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Bekanntermaßen kommt es in den letzten Monaten zu massiven Materialpreiserhöhungen am Bau. Bei neuen Verträgen gibt es sicherlich diverse Möglichkeiten für Unternehmer, dieses Risiko vertraglich dem Auftraggeber aufzubürden.
Aber wie ist dies bei Verträgen, die schon abgeschlossen sind? Natürlich hat der Unternehmer in seiner Kalkulation den so genannten Wagnis-Zuschlag, der unter anderem genau das Risiko steigender Einkaufspreise abfedern soll. Wenn wir aber – wie momentan – über Preiserhöhungen von über 50 % und mehrere Preisrunden in einem Jahr sprechen, so kann dies der Unternehmer ja ehrlich gesagt nicht wirklich über einen Wagnis-Zuschlag kalkulieren. Muss er dann dieses unkalkulierbare Risiko trotzdem vollumfänglich tragen? Hier gib es im § 313 BGB die Möglichkeit einer Anpassung über die sogenannte Störung der Geschäftsgrundlage. Haben sich nämlich Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, nach Vertragsschluss erheblich verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht, jedenfalls aber nicht so wie geschehen, abgeschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrages verlangt werden. Unabhängig davon, dass diese Formulierung aber natürlich sehr „wischi waschi“ ist, ist bei der Preisanpassung dann auch noch die vertragliche oder gesetzliche Risikoverteilung zu berücksichtigen und diese sieht ja nun einmal vor, dass das Risiko eigentlich beim Auftragnehmer liegt. Von daher kann der § 313 BGB durchaus Grundlage für ein Gespräch der Parteien sein, eine gerichtliche Durchsetzbarkeit ist aber äußerst problematisch und bedarf einer gründlichen Prüfung des Einzelfalles vor Einleitung entsprechender Maßnahmen. Unabhängig davon sollten sich Auftraggeber aber natürlich bewusst sein, dass sie in dem Fall, in dem der Auftragnehmer aufgrund der Materialpreiserhöhungen Insolvenz anmelden muss, letztlich noch schlechter dastehen, als hätten sie mit diesem eine Zwischenlösung vereinbart. Denn im Falle dieser Insolvenz müssten die Auftraggeber ja dann auch eine andere Firma mit der Ausführung der Arbeiten beauftragen und diese Firma wäre aufgrund der Preiserhöhungen ja auch teurer. Natürlich kann der Auftraggeber dann die entsprechende Forderung zur Insolvenztabelle anmelden, aber in der Regel fließt hier ja dann maximal ein einstelliger Prozentsatz der angemeldeten Forderungen, wenn überhaupt. Von daher muss sich auch der Auftraggeber sehr gut überlegen, ob er hier auf Biegen und Brechen auf seinem scheinbaren Recht besteht, dass es sich um ein ausschließliches Risiko des Auftragnehmers handelt und eben die Störung der Geschäftsgrundlage durch den § 313 BGB nur sehr beschränkt geltend gemacht werden kann.
Was aber in der Baupraxis regelmäßig komplett übersehen wird, ist, dass es auch noch andere Anpassungsoptionen gibt: So können insbesondere beim VOB/B-Vertrag Mengenmehrungen um mehr als 10 % der ursprünglich vorgesehenen Menge durchaus zu einem angepassten neuen Preis geltend gemacht werden. Diese Option haben bisher in der Regel nur die Auftraggeber gezogen, weil sie mit einem günstigeren Preis für die Mehrmenge gerechnet haben aufgrund der Umlage der allgemeinen Geschäftskosten und der Baustellengemeinkosten auf die größere Menge. Hier können aber nunmehr auch die Auftragnehmer Preisanpassung verlangen und dann ab dem 111 % der Ursprungsmenge gegebenenfalls einen erhöhten Einheitspreis geltend machen. Das Gleiche gilt bei geänderten und zusätzlichen Leistungen. Auch hier kann der gestiegene Einkaufspreis in der Regel an den Auftraggeber durchgereicht werden. Das Risiko der Materialpreiserhöhung liegt also grundsätzlich beim Auftragnehmer, jedoch nur für 110 % der Ursprungsmenge. Ab dem 111 % der Ursprungsmenge kann die Materialpreiserhöhung durchgereicht werden, ebenso wenn der Bauherr geänderte oder zusätzliche Leistungen wünscht.