Jahresabschluss / HGB

Bilanzierung von erhaltenen Abschlagszahlungen

In der Bilanz eines Unternehmens findet sich auf der Passivseite unter dem Abschnitt Verbindlichkeiten die Position "erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen". Im Bauunternehmen kann es sich dabei sowohl um bereits erhaltene Vorauszahlungen (ohne Vorliegen einer erbrachten Bauleistung) oder vereinnahmte Abschlagszahlungen für bereits erbrachte Bauleistungen handeln. Die erhaltenen Abschlagszahlungen besitzen folglich eigentlich gar keinen Verbindlichkeitscharakter. Deshalb werden diese Beträge oft auf der Aktivseite der Bilanz in einer Vorspalte von den "Vorräten an unfertigen Bauleistungen" bis zur Höhe der für unfertigen Bauleistungen aktivierten Herstellungskosten offen aktivisch abgesetzt. Durch diesen Ausweis verkürzt sich die Bilanzsumme. Die Bilanz wird wertmäßig nicht aufgebläht.
Das Beispiel veranschaulicht die aktivische Absetzung der erhaltenen Abschlagszahlungen in einem Bauunternehmen.
Sind die erhaltenen Abschlagszahlungen wertmäßig größer als die Herstellungskosten der ausgeführten unfertigen Bauleistungen, verbleibt dieser übersteigende Betrag passivisch als "Erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen" bestehen und wird auch so ausgewiesen. Das gilt gleichfalls für die erhaltenen Vorauszahlungen. Sie sind als Zahlungen für noch nicht erbrachte Bauleistungen aber grundsätzlich passivisch auszuweisen.
Durch die Kreditinstitute wird in der Folge in Verbindung mit dem Rating oft die aktivische Absetzung dahin gehend korrigiert, dass die erhaltenen Abschlagszahlungen wieder den Verbindlichkeiten zugerechnet werden. Dadurch verschlechtern sich praktisch jene Kennzahlen, die auf das Gesamtkapital als Bilanzsumme der Passivseite bezogen werden, beispielsweise bedeutet dies im Ergebnis eine geringere Eigenkapitalquote.
Diese Schlechterstellung von Bauunternehmen bei Bilanzanalysen und daraus abgeleiteten Aussagen und Kennzahlen war wiederholt Anlass gegenüber Kreditinstituten, hierzu eine saldierte Betrachtung bei den unfertigen Bauleistungen zwischen "Vorräten" und bereits "bezahlten Leistungen" ebenfalls anzusetzen. Inzwischen hat sich der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BRV) der von den Bauunternehmen favorisierten Darstellung angeschlossen. Im Handbuch des BVR wird verbundweit die einheitliche Kontierungsregel in der Aussage festgehalten, dass in der Bauwirtschaft ein saldierter Ausweis sachgerecht sein kann, wenn es sich eindeutig um Abschlagszahlungen für bereits erbrachte Bauleistungen handelt.
Wie das dargestellte Beispiel aussagt, ist zunächst zwischen erhaltenen Abschlagszahlungen und Vorauszahlungen zu unterscheiden und dies ist auch von den Bauunternehmen in der Bilanzierung deutlich zu machen. Speziell im Anhang zur Bilanz sollte darauf mit der wertmäßigen Aussage betont hingewiesen werden und ggf. nähere Erläuterungen erfolgen. Wichtig ist dabei, dass auch der externe Bilanzanalytiker klar erkennen kann, inwieweit es sich tatsächlich um bereits erhaltene Abschlagszahlungen handelt.

Beispiel zur aktivischen Absetzung von erhaltenen Abschlagszahlungen

Aussagen zum 31.12 (jeweils Netto ohne Umsatzsteuer)
ausgeführte unfertige Bauleistung
gemäß Leistungsmeldung (Baupreis)
1.000 €
unfertige Bauleistung zu Herstellungskosten960 €
erhaltene Abschlagszahlungen900 €
erhaltene Vorauszahlungen130 €
(1) Bilanzausweis (Auszug) ohne aktivische Absetzung
AktivseitePassivseite
B. Umlaufvermögen
I.2 Unfertige Leistungen960
IV Bankguthaben+70
(=1.030)
C. Verbindlichkeiten
3. Erhaltene Anzahlungen
auf Bestellungen
1.030
(=1.030)
(2) Bilanzausweis mit offener aktivischer Absetzung der Abschlagszahlungen
AktivseitePassivseite
B. Umlaufvermögen
I.2 Unfertige Leistungen960
abzüglich erhaltene Abschlagszahlungen-900
=60
IV. Bankguthaben+70
(=130)
C. Verbindlichkeiten
3. Erhaltene Anzahlungen
auf Bestellungen
130
(=130)
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