Lohn / Tarif / Rente

Baukaufleute

Die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft ist nur auf eine allgemeine kaufmännische Ausbildung mit dem Abschluss als Industriekaufmann/-frau oder Kaufmann/-frau für Bürokommunikation ausgerichtet. Den speziell für Baubelange qualifizierten „Baukaufmann/-frau“ bzw. „Baustellenkaufmann/-frau“ gibt es nicht als Berufsbild, die Ausbildung bedarf einer zusätzlichen Qualifizierung. Sie ist umso wichtiger, weil der Bauprozess vielgestaltig und oft weit entfernt von der kaufmännischen Geschäftsleitung abläuft. Dies erfordert eine fachlich qualifizierte Einflussnahme unmittelbar für bzw. auf der Baustelle Baustelle als Ort des Baugeschehens und in diesem Sinne als „Außenposten“ der Geschäftsleitung.
Für den wirtschaftlichen Erfolg des Bauunternehmens und insbesondere der Baustellen haben aber die Baukaufleute (Baukaufmann/-frau) eine wesentliche Arbeit zu leisten. Sie darf sich nicht nur auf verwaltende und kontrollierende Tätigkeiten beschränken. Den Baukaufleuten kommt die Rolle des kreativen Partners des Bauleiters zu, sie tragen Mitverantwortung für die Umsetzung der Unternehmensziele vorrangig am Ort der Bauausführung. Der Erfolg wird nicht allein an der erbrachten Bauleistung und Erfüllung technischer Parameter gemessen, sondern vor allem auch durch niedrige Kosten und durch Rentabilität bestimmt. Insofern ist die enge Zusammenarbeit von Bauleiter (als Ingenieur) und Baukaufmann/-frau unabdingbar.
Das Zentrum eines Bauunternehmens bilden die Baustellen. 85, manchmal sogar 90 % der Kosten eines Bauunternehmens fallen auf den Baustellen an. Diese werden deshalb auch völlig begründet als die kleinen Unternehmen des Bauunternehmens bezeichnet. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es die Unternehmenspolitik ab und zu gebieten kann, die Gewinnerwartung einzelner Baustellen im Interesse des gesamten Unternehmensgewinns differenziert zu kalkulieren.
Was nun der Geschäftsführer bzw. Technische Geschäftsführer und der Kaufmännische Geschäftsführer für das Bauunternehmen sind, das sind der Bauleiter und der Baukaufmann/die Baukauffrau für die Baustelle. Ihnen darf deshalb die Verantwortung für eine Baustelle, für einen Bauauftrag, für den das Bauunternehmen den Zuschlag bekommen hat, auch nicht blindlings aufgezwungen werden. Sie müssen vielmehr Gelegenheit bekommen, die Angebotsbearbeitung sowie Vertragsgestaltung zu prüfen.
Danach rücken die Kontrolle und Steuerung der Bauausführung in den Mittelpunkt ihrer Arbeit. Weil das wiederum in erster Linie unter dem Blickwinkel maximaler Gewinnerwirtschaftung zu passieren hat, soll dies namentlich aus der Sicht des Baukaufmanns/der Baukauffrau betrachtet werden. Über Jahre hat sich der Streit hingezogen, ob der Baukaufmann/die Baukauffrau nicht durch die zunehmende arbeitsplatznahe Rechentechnik an Bedeutung verliere, ob die Rolle der Baukaufleute nicht durch die moderne Rechentechnik zumindest eingeschränkt worden sei.
Die wirtschaftlichen Erfolge jener mit einem Baukaufmann/einer Baukauffrau besetzten Baustellen haben zeitgleich die Frage beantwortet: Der Baukaufmann/die Baukauffrau ist so wenig zu ersetzen wie der Bauleiter. Sich anders zu entscheiden, würde wieder einer bauunternehmerischen Zentralisation mit all ihren negativen Begleiterscheinungen das Wort reden. Natürlich kann die Arbeit der Baukaufleute durch den zügigen Informationsaustausch, den die Rechentechnik unbedingt gestattet, ganz wesentlich erleichtert werden. Mehr aber auch nicht, zu ersetzen sind sie dadurch auf gar keinen Fall. Ganz im Gegenteil, ihre Aufgaben wachsen angesichts der ständig zunehmenden Brutalität des Baumarktes zusehends.
Hand in Hand mit dem Bauleiter muss der Baukaufmann/die Baukauffrau schon in der Phase der Arbeitsvorbereitung sowohl die Ausführungskalkulation als auch die Terminablaufplanung sowie an den entscheidenden "technologischen Knoten" die Verfahrensauswahl effektivitätsorientiert bestimmen. Er ist also nicht nur der "Nachrechner", zu dem er gern gemacht wird, sondern das kaufmännische Gewissen der Baustelle. Und dies vorausschauend, rechtzeitig signalisierend, durch Messen und Abgrenzen von Leistung sowie Kosten ständig mitrechnend, Verlustursachen analysierend und vor allem gewinnsteuernd! In seinen Verantwortungsbereich fällt beispielsweise die endgültige Vergabe der Nachunternehmerleistungen, die Disposition der Baustofflieferungen, die Organisation des Geräteeinsatzes und die Kontrolle der Einhaltung bzw. Unterbietung des Mittellohns als Durchschnittslohn einer Baustellenkolonne.
Alles besorgt die Bauleitung unter direktem Einfluss des Baukaufmanns/der Baukauffrau "in eigener Regie" und alles immer unter dem Blickwinkel, die kalkulierten Ansätze einzuhalten bzw. zu unterbieten. Auf alle Fälle geht es dem Baukaufmann/der Baukauffrau darum, dass das jeweilige Bauwerk termin- und qualitätsgerecht mit den geringsten Mitteln errichtet wird. Und dazu bieten sich ihm vielfältige Möglichkeiten.
Die Anforderungen der Bauwirtschaft und des Baumarktes lassen es folglich als unerlässlich erscheinen, für die erfolgreiche Umsetzung der bauunternehmerischen Aufgaben eine „baukaufmännische Qualifikation“ zu erreichen. Das Baustellenpersonal und die Mitarbeiter der verschiedenen Unternehmensbereiche müssen sich als Partner ergänzen und im Speziellen die Vernetzung ihrer Tätigkeitsbereiche kennen. In Rahmen der Weiterbildung bieten verschiedene Bildungsträger (beispielsweise die Bauakademie Sachen der Bauverbände) an, eine solche zusätzliche Qualifikation durch einen berufsbegleitenden Fortbildungskurs zu erreichen. Angesprochen werden vorrangig Mitarbeiter aus Bauunternehmen, die bereits eine anerkannte kaufmännische Ausbildung abgeschlossen haben oder eine Berufstätigkeit in einem Bauunternehmen ausüben, die der Fortbildung zum Baukaufmann/-frau dienlich ist. Die Zusatzausbildung endet mit einer Prüfung. Bei erfolgreicher Teilnahme mit Übergabe wird ein Zeugnis bzw. Zertifikat erteilt.
Bauprofessor-Redaktion
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