Buchhaltung / Rechnungswesen

Unfertige Bauleistungen

Unfertige Bauleistungen sind Bauarbeiten, die noch nicht abgeschlossen und abgenommen worden sind.

Was sind unfertige Bauleistungen?

Unfertig sind Bauleistungen so lange, bis sie nicht fertiggestellt bzw. abgenommen wurden. Erst mit der Abnahme und Schlussrechnung werden sie zu Umsatzerlösen. Auch eine Rechnungslegung mit Abschlagsrechnungen gegenüber dem Auftraggeber und die Bezahlung macht die Bauleistung nicht zu Umsatzerlösen, sie bleiben weiterhin bis zum Abschluss der Baumaßnahme unfertig.
Die unfertigen Bauleistungen können sich zusammensetzen aus:
  • eigenen, mit Arbeitskräften des Bauunternehmens hergestellten unfertigen Bauleistungen und
  • von beauftragten Nachunternehmern hergestellten und dem Bauunternehmen bereits in Rechnung gestellten Bauleistungen

Periodische Abrechnung unfertiger Bauleistungen

Bei einer Baumaßnahme mit einer Bauzeit länger als ein Monat wird in der Regel am Monatsende ein Bestand (Endbestand) an unfertigen Bauleistungen vorliegen. Im folgenden Abrechnungsmonat stellt sich dann in gleicher Höhe ein Bestand am Monatsanfang (Anfangsbestand) der bisher hergestellten, unfertigen Bauleistung dar.
Der Umfang unfertiger Leistungen ist in Verbindung zur hergestellten Bauleistung sowie abgerechneten Bauleistungen als Umsatzerlöse mit Schlussrechnung zu betrachten.
Zum periodischen Nachweis ist deshalb folgender Zusammenhang zu beachten:
Umsatzerlöse im Berichtszeitraum
- Anfangsbestand
+ Endbestand
an unfertigen Bauleistungen (zu Preisen)+ Bestandszunahme
- Bestandsabnahme
= hergestellte Leistung (Gesamtleistung) im Berichtszeitraum
+ Anfangsbestand
- Endbestand
an unfertigen Bauleistungen (zu Preisen)- Bestandszunahme
+ Bestandsabnahme
= Umsatzerlöse (abgerechnete Bauleistungen) im Berichtszeitraum
In beiden Fällen kann auch mit der Differenz zwischen Anfangs- und Endbestand, d. h. der Bestandsänderung, gerechnet werden. Dann gelten die rechts in der Übersicht ausgewiesenen Beziehungen. Der Zusammenhang zwischen den einzelnen Kennzahlen ist detaillierter im Beitrag Leistungskennzahlen dargestellt.
Diese wertmäßigen Bestandsaussagen sind wichtig in der monatlichen Baustellenabrechnung zu den Abrechnungsmonaten sowie am Jahresende beim Jahresabschluss.

Wie werden unfertige Bauleistungen erfasst?

Besondere Aufmerksamkeit erfordert die Erfassung der hergestellten, unfertigen Bauleistung zum Monatsende (als Abrechnungsstichtag). Vor allem wegen des häufig nicht geringen Umfangs auf den Baustellen während der Bauzeit von Baumaßnahmen über eine längere Zeit bzw. Monate.
Erforderlich ist die Erfassung als Grundlage für die:
Mögliche Methoden sind:
  1. Mengenmäßige Leistungsermittlung:
    Vorrangig wird die Bauleistung des Monats durch Bewertung der gefertigten Mengen mit den vereinbarten Einheitspreisen (EP) ermittelt. Benötigt werden dafür die Ist-Mengen der hergestellten Leistungen nach den einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses (LV). Dies geschieht durch ein Aufmaß. Die Aussagen können für den laufenden Abrechnungsmonat und auch kumulativ seit Baubeginn ausgewiesen werden.
  2. Rechnerische Leistungsermittlung:
    Sie wird immer dann von praktischer Bedeutung sein, wenn kein Leistungsverzeichnis vorliegt. Dann sollte ein Fertigstellungsgrad verantwortungsbewusst geschätzt und herangezogen werden. Er soll in Prozent den bisher bis zum Abrechnungszeitpunkt hergestellten Leistungsumfang im Verhältnis zur Auftragssumme des gesamten Bauauftrags oder jeweils von Bauabschnitten ausdrücken.
    Der Fertigstellungsgrad lässt sich beispielsweise wie folgt bestimmen:
    Bauauftragssumme gesamt = 1.000.000 €
    Fertigstellungsgrad geschätzt von 30 %
    daraus abgeleitet: 300.000 € kumulative unfertige Bauleistung
    Diese Ermittlung kann jedoch zu großen Fehlern führen, wenn die Einschätzung ungenau erfolgt und der Kostenanfall nicht gleichermaßen vorliegt. Die Fehler lassen sich mindern, wenn die Einschätzung nicht für den gesamten Bauauftrag, sondern auch differenziert zu Teilleistungen bzw. entsprechend den festgelegten Zahlungsanforderungen bzw. Abschlagsrechnungen vorgenommen wird.
  3. Modifizierte Leistungsermittlung:
    Danach werden für die Bewertung der Bauleistung die Soll-Werte der Herstellkosten nach der Arbeitskalkulation – umfassend die Einzelkosten der Teilleistungen (EKT) und der Baustellengemeinkosten (BGK) – herangezogen und die auftragsbezogenen Deckungsbeiträge (DB) hinzugerechnet.
    Diese Methode ist beispielhaft dargestellt unter Tz. 3.4.2 in der von den Hauptverbänden der Bauwirtschaft (HDB und ZDV) herausgegebenen, überarbeiteten 8. Auflage zur "KLR – Bau“ (Verlagsgesellschaft Rudolf Müller, Köln 2016).
Ein Nachweis zur Erfassung und den Nachweis von unfertigen Bauleistungen wird im Rahmen einer Leistungsmeldung veranschaulicht und näher erläutert.
Wetter, Finanzprobleme oder Änderungen am Bauprojektplan können u. a. Gründe für unfertige Bauleistungen sein.
Wetter, Finanzprobleme oder Änderungen am Bauprojektplan können u. a. Gründe für unfertige Bauleistungen sein. Bild: © f:data GmbH

Weitere unfertige Leistungen

Primär handelt es sich bei der Bauleistung um eine Leistungsart, die zugleich Leistungen aus Zusatzaufträgen, aus Nachträgen zum Bauauftrag einschließt sowie weiterhin ggf. von Stundenlohnarbeiten und sonstigen Lieferungen und Leistungen für Dritte.
Für die Erfassung von Stundenlohnarbeiten sind, die für den Auftraggeber erstellten und anerkannten Stundenlohnberichte heranzuziehen. Die Leistungen für solche Arbeiten können neben Lohnstunden auch Gerätestunden, Materialverbrauch, Transportleistungen und sogar Leistungen von Nachunternehmern umfassen. Die entsprechenden Mengenangaben sind mit den vertraglich vereinbarten Preisen zu bewerten.
Weiterhin sind ebenfalls sonstige Leistungen für Dritte zu erfassen. Sie werden nicht für den Bauherrn, sondern für sonstige Dritte ausgeführt. Im Zuge der Straßenbauarbeiten als kommunalem Auftrag wird z. B. auch die Einfahrt eines Anliegers gepflastert, d. h. durch Beauftragung des Anliegers als Drittem. Bei den sonstigen Leistungen kann es sich auch um Verkäufe von Baustoffen, Gerätevermietungen, aber auch um vereinnahmte Übernachtungsgelder bei einem Wohnlager handeln.
Wird durch den Auftraggeber Material (Einbaustoffe) kostenlos dem Bauunternehmen für die Durchführung des Bauauftrags zur Verfügung gestellt, so kann es nicht zur eigenen Bauleistung gerechnet und auch nicht erlöst werden. Folglich ist es abzusetzen.
Für die richtige Zuordnung der Bauleistungen sind bei der Leistungserfassung ggf. auch Berichtigungen vorzusehen, um alle in den Einheitspreisen der Leistungspositionen eingerechneten Leistungen richtig periodengerecht zuzuordnen bzw. abzugrenzen.
Für einen Bauauftrag wurden im ersten Monat der Bauzeit auf der Baustelle beispielsweise nur Teile der Leistungen für die Baustelleneinrichtung (BE) erbracht, aber die Leistungen dafür in die Einheitspreise voll eingerechnet. Zu diesen Einheitspreisen wurden aber noch keine Mengen realisiert, sodass noch keine Abrechnung anteilmäßig über die Einheitspreise erfolgen kann. In diesem Fall sollte eine Vorleistung für die Baustelleneinrichtung (BE) aufgenommen werden, die dann mit zunehmendem Baufortschritt bzw. zunehmender Bauzeit korrigiert wird.

So werden unfertige Bauleistungen bewertet

Unfertige Bauleistungen sind in der monatlichen Leistungsmeldung zu Preisen zu bewerten, d. h. die ausgeführten Leistungsmengen mit den vereinbarten Einheitspreisen. Die Aussagen finden sich wieder in der monatlichen Baustellenabrechnung sowie bei der Ermittlung des Ergebnisses als Differenz zwischen den Leistungen und dafür angefallenen Kosten, jeweils im Preis- bzw. Wertausdruck.
Demgegenüber hat die Bewertung der unfertigen Bauleistungen handelsrechtlich in der Bilanz des Unternehmens zum Jahresabschluss nach § 255 Abs. 2 Handelsgesetzbuch (HGB) zu Herstellungskosten von Bauleistungen zu erfolgen.
Zum Bilanzstichtag kann ein unfertiger Bauauftrag bzw. die Baustelle (wenn nur ein Bauauftrag auf der Baustelle ausgeführt wird) entweder einen operativen Gewinn oder einen operativen Verlust aufweisen. Entsprechend verschieden werden die Bewertungen vorzunehmen sein. Details und Beispiele dazu finden Sie im Beitrag: Bewertung der unfertigen Bauleistungen.
Für die Ermittlung der unfertigen, nicht abgerechneten Bauleistungen können als Hilfsmittel auch die Zahlungsanforderungen (Abschlagsrechnungen) herangezogen werden, wenn der Berichtsstichtag (Monatsende) mit dem Datum der Geldanforderung übereinstimmt und der Abschlagsrechnung ein Aufmaß über die geleisteten Mengen zugrunde liegt.
Beispielsweise kann der interne Beleg vereinfacht folgendermaßen erstellt werden:
Abschlagsrechnungen (an den Auftraggeber eingereicht)100.000 €
+ ausgeführte Leistungen, die in den Abschlagsrechnungen noch nicht enthalten sind+ 20.000 €
+ noch nicht in Rechnung gestellte sonstige Leistungen an Dritte+ 5.000 €
+ noch nicht berechnete Stundenlohnarbeiten+ 8.000 €
= unfertige Bauleistungen (unberichtigt)133.000 €
- Leistungsminderungen, z. B. bereits in den Abschlagsrechnungen enthaltene, aber noch nicht voll erbrachte Teilleistungen- 2.000 €
= unfertige Bauleistung per Berichtszeitraum131.000 €
Dieser interne Beleg wird nach Abnahme der Bauleistung und Aufstellung der Schlussrechnung durch diese ersetzt. Die Verfahrensweise ist vorwiegend üblich in kleinen Bauunternehmen und Bauhandwerksbetrieben mit Zahlungsanforderungen jeweils zum Monatsende, vor allem gegenüber öffentlichen Auftraggebern.
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