßen- und Brückenbau im HVA B-StB (Ausgabe August 2019) nach Wegfall der ZVB/E-StB (2016) als ein Verlangen zur Urkalkulation (als besonderes Verlangen) nach den Teilnahmebedingungen in der Aufforderung zur Angebotsabgabe im Teil 1 (Tz. 1.1).
Auch für die Vergabe von Bauleistungen nach EU-weiten Ausschreibungen bei Erreichen der Schwellenwerte kann mit Bezug auf Tz. 3.2 im Formblatt 211 EU im VHB-Bund (2019) zur Aufforderung der Abgabe eines Angebots eine Urkalkulation und / oder benannte Formblätter mit Angaben zur Preisermittlung sowie die Aufgliederung wichtiger Einheitspreise zum von der Vergabestelle vorgegebenen Zeitpunkt verlangt werden. Das gilt gleichermaßen auch für Vergaben bei verteidigungs- und sicherheitsspezifischen Baumaßnahmen nach Tz. 3.2 im Formblatt 211 VS im VHB-Bund (2019).
Wird vom Bauunternehmen als Bieter und Vertragspartner eine verlangte Urkalkulation nicht mit dem Angebot vorgelegt, kann das Angebot mangels möglicher Angebotsprüfung ggf. vom weiteren Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.

Welche Aussagen gehören in eine Urkalkulation?

Hinsichtlich der inhaltlichen Aussagen einer Urkalkulation erfolgen in den Vergabehandbüchern allgemein keine Anforderungen zum Umfang der Aufschlüsselung. Praktisch handelt es sich dabei um Aussagen zu den Kalkulationsansätzen für die zu vereinbarten Einheitspreise (EP) und dafür speziell zu:

Die Öffnung einer Urkalkulation

Die Vertragspartner sollten vereinbaren, ob sie die Urkalkulation nur gemeinsam „öffnen und einsehen dürfen“ oder es dem Auftraggeber gestattet wird, zur Prüfung von Nachträgen, zur Vereinbarung neuer Preise oder zur Prüfung sonstiger vertraglicher Ansprüche die Urkalkulation als Preisermittlung zu öffnen und einzusehen. Danach ist die Preisermittlung wieder zu verschließen und nach vorbehaltloser Annahme der Schlusszahlung an das Bauunternehmen zurückzugeben.
Problematisch könnte es sein, wenn der Bieter die Öffnung der Urkalkulation im verschlossenen Umschlag mit einem Vorbehalt, nur bei seiner Anwesenheit oder anderem Sperrgrund versieht. Hierzu liegen in der Rechtsprechung verschiedene Urteilen aus letzten Jahrzehnten vor. Im Grundsatz sollte die Urkalkulation als „geheimzuhaltende Preisermittlung“ des Bieters erst im notwendigen Bedarfsfall bzw. zu festgelegten Anlässen offengelegt werden.

Die Verknüpfung mit den EFB-Preisblättern

Nach den angeführten Anforderungen kommen die Aussagen einer Urkalkulation annähernd den analogen Aussagen in den ergänzenden Formblättern Preise (EFB-Preis) nach VHB-Bund (2019) gleich, wenn die Formblätter vom Auftraggeber bzw. von der Vergabestelle verlangt werden.
Betroffen sind das:
Beim korrekten Ausfüllen der EFB-Blätter hilft Ihnen die Software nextbau. Sie ermöglicht ein direktes Ausfüllen sowie Überprüfen der ergänzenden Formblätter Preise 221 bis 223. Weiterhin sind verschiedene tabellarische Beispiele für die Aufbereitung stoffbezogener Aussagen angeführt, die unmittelbar für die eigene Kalkulation herangezogen werden können.
Sollten sich die Vertragsparteien – wie oft bei öffentlichen Bauaufträgen üblich – auf die Vorlage der EFB-Preisblätter, besonders zum Formblatt 223 – Aufgliederung der Einheitspreise – nach VHB-Bund (Ausgabe 2017) festlegen, dann könnte ggf. auf die Vorlage einer speziellen Urkalkulation verzichtet werden.

Bedeutung der Urkalkulation für Nachtragsprüfungen

Eine Urkalkulation ist auch meistens dann von Bedeutung, wenn durch den Bauausführenden Vergütungen als Nachträge – beispielsweise bei Mengenabweichungen, Leistungsänderungen und zusätzlichen Leistungen – geltend gemacht werden. In einem Urteil des OLG Düsseldorf vom 21. November 2014 (Az.: 22 U 37/14) wurde in Verbindung damit entschieden, dass ohne nachvollziehbare Darlegung der Preisgrundlagen aufgrund der vorzulegenden Auftrags- / Urkalkulation bzw. einer plausiblen (Nach)-Kalkulation ein geltend gemachter Mehrvergütungsanspruch bei Nachträgen zu VOB-Verträgen nach § 2 Nr. 5 und 6 VOB/B unschlüssig und als unbegründet abzuweisen ist.
Bei einem Bauvertrag nach BGB können vom Bauherrn als Auftraggeber Leistungsänderungen vorgesehen und ggf. nach § 650b Abs. 2 BGB angeordnet werden, wenn kein Einvernehmen zur Vergütungsanpassung der Änderung erzielt wurde. Dann kann das bauausführende Unternehmen gemäß § 650c Abs. 2 BGB zur "Berechnung der Vergütung für den Nachtrag auf die Ansätze in einer vereinbarungsgemäß hinterlegten Urkalkulation zurückgreifen", gewissermaßen als Fortschreibung der Vergütung nach den Aussagen der Urkalkulation. Dies ist als alternative Variante gegenüber der Bestimmung des vermehrten oder verminderten Aufwands nach den "tatsächlich erforderlichen Kosten" für die Leistungsänderung nach § 650c Abs. 1 BGB anzusehen.
Aus einer Urkalkulation sowie auch den EFB-Preisblättern kann vermutet und abgeleitet werden, ob eine Vergütungsfortschreibung den tatsächlichen Kosten annähernd entsprechen wird. Zu beachten bliebe jedoch, dass ein Zuschlag für die BGK nicht proportional zum geänderten Leistungsumfang angesetzt werden kann.

So gelingt eine Urkalkulation: Ein Beispiel

Eine Urkalkulation als Auszug für eine Leistungsposition aus dem Leistungsverzeichnis:
Dokumentation der Kalkulation
Rohbau Lagerhalle
Datum des Angebotes:
OrdnungszahlMengeBezeichnungEinheitspreisGesamtbetrag
01Erdarbeiten
01.0030100,000 m³Boden Streifenfundament
lösen, laden, fördern, lagern
B 3-4 m L 15-20 m T bis 1,25 m GU
Boden für Streifenfundament, ab Geländeoberfläche, profilgerecht lösen, laden, fördern, lagern,
Verbau wird gesondert vergütet,
Gesamtbreite über 3 bis 4 m,
Gesamtlänge über 15 bis 20 m,
Aushubtiefe bis 1,25 m,
Homogenbereich 1, mit einer Bodengruppe, Bodengruppe 1 GU DIN 18196 (Kies-Schluff-Gemisch), Tiefe oberer Horizont des Homogenbereiches von 0 m, Tiefe unterer Horizont des Homogenbereiches bis 5 m,
18,19 EUR / m³1.819,00 EUR
Vorgang 0011,000 m³Boden Streifenfundament lösen, laden, fördern, lagern
B 3-4 m L 15-20 m T bis 1,25 m GU
ArtBezeichnungMenge / VEKosten / MEMenge / Pos.Kosten / Pos.
LBoden / Füllstoff ausheben
(Hydraulikbagger 40 kW)
0,184 hL / m³32,92 EUR / hL18,423 hL606,49 EUR
GBoden / Füllstoff ausheben
(Hydraulikbagger 40 kW)
0,088 hB / m³19,31 EUR / hB8,773 hB169,42 EUR
BBoden / Füllstoff ausheben
(Hydraulikbagger 40 kW)
0,088 hB / m³10,75 EUR / hB8,773 hB94,33 EUR
STransportkosten-Güterverkehr
Straße
1,700 tkm / m³2,00 EUR / t170,000 t340,00 EUR
h / Pos.: 18,400 hEKT / Pos.Uml. / Pos.GB / Pos.
Löhne606,00566,001.172,00
Geräte263,0027,00290,00
Sonstige340,0017,00357,00
Summe1.209,00610,001.819,00
Zusammenfassung
OrdnungszahlBezeichnungSumme in EUR
01Erdarbeiten1.819,00

Angebotssumme netto1.819,00
Umsatzsteuer (19,00 %)345,61

Angebotssumme brutto2.164,61
Legende
LLohnstunden
GGeräte
BBetriebsstoffe
SSonstige Kosten
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Urkalkulation: Einfach Klarheit für Nachträge

Offenlegung der Kalkulation mit nextbau
Offenlegung der Kalkulation mit nextbau Bild: © f:data GmbH
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Aktuelle Normen und Richtlinien zu "Urkalkulation"

Auszug im Originaltext aus VDI 6210 Blatt 1 (2016-02)
Zu den Aufgaben des Abbruchunternehmers gehören die Plausibilitätsprüfung, die Kalkulation, die Arbeitsvorbereitung, die Durchführung, gegebenenfalls die Nachtragskalkulation, die Dokumentation, die Abrechnung und die interne Nachkalkulation.Die ausg...
- VDI-Richtlinie im Originaltext -
VDI-Richtlinie
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