Baurecht / BGB

Arbeitsgemeinschaft (Bau-ARGE)

Bau-Arge ist die Abkürzung für "Bau-Arbeitsgemeinschaft". Sie besteht, wenn sich zwei oder mehr Unternehmen zusammenschließen, um gemeinsam an einem Bauvorhaben zu arbeiten. Jede Firma hat innerhalb der Bau-Arge spezielle Aufgaben und Verantwortlichkeiten.

Was ist eine Bau-ARGE?

Die Bau-Arbeitsgemeinschaft (Bau-ARGE) ist eine spezifische Kooperationsform in der Bauwirtschaft, vor allem bei Baumaßnahmen im Bauhauptgewerbe. Um ein bestimmtes Bauvorhaben gemeinsam ausführen zu können, schließen sich zwei oder mehrere rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Bauunternehmen befristet in einer Arbeitsgemeinschaft zusammen.
ARGEn sind bei größeren Bau-Projekten üblich, da mehrere Unternehmen mit ihren spezifischen Fähigkeiten und Ressourcen erfolgreich zusammenarbeiten können.
ARGEn sind bei größeren Bau-Projekten üblich, da mehrere Unternehmen mit ihren spezifischen Fähigkeiten und Ressourcen erfolgreich zusammenarbeiten können. Bild: © f:data GmbH

Welche Rechtsform hat die Bau-ARGE?

Die Bau-ARGE ist in der Regel eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) nach BGB. Da es sich allgemein nur um einen befristeten Zusammenschluss für ein bestimmtes Bauvorhaben handelt, trägt die ARGE den Charakter einer Gelegenheitsgesellschaft und ist keine normierte Unternehmensform. Regelmäßig ist eine Bau-ARGE auch kein eingerichteter Geschäftsbetrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 im Handelsgesetzbuches Wird sie jedoch unbefristet als eine Dauer-ARGE organisiert, kann sie auch die Form einer OHG (offene Handelsgesellschaft) annehmen.
Seit 2024 gelten aktualisierte Vorschriften für BGB-Gesellschaften und regelmäßig für Bau-ARGEn in den §§ 705 bis 740 BGB auf Grundlage des „Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG vom 10. August 2023)“. Die Regelungen bei Ausscheiden eines Gesellschafters in den §§ 723 bis 728 BGB können noch nach der bis 2023 geltenden Fassung weiter angewendet werden, wenn ein Gesellschafter dies gegenüber der Gesellschaft verlangt.
Bekräftigt wurde weiterhin die Rechtsnatur einer BGB-Gesellschaft in § 705 BGB. Die Eintragung einer Bau-ARGE im künftigen Personengesellschaftsregister für BGB-Gesellschaften ist allgemein nicht erforderlich bzw. nur dann, wenn die Bau-ARGE Grundstücksgeschäfte abschließt.
Die Bau-ARGE in der Organisationsform einer GbR hat gegenüber HGB-Gesellschaften den Vorteil, geringere Voraussetzungen für ihre Gründung erfüllen zu müssen. So entfällt z. B. die Eintragung ins Handelsregister oder gar der Abschluss eines notariellen Gesellschaftsvertrags. Ist der Zweck jedoch ein kaufmännisches Handelsgewerbe, beispielsweise die Herstellung und der Absatz von Transportbeton aus der ARGE-Mischanlage an Dritte, kann eine Handelsgesellschaft entstehen und die ARGE auch als solche bewertet werden.
Beteiligte im Sinne von Gesellschaftern einer ARGE können sein: die unter diesen Begriffen näher erläutert werden.
  • juristische Personen (z. B. GmbH, Aktiengesellschaft), Personenvereinigungen (z. B. Kommanditgesellschaft)
  • natürliche Personen als Einzelunternehmen
  • ARGEn sowie BGB-Gesellschaften
In dem ARGE-Vertrag sind die Firmen der Gesellschafter unter Angabe ihrer Anschrift aufzunehmen, und zwar im rechtlichen Sinne der Zustelladresse.

Welche Formen der ARGE gibt es?

Die Kooperation der beteiligten Bauunternehmen als Gesellschafter in den ARGEn kann nach unterschiedlichen ARGE-Formen gestaltet werden. Vorrangig erfolgt die Durchführung von Bauaufträgen in einer:
  1. Normal-ARGE, auch als „echte“ ARGE oder „Beistellungs-ARGE“ bezeichnet, im Sinne einer Gesellschaft, bei der die beteiligten Bauunternehmen die vertraglichen Verpflichtungen unter einer gemeinsamen Bauleitung ausführen, wofür von den Gesellschaftern Beistellungen u. a. für Personen, Stoffe, Baumaschinen und Geräte geleistet werden.
  2. Dach-ARGE, auch als "Los"-ARGE oder "Kopf"-ARGE bezeichnet, bei der die beteiligten Bauunternehmen Bauarbeiten als Lose übernehmen und diese selbstständig und eigenverantwortlich ausführen, wofür eine gemeinsame Bauleitung nicht erforderlich ist.
Weiterhin sind als Organisationsformen anwendbar:
  • die Beihilfegemeinschaft (BEGE oder BEIGE) als "Innen"-ARGE, wobei im Außenverhältnis nur der Gesamtunternehmer, der seinerseits einen oder mehrere Subunternehmer verpflichtet, als Vertragspartner zum Auftraggeber als Bauherrn auftritt.
  • ARGE auf horizontaler Ebene, die gewöhnlich Bauunternehmen gleicher Leistungs- bzw. Fachsparten, z. B. des Ingenieurbaus, des Hochbaus u. a. vereinigt und als Normal-ARGE oder auch als Dach-ARGE organisiert wird.
  • ARGE in vertikaler Richtung, die meistens Unternehmen verschiedener Fachrichtungen, z. B. Unternehmen der Baustoffindustrie, Bauunternehmen, Stahlbaubetriebe, Holzverarbeitungsbetriebe u. a. umfasst, wobei hierbei die Arbeitsteilung oft nur im Innenverhältnis vorsehen ist, möglich wäre die Organisation auch in Form einer Dach-ARGE, gelegentlich wird auch ein Konsortialvertrag abgeschlossen, in der Regel bei Gemeinschaften mit Firmen außerhalb des Baugewerbes.
  • ARGE als fortgesetzte ARGE, abweichend vom Regelfall nach Erfüllung eines bestimmten Bauauftrages auch für einen weiteren Bauauftrag.
  • ARGE als Dauer-ARGE als Ausnahme, die auch unabhängig von einem Vergabeverfahren oder einem bestimmten Bauauftrag ständig (oder längere Zeit) bestehen kann, wobei dann ein Dauerverhältnis vorliegt, ein Gesellschaftsvertrag auf unbestimmte Zeit eingegangen und in der Regel auf eine unbestimmte Zahl von Bauaufträgen ausgerichtet wird. Meistens würde hierzu ein Handelsgewerbe vorliegen, das wiederum einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb begründet. Dauer-ARGEn sind für Bauleistungen untypisch und dürften Ausnahmen sein.
Im Anlagenbau ist oft die Form eines Konsortiums anzutreffen, sowohl im Inlands- als auch im Auslandsgeschäft. Dabei handelt es sich auch um eine BGB-Gesellschaft. Jeder der Beteiligten übernimmt einen Teil der Leistungen, den er selbstständig und voll eigenverantwortlich ausführt. Das Konsortium hat folglich kein Gesellschaftsvermögen.

Vertragliche Bindung der Gesellschafter

Bei einer Bau-ARGE sind die Rechte und Pflichten zur Durchführung einer Baumaßnahme als gemeinsamen Zweck in einem Gesellschaftsvertrag festzuschreiben. Im Zusammenhang hierzu sei bezüglich inhaltlicher Anforderungen auf die Publikation: "Kommentar zum ARGE- und Dach-ARGE-Vertrag", 4. Auflage 2005, Bauverlag Wiesbaden und Berlin verweisen.
Der ARGE-Vertrag kann für das Innenverhältnis der beteiligten Gesellschafter individuell oder mit Nutzung von Musterverträgen gestaltet werden. Im Außenverhältnis der ARGE zum Auftraggeber ist dann der abzuschließende Bauvertrag – als BGB- oder VOB-Vertrag – maßgebend.
Für den Gesellschaftsvertrag der ARGE können ARGE-Musterverträge für die unterschiedlichen Formen von Bau-ARGEn herangezogen werden. Ihre Anwendung ist nicht bindend vorgeschrieben. ARGE-Musterverträge werden vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) herausgegeben und empfohlen. Als aktualisierte Fassungen liegen vor:
Soweit sich zu den ARGE-Musterverträgen (2016) aus den aktualisierten Vorschriften ab 2024 in den §§ 705 bis 740 zu BGB-Gesellschaften und teils neuer Nummerierung jeweils Änderungen zu Hinweisen in den Tz. der Gliederung ableiten, wird dies unter ARGE-Musterverträgeangegeben.
Einer Bau-ARGE vorgelagert ist in der Regel eine Bietergemeinschaft zur Abgabe eines Angebots für den Bauauftrag. Hierzu liegt ebenfalls ein überarbeiteter Bietergemeinschaftsvertrag (BG-Vertrag) - Fassung 2016 – vor. Die angeführten Musterverträge sind sowohl in Printform als auch in digitaler Version bei der BWI-Bau GmbH Düsseldorf erhältlich.

Warum organisieren sich Bauunternehmen in einer ARGE?

Die Gründe, aus denen sich eine ARGE ableitet, sind gewöhnlich vielfältig, so unter anderem:
  • Erfordernis einer großen Kapazität an Personen und Geräten
  • zu lange Ausführungsfristen für die eigene Belegschaft
  • Erfordernis der Mitwirkung von Spezialisten in der Baudurchführung

Welche Vor- und Nachteile hat eine ARGE?

Vorteile können folgende Aspekte sein:
  • Risikoverteilung:
    Verteilung des technischen und/oder wirtschaftlichen Risikos und der Haftung auf mehrere Bauunternehmen
  • Steigerung der Leistungsfähigkeit:
    die personelle und maschinelle Kapazität einzelner Bauunternehmen kann den Anforderungen des spezifischen Bauauftrags nicht gerecht werden
  • Spezialerfahrung der Partner:
    Bündelung von Know-How verschiedener Bauunternehmen, besonders in verschiedenen Leistungssparten und Gewerken
  • Einhaltung bzw. Verkürzung der Bauzeit:
    kurze Ausführungsfristen sind durch ein einzelnes Bauunternehmen nicht wirtschaftlich realisierbar
  • höhere finanzielle Vorleistung:
    das mit dem Bauauftrag verbundene Finanzierungsvolumen kann evtl. die Möglichkeiten eines einzelnen Bauunternehmens übersteigen
  • ortsansässige Anbindungen:
    die Baustelle kann von einzelnen Bauunternehmen evtl. weit entfernt sein, so dass die Einbindung eines örtlich nahegelegenen Unternehmens eine bessere Überwachung und Verbindung mit dem Auftraggeber möglich macht
  • Wunsch des Auftraggebers als Bauherrn:
    oft wird die Beteiligung bestimmter bzw. besonders spezialisierter Bauunternehmen an der Ausführung durch den Auftraggeber gewünscht bzw. sogar verlangt
Als Nachteile können ggf. angesehen werden:
  • Risikoverschiebung:
    dies kann möglich sein, wenn ein beteiligter Partner während der Bauzeit ausscheidet oder z. B. insolvent wird
  • technische Abhängigkeit, wenn die Kapazitäts- und Leistungsprofile sehr unterschiedlich zwischen den beteiligten Partnern sind
  • wissensseitige Preisgabe von Kenntnissen, z. B. über Erfahrungswerte technologischer Ausführungen, von Kalkulationswissen, preiswerten Bezugsquellen u. a.
  • Marktverdrängung bei künftigen Angeboten zu Ausschreibungen aufgrund des erlangten Wissens zum potentiellen Mitbewerber

Das sind die Merkmale einer Bau-ARGE

Bei einer Bau-ARGE als BGB-Gesellschaft handeln die Gesellschafter gesamthänderisch. Wesentliche Merkmale einer ARGE sind:
  • die vertragliche Dauerbeziehung der Gesellschafter zueinander für die Zeit der Bauausführung eines Bauauftrages
  • die gegenseitige Verpflichtung, die vereinbarten Beiträge und Leistungen zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks quantitativ, qualitäts- und termingerecht zu erbringen
  • ein gemeinsamer Zweck als Erfüllung des eingegangenen Bauvertrages
  • die Treuebindung der Gesellschafter untereinander
  • die Benennung der Organe der ARGE im Sinne der Personen der Geschäftsführung
  • die gesamtschuldnerische Haftung gemäß § 421ff. des BGB als handlungsfähige Gruppe, wonach Gläubiger berechtigt sind, die Leistung nach ihrem Belieben von jedem der Schuldner (Gesellschafter der ARGE) ganz oder zu einem Teil zu fordern
Inhaber der Gesellschaftsrechte und damit des Gesellschaftsvermögens sind die Gesellschafter. Nur sie nahmen in der Vergangenheit in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit am Rechtsverkehr teil.
Nach der Insolvenzordnung (InsO) kann ein Verfahren zur Insolvenz auch über das Vermögen einer BGB-Gesellschaft, d. h. auch gegenüber einer Bau-ARGE eröffnet werden.

Die Beteiligung der ARGE-Gesellschafter

Im Gesellschaftsvertrag der ARGE sind die Firmen der Gesellschafter unter Angabe ihrer Anschrift aufzunehmen und zwar im rechtlichen Sinne der Zustelladresse. Die Beteiligung der Gesellschafter an der ARGE ist das Maß für die Pflichten und Beiträge im Innenverhältnis der ARGE.
Das Beteiligungsverhältnis wird in der Regel in Prozentsätzen als Verteilungsmaßstab für die Beitragspflichten, die Haftung, die Erbringung von Bürgschaften, die Mängelansprüche und die Anteile an Gewinn und Verlust festgelegt, gegebenenfalls auch für die Auseinandersetzung bei Auflösung einer ARGE. Es ist auch eine Null-Prozent-Beteiligung möglich. Ein solcher Gesellschafter braucht z. B. keine Beiträge zu erbringen, er ist aber auch nicht am Gewinn beteiligt. Er kann jedoch ein Mitspracherecht in der Aufsichtsstelle erhalten.
Auf jeden Fall muss bei einer Prozentaufteilung die Summe der Anteile 100 % ergeben. Das Beteiligungsverhältnis kann bei Gründung der ARGE zunächst nur vorläufig festgelegt oder auch offengelassen werden, wenn darüber Einigkeit besteht, z. B. die Gewinnbeteiligung nach Höhe des tatsächlich geleisteten Beitrags auszurichten.
Bei einer Dach-ARGE besteht grundsätzlich nur ein vorläufiges Beteiligungsverhältnis. Die endgültige Beteiligung kann erst nach Abschluss der ARGE bestimmt werden, wenn die Leistungs- und Abrechnungsbeträge der einzelnen Lose und der Gesamtumfang feststehen. Danach sind die Ist-Los-Anteile von der Auftraggeber-Leistung (100 %) zu bestimmen.
Das Beteiligungsverhältnis hat keine Bedeutung im Außenverhältnis (als Beziehung zu den Außenstehenden wie Auftraggeber, Gläubiger, Banken u. a.). Hier sind die gesamtschuldnerische Verpflichtung und Haftung der Gesellschafter maßgebend.
Das Beteiligungsverhältnis ist im Grunde unveränderlich, kann aber durch vertragliche Regelung verändert werden, z. B. durch Beschluss der Gesellschafter, wenn ein Gesellschafter einer vielgliedrigen ARGE nicht den festgelegten Leistungspflichten nachkommt, d. h. über längere Zeit oder auf Dauer wesentliche Beiträge nicht erbringt. Hier können die vertragstreuen Gesellschafter zusätzlich zur Festlegung der Ausgleichszahlung das Beteiligungsverhältnis neu festsetzen und den Anteil des säumigen Partners reduzieren. Zur unterschiedlichen Handhabung wird darauf jeweils speziell unter Normal-ARGE und Dach-ARGE eingegangen.

Die Organe der Bau-ARGE

Da die Bau-ARGE keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, kann sie strenggenommen auch keine selbstständigen Organe bilden. Die Erfordernisse der Baupraxis haben aber im Rechtsempfinden dazu geführt, bei der Bau-ARGE eine körperschaftliche Strukturierung und demzufolge auch Organe im gesellschaftsrechtlichen Sinne vorzusehen, so im Einzelnen:
  • die Aufsichtsstelle als Gesellschafterversammlung, die als das höchstes Organ Beschlüsse fasst, die dann von den Geschäftsführungen und der Bauleitung auszuführen sind. Ist nichts anderes festgelegt, sollten die Beschlüsse mit Einstimmigkeit der anwesenden Gesellschafter erfolgen.
  • die technische Geschäftsführung, mit der ein Mitgesellschafter betraut wird. Sie vertritt in der Regel die ARGE gegenüber dem Auftraggeber. Meistens wird auch der technische Geschäftsführer als bevollmächtigter Vertreter der Bau-ARGE gegenüber dem Bauherrn und ggf. Dritten benannt.
  • die kaufmännische Geschäftsführung, welche ebenfalls von einem Gesellschafter verantwortlich übernommen wird.
  • die Bauleitung, die insbesondere die Durchführung des Bauauftrages zu überwachen hat. Sie ist in erster Linie ein reines Vollzugsorgan. Wegen der Bedeutung und Vielfalt von zu erledigenden Aufgaben ist die personelle Besetzung mit Sorgfalt vorzunehmen. Meistens wird der Bauleiter aus dem Bauunternehmen gestellt, der die technische Geschäftsführung übernommen hat. Die Bauleitung ist nur ein Organ bei einer Normal-ARGE. Sie erübrigt sich bei einer Dach-ARGE.
Werden für die vertraglichen Vereinbarungen die o. a. ARGE-Musterverträge herangezogen, so enthalten diese Aussagen unter § 5 zu den zu bildenden Organen und von diesen auszuführenden Aufgaben in den §§ 6 bis 9.
Die Leistungen der Geschäftsführung, Bauleitung und Buchführung werden vergütet. Dazu sind in § 10 der ARGE-Musterverträge Festlegungen getroffen. Welche Kostenfaktoren zu berücksichtigen sind, bedarf der gemeinsamen Abstimmung.
Grundlagen bilden einerseits Erfahrungen zu finanziellen Auswirkungen aus der Praxis bereits realisierter ARGEn und zum anderen das Prinzip der Kostendeckung. Um nicht bei jeder ARGE aufs Neue Überlegungen über die Höhe anstellen zu müssen, empfehlen die Bauindustrieverbände auf Landesebene ARGE-Verrechnungssätze für die Vertragsgestaltung. Dabei kann es sich aber nur um Richtwerte handeln, die keine rechtliche Bindungswirkung für die ARGE-Partner haben. Sie liefern aber praktische Hilfen für die Ausfertigung der ARGE-Verträge.

Rechnungswesen der ARGEn

Da eine ARGE nicht von vornherein als Kaufmann im Sinne des HGB gilt, ist folglich keine Buchführung und Bilanzierung nach Handelsrecht vorgeschrieben. Die Buchführungspflicht kann sich aber aus der Abgabenordnung (AO) ableiten, wenn die im § 141 Abs. 1 der AO aufgeführten Kriterien überschritten werden. Dies dürfte in der Baupraxis überwiegend der Fall sein.
Die Gesellschafter der ARGE werden in der Regel das Rechnungswesen der ARGE mit einem Niveau sichern, wie es in den beteiligten Bauunternehmen anzutreffen ist. Im Mittelpunkt stehen die Informationsbedürfnisse der Beteiligten, die nur auf der Grundlage eines aussagefähigen Rechnungswesens befriedigt werden können. Folglich werden neben betriebswirtschaftlichen Prinzipien auch die handelsrechtlichen Anforderungen berücksichtigt werden.
Die Durchführung des Rechnungswesens wird mit dem ARGE-Vertrag der Kaufmännischen Geschäftsführung übertragen. Umfang und Aufbau des Rechnungswesens sollten so gestaltet werden, dass mindestens folgende Aufgaben erfüllt werden:
  • Buchführung nach den kaufmännischen und steuerrechtlichen Grundsätzen und Pflichten, so z. B. die
    • buchhalterische Erfassung aller wirtschaftlichen ARGE-Vorgänge, ggf. nach dem ARGE-Musterkontenplan für ARGEn (ARGE-MPK)
    • Aufstellung einer Auseinandersetzungsbilanz, wenn ein Gesellschafter vorzeitig ausscheidet
    • Aufstellung von Zwischenabschlüssen und der vorläufigen Schlussbilanz
  • als möglichst monatliche Periodenaufstellung der hergestellten und abgerechneten ARGE-Leistungen und der dafür angefallenen Kosten
  • Ergebnisrechnung der ARGE in Form des periodischen Nachweises über das ARGE-Rohergebnis und dessen Verteilung bzw. Deckung
  • Vermögensübersichten als
    • periodische Aussagen z. B. zu Beständen an Vorräten, Finanzmitteln, Forderungen und Verbindlichkeiten
    • Stand der Verrechnungskonten der Gesellschafter, d. h. über die jeweilige Situation der geleisteten Beteiligungspflichten im Vergleich zum vereinbarten Beteiligungsverhältnis
Das ARGE-Rechnungswesen erfordert eine rationelle Durchführung. Empfohlen wird die Anwendung von vorbestimmten Formularen (z. B. des ARGE-Übersichtsblatts). Wird das ARGE-Rechnungswesen EDV-gestützt durchgeführt, ersetzen die Ausdrucklisten überwiegend die vorgedruckten Formulare, jedoch meistens in starker Anlehnung und analoger inhaltlicher Aussage wie die Formulare.

Versicherungen der Bau-ARGE

Die zu versichernden Baurisiken sind bei der Bau-ARGE dieselben wie bei eigenen Baustellen. Der ARGE-Vertrag verpflichtet die Gesellschafter ausdrücklich, für ihren Anteil eine Bau-Betriebshaftpflichtversicherung (Bau-BHV) abzuschließen. Der Deckungsumfang ist dabei Angelegenheit jedes einzelnen Gesellschafters. Nicht gedeckte anteilige Schadenersatzverpflichtungen gehen zu Lasten des nicht ausreichend versicherten Gesellschafters.
Bezüglich der Sachversicherungen, z. B. Feuerversicherung für beigestellte Geräte und Stoffe und Baugeräteversicherung, ist jeder Gesellschafter ebenfalls verpflichtet, sich auf eigene Kosten zu versichern. Über den Abschluss weiterer Versicherungen, wie z. B. Bauleistungsversicherung, entscheidet die Aufsichtsstelle als höchstes ARGE-Organ.
Verschiedene Varianten sind möglich, entweder der Bauherr oder die ARGE schließen z. B. die Bauleistungsversicherung ab. Besitzen die beteiligten Gesellschafter jedoch Versicherungsschutz für ihre Bauleistungen, so braucht die ARGE keine Bauleistungsversicherung abzuschließen.
Der Kaufmännischen Geschäftsführung der ARGE obliegt es allgemein, Versicherungsangelegenheiten der ARGE zu regeln bzw. Schadensfälle abzuwickeln, jedoch mit Ausnahme der Schäden an beigestellten und durch den betreffenden Gesellschafter versicherten Geräten. Auch sind Einbruchdiebstahl- und Beraubungsschäden von den versicherten Gesellschaftern für ihren Schadenanteil selbst zu regulieren.
Der Versicherer der kaufmännischen Geschäftsführung sollte einen Schadensfall möglichst federführend bearbeiten. Er kann danach bei den Haftpflichtversicherern der anderen Gesellschafter deren anteilige Schadenquote einziehen; bei Unterdeckung evtl. von den Gesellschaftern direkt!
Hat die Bau-ARGE die Versicherung abgeschlossen, verbleiben Aufwand und Entschädigung bei der ARGE. In allen anderen Fällen belastet die ARGE die Gesellschafter anteilig.

Steuern der ARGEn

Eine Bau-ARGE unterliegt als gewerblich tätige BGB-Gesellschaft den steuerlichen Vorschriften für Personengesellschaften und Mitunternehmerschaften. Sie wird im Außenverhältnis in der Regel als selbständiges Steuersubjekt behandelt. Folgende Steuerarten können anfallen:
  • Lohnsteuer:
    Werden von der ARGE selbst Arbeitnehmer eingestellt (ggf. bei einer Normal-ARGE) beschäftigt, so ist die Lohnsteuer für die von ihr abgerechneten Beschäftigten einzubehalten und an das örtlich zuständige Finanzamt abzuführen. Erfolgt die Lohnrechnung durch den kaufmännisch geschäftsführenden Gesellschafter, ist das Finanzamt an seinem Sitz zuständig. Bei einer Personalabordnung verbleibt das Personal in der Stammfirma, so dass kein Einbehalt von Lohnsteuer durch die ARGE erfolgt.
  • Umsatzsteuer:
    Die Umsatzsteuer ist bei der ARGE in verschiedenen Richtungen von Bedeutung, besonders hinsichtlich einer Steuerschuldnerschaft für Bauleistungen.
  • Bei einer Normal-ARGE sind die Beistellungen der Gesellschafter an die ARGE mit Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen, demgegenüber die Bauleistungen zu den Losen der Gesellschafter an die Dach-ARGE jeweils ohne Umsatzsteuer wegen Steuerschuldnerschaft der Dach-ARGE für empfangene Bauleistungen
    • die Gesamtleistung der ARGEn als Entgelt vom Auftraggeber unterliegt der Umsatzsteuer, sofern der Leistungsempfänger nicht der Steuerschuldner für Bauleistungen ist, d. h. nicht selbst Bauleistungen erbringt; andernfalls sind ebenfalls nur Netto-Rechnungen ohne Umsatzsteuer auszustellen.
    • Abschlagszahlungen vom Auftraggeber von Abschlagsrechnungen mit Umsatzsteuer unterliegen bei den ARGEn der Ist-Besteuerung, wonach die Umsatzsteuer erst per Monatsende fällig ist, in dem der Auftraggeber die Abschlagsrechnung bezahlt hat. Dagegen unterliegt die Bauleistung mit der Fertigstellung durch die ARGE der Soll-Versteuerung.
    • Lieferungen und Leistungen der Gesellschafter, die sie an die ARGE bewirken und umgekehrt, sind danach zu prüfen, ob sie umsatzsteuerpflichtig sind oder Steuerschuldnerschaft vorliegt.
    • Für die Umsatzsteuer der ARGE ist auch entscheidend, ob bei Entgelten, ein Leistungsaustausch oder eine Gewinnbeteiligung vorliegt. Dies wiederum hängt grundsätzlich von den Vereinbarungen der Gesellschafter im Vertrag untereinander ab. Die in den §§ 7 bis 9 der ARGE-Musterverträge enthaltenen Tätigkeiten, z. B. ARGE-Geschäftsführung, Bauleitung u. a. gelten bei Übertragung auf einen Gesellschafter als steuerbare Geschäftsführungsleistungen.
    • Durch die Kaufmännische Geschäftsführung der ARGE ist beim zuständigen Finanzamt die ARGE als Steuersubjekt anzumelden und eine Identifikations-Nummer zu beantragen. Danach sind die monatlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen aufzustellen.
    • Bauabzugsteuer:
      Die ARGEn sind auch für die Kontrolle der Abzugspflicht über die Bauabzugsteuer für ihre Nachunternehmer verantwortlich. Andererseits benötigen sie als Leistende auch eine Freistellungsbescheinigung, wenn ihre Rechnungen ohne Abzug der Bauabzugsteuer bezahlt werden sollen. Erhält ein Gesellschafter einer ARGE keine Freistellungsbescheinigung von seinem Finanzamt, kann dies für die ARGE problematisch werden.
    • Gewerbesteuer:
      Die ARGEn sind im Grunde gewerbesteuerpflichtig. Aus Vereinfachungsgründen bestimmt jedoch § 2 a Gewerbesteuergesetz (GewStG), dass von einer selbständigen Heranziehung einer ARGE zur Gewerbeertragsteuer abzusehen und stattdessen die Besteuerung bei den Gesellschaftern vorzunehmen ist, wenn die ARGE nur den Zweck der Durchführung eines einzigen Werkvertrages verfolgt.
  • Kraftfahrzeugsteuer:
    Die Bezahlung hat durch den Kraftfahrzeughalter zu erfolgen. Für von den Gesellschaftern beigestellte Fahrzeuge können diese der ARGE anteilige Steuern berechnen.
  • Andere Steuern:
    Für eine ARGE wird keine einheitliche Gewinnfestsetzung vorgenommen. Eine ARGE wird auf Grund ihrer Mitunternehmerschaft weder durch Körperschaftsteuer noch durch Einkommensteuer erfasst. Steuerpflichtig sind die beteiligten Gesellschafter. Erzielt eine ARGE auch Erträge aus Zinsen (z. B. für angelegtes Festgeld) und anderen Wertpapieren bzw. Anlagen, dann wird noch Abgeltungssteuer anfallen.

So endet eine Bau-ARGE

Die Vertragsdauer einer Bau-Arge endet mit der Erfüllung der sich aus dem Bau- und dem ARGE-Vertrag ergebenden Rechte und Pflichten, insbesondere den Pflichten aus eventuellen Mängelansprüchen. Die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander und zu Dritten sind damit abgeschlossen.
Bei Anwendung der ARGE-Musterverträge wird in § 8.6 bestimmt, dass nach Abwicklung aller Geschäftsvorfälle neben einer Schlussbilanz auch ein Schlussprotokoll aufzustellen ist. Darin sollten Aussagen mindestens zu folgenden Punkten getroffen werden:
  • protokollierte Abnahmen zu den Baumaßnahmen
  • Sicherheitseinbehalte oder hinterlegte Bürgschaften beim Auftraggeber für die Mängelansprüche
  • Mängelansprüchebürgschaften, die von Nachunternehmern (NU) vorliegen
  • ausgebuchte Forderungen der ARGEn, die von der kaufmännischen Geschäftsführung der ARGEn weiter zu verfolgen sind, erfolgte Abführungen der Umsatzsteuer, von Abgaben und Beiträgen
  • Übergabe der kaufmännischen Unterlagen an den kaufmännischen Geschäftsführer zur Aufbewahrung
Beschließen die Gesellschafter einer Bau-ARGE eine vorzeitige Auflösung oder stellen einen Insolvenzantrag, so haften sie nach § 22 in den ARGE-Musterverträgen – unabhängig der gesamtschuldnerischen Haftung im Außenverhältnis – untereinander anteilig entsprechend dem bisherigen Beteiligungsverhältnis.
Bauprofessor-Redaktion
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