Baurecht / BGB

Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen

Soweit ein Bauunternehmen seine Vermögensgegenstände und Schulden nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) im Jahresabschluss zu bilanzieren hat, sind Gewinne mit Bezug auf § 252 Abs. 4 HGB nach dem Realisationsprinzip zu bewerten und auszuweisen. Das bedeutet, dass ein Gewinn erst dann zu berücksichtigen ist, wenn er am Abschlussstichtag "realisiert" ist.
Im Bauunternehmen steht die Aufgabe besonders in Verbindung mit den für bereits ausgeführte, unfertige Bauleistungen ausgestellten Abschlagsrechnungen und den dafür von den Auftraggebern erhaltenen Abschlagszahlungen. In der Bilanz des Unternehmens sind die unfertigen Bauleistungen zum Jahresabschluss mit Bezug auf § 253 Abs. 1 HGB zu Herstellungskosten und nicht mit dem Preisausdruck zu bewerten, und zwar auf der Aktivseite innerhalb des Umlaufvermögens. Die erhaltenen, d. h. vereinnahmten Abschlagszahlungen werden auf der Passivseite unter den Verbindlichkeiten in der Position "erhaltene Anzahlungen" ausgewiesen. Sollte eine aktivische Absetzung zu den unfertigen Bauleistungen nach dem Beispiel unter "Bilanzierung von erhaltenen Abschlagszahlungen " gewählt werden, ändert sich daraus aber nicht das Bewertungsprinzip.
Ähnlich wurden auch die unfertigen Leistungen der Bauplanung nach HOAI in Planungsbüros bzw. -einrichtungen bewertet. Die Bauplanung umfasst meistens verschiedene Leistungsphasen und Leistungsbilder nach HOAI, für die auch Abschlagsrechnungen durch den Bauplaner zu mit dem Auftraggeber schriftlich zu vereinbarten Zeitpunkten oder in angemessenen zeitlichen Abständen für nachgewiesene Grundleistungen nach HOAI gestellt und dafür Abschlagszahlungen gefordert werden. Umstritten war in den letzten Jahren der Entstehungszeitpunkt der Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen nach HOAI. Hierzu traf der Bundesfinanzhof (BFH) ein Urteil vom 14. Mai 2015 (veröffentlicht im Bundessteuerblatt - BStBl II, S. 968). Von ihm wurde - entgegen der vorherigen Rechtssprechung - entschieden, dass erhaltene Anzahlungen für einzelne Leistungsphasen nach HOAI, für die eine nachprüfbare Rechnung vorliegt, "endgültig" verdient sind. Daraus leitet sich ab, dass eine Bilanzierung im Rahmen des Jahresabschlusses einer teilfertigen Arbeit - im Sinne einer unfertigen Leistung - für einzelne Leistungsphasen der HOAI nicht mehr möglich und notwendig ist. Anzuwenden ist die neue Rechtssprechung. Vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) wurde die Entscheidung, die erst auf nach dem 31.12.2014 beginnende Wirtschaftsjahre anzuwenden ist, gegenüber der Bundesarchitektenkammer bekräftigt. Danach kann ein im Jahr 2015 entstandener Gewinn im Sinne einer Übergangsfrist gleichmäßig auf 2015 und 2016 oder auf 2015, 2016 und 2017 verteilt werden.
Das BMF hat in seinem Schreiben vom 29. Juni 2015 hinsichtlich der Bilanzierung von Abschlagszahlungen zunächst weiter bestimmt, dass die angeführte Regelung zu Abschlagszahlungen nach HOAI auch auf alle Abschlagszahlungen nach BGB für Werkverträge nach § 632a BGB zu Bauleistungen anzuwenden ist. Diese Regelung wurde aber mit dem BMF-Schreiben vom 15. März 2016 wieder aufgehoben, sodass die Grundsätze der o. a. BFH-Entscheidung nur auf die Abschlagszahlungen nach HOAI begrenzt bleiben. Betroffen sind künftig weiterhin nicht Bauunternehmen, die für Bauleistungen Abschlagsrechnungen nach BGB in Rechnung stellen und von den Bestellern dafür Abschlagszahlungen erhalten. Bauleistungen bei Anspruch auf eine Abschlagszahlung sind nicht bereits "verdient" und ertragsteuerlich zu berücksichtigen. Dem Grunde nach bleibt es bei Bauleistungen dabei, dass ein Gewinn erst mit der Fertigstellung und Abnahme des Gesamtbauauftrags realisiert wird.
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