VOB A

Freihändige Vergabe

Die freihändige Vergabe ist ein vereinfachtes Verfahren zur Ausschreibung und Vergabe von Bauleistungen, wenn z. B. eine andere Ausschreibungsart unzweckmäßig ist.

Was ist eine freihändige Vergabe?

Bei einer freihändigen Vergabe vergibt ein öffentlicher Auftraggeber einen Auftrag an ein Unternehmen ohne förmliches Vergabeverfahren. Angewendet wird das vereinfachte Verfahren, wenn es sich z. B. um kleinere Aufträge oder zeitkritische Baumaßnahmen handelt. Bei dieser Vergabeart sind Verhandlungen zulässig.

Wann ist eine freihändige Vergabe möglich?

Eine freihändige Ausschreibung und Vergabe sind grundsätzlich nach den Voraussetzungen in § 3a Abs. 4 im Abschnitt 1 der VOB Teil A zulässig, wenn eine öffentliche Ausschreibung oder auch die beschränkte Ausschreibung (mit oder ohne Teilnahmewettbewerb) nicht sinnvoll erscheint.

Voraussetzungen für eine freihändige Vergabe

Eine freihändige Vergabe kann infrage kommen, wenn:
  • für die auszuschreibende Bauleistung aus besonderen Gründen (z. B. Patentschutz oder Einsatz von Spezialgeräten) nur ein bestimmter Unternehmer in Betracht kommt,
  • die Bauleistung nach Art und Umfang vor der Vergabe nicht eindeutig und erschöpfend festgelegt werden kann,
  • sich eine kleine Leistung von einer vergebenen größeren Leistung nicht ohne Nachteil trennen lässt,
  • die Leistung besonders dringlich ist,
  • nach einer öffentlichen oder beschränkten Ausschreibung eine erneute Ausschreibung kein annehmbares Ergebnis verspricht oder
  • die auszuführende Leistung Geheimhaltungsvorschriften unterworfen ist.
Außerdem kann eine freihändige Vergabe durch öffentliche Auftraggeber bei Bundesbaumaßnahmen auch bis zu einem vorbestimmten Grenzwert zur Vergabe erfolgen. Im Bundesanzeiger vom 2. April 2025 wurden Änderungen zur VOB Teil A bekanntgegeben. Danach können Bauleistungen neu nach § 3a Abs. 4 Nr. 6 im Abschnitt 1 der VOB/A bis zu einem voraussichtlichen Auftragswert von 25.000 € (vorher 10.000 €) ohne Umsatzsteuer national im Unterschwellenbereich vergeben werden.
Die Wertgrenze wurde befristet bis Ende des Jahres 2025 erhöht. Analog hat das Bundesbauministerium mit Erlass vom 3. April 2025 für den Bundeshochbau die neue Wertgrenze verbindlich vorgegeben.
Höhere Wertgrenzen beschleunigen die freihändige Vergabe von Baumaßnahmen.
Höhere Wertgrenzen beschleunigen die freihändige Vergabe von Baumaßnahmen. Bild: © f:data GmbH

So läuft eine freihändige Vergabe ab

Vor der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist bei der freihändigen Vergabe auch die Eignung des Bieters zu prüfen. Dabei ist besonders auf einen fairen Wettbewerb durch eine hohe Transparenz zu achten. Die freihändige Vergabe folgt nicht einem förmlichen Vergabeverfahren wie beispielsweise bei einer öffentlichen Ausschreibung.
Liegen die Voraussetzungen für die freihändige Vergabe vor, kann sich der Ausschreibende an ein oder mehrere vorher ausgewählte Unternehmen wenden. Dies kommt jedoch nicht einem Teilnahmewettbewerb wie bei einer „beschränkten Ausschreibung nach Teilnahmewettbewerb“ gleich.
Der Ausschreibende darf mit den ausgewählten Unternehmen über die Bedingungen, speziell über den Inhalt der auszuführenden Bauleistungen des zu vergebenden Auftrags, verhandeln. Bei dieser Vergabeart ist eine Verhandlung zulässig.
Kommt nur ein Unternehmen für die Ausführung infrage, dann ist vom Ausschreibenden nachzuweisen, dass eben nur dieses Unternehmen die Leistungen ausführen kann. Eine Ausnahme bedarf der Begründung und ggf. einer schriftlichen Aussage. Sie ist dann nicht zu rechtfertigen, wenn die Ausführung einen Wettbewerb rechtfertigen würde.

Höhere Auftragswerte in den Bundesländern möglich

Den Bundesländern und Kommunen ist es überlassen, zur Beschleunigung von Investitionen auch höhere als nach VOB/A vorbestimmte Auftragsgrenzen festzulegen. Dies erfolgte bereits in den vergangenen Jahren auch ohne Nachweis eines Ausnahmebestandes, meistens mit zeitlicher Begrenzung. Sie können teils erhöht fortgeführt und teils zeitlich unbegrenzt festgelegt werden. Sie gelten dann für die Auftraggeber. Damit sollen ihre Vergabeverfahren erleichtert werden.
Bei abweichenden Auftragsgrenzen von der VOB Teil A auf Landes- und kommunaler Ebene ist jedoch zu gewährleisten, dass die in § 3a Abs. 3 im Abschnitt 1 der VOB Teil A angeführten Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine freihändige Vergabe auch gegeben sind.
Ansprechpartner für freihändige Vergaben von öffentlichen Bauaufträgen sowie von landesspezifischen Auftragswerten sind die Auftragsberatungsstellen der Bundesländer, meistens als Einrichtungen bei den Industrie- und Handelskammern (IHK). Die aktuellen Wertgrenzen für freihändige Vergaben aller Bundesländer können bei der Ständigen Konferenz der Auftragsberatungsstellen unter www.auftragsberatungsstellen.de aufgerufen werden.
Der Bayerische Landtag hat am 10.12.2024 beschlossen, die Wertgrenze für freihändige Vergaben für Bauleistungen ab 1. Januar 2025 in Höhe von 1.000.000 Euro (ohne Umsatzsteuer) festzulegen.
Weitere spezifische Auftragsgrenzen liegen in einzelnen Bundesländern in Verbindung auch mit der Vergabe von öffentlichen Liefer- und Dienstleistungsaufträgen unterhalb der Schwellenwerte nach der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) vor.

Fazit nach Evaluierung höherer Wertgrenzen

Im Auftrag des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) erfolgte durch das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung eine „Evaluierung und Weiterentwicklung von Wertgrenzen in der VOB/A“ mit detaillierten Aussagen und Aufbereitungen in der „BBSR-Online-Publikation (11 / 2021) – Forschungsprojekt Zukunft Bau“.
Mit höheren Wertgrenzen wurden Beschleunigungseffekte bei der Vergabe von Bauleistungen erreicht, die nicht zu Verwerfungen auf dem Baumarkt und im Wettbewerb führten. Im Ergebnis der Evaluierung wurde in der Publikation unter Tz. 0.3 empfohlen, die Wertgrenze für freihändige Vergaben bis zu 100.000 € (wie in vergangenen Jahren abweichend für Wohnzwecke) als einen Hebel für die Beschleunigung von Vergabeverfahren anzusehen.
Herzlichen Dank an Prof. Dr. habil. Siegmar Kloß für die fachliche Unterstützung bei diesem Artikel auf bauprofessor.de.
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Beispiel: Aktuelle ATV DIN 18451 Gerüstarbeiten
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Aktuelle Normen und Richtlinien zu "Freihändige Vergabe"

Ausgabe 2019-09
Diese Norm legt die allgemeinen Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen fest. Diese Bestimmungen enthalten u. a. Regeln für die Beschreibung der Leistung, für die Verjährung von Mängelansprüchen, für Fristen und für die Wertung der Angebote.Di...
- DIN-Norm im Originaltext -
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Auszug im Originaltext aus DIN 1960 (2019-09)
Die Vergabe von Bauleistungen erfolgt nach Öffentlicher Ausschreibung, Beschränkter Ausschreibung mit oder ohne Teilnahmewettbewerb oder nach Freihändiger Vergabe.1. Bei Öffentlicher Ausschreibung werden Bauleistungen im vorgeschriebenen Verfahren na...
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Auszug im Originaltext aus DIN 1960 (2019-09)
Für die Vergabe von Bauleistungen einer Auslandsdienststelle im Ausland oder einer inländischen Dienststelle, die im Ausland dort zu erbringende Bauleistungen vergibt, kann Freihändige Vergabe erfolgen, wenn dies durch Ausführungsbestimmungen eines B...
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Auszug im Originaltext aus DIN 1960 (2019-09)
Das Vergabeverfahren ist gemäß § 8 VgV zu dokumentieren....
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Auszug im Originaltext aus DIN 1960 (2019-09)
(1) Das Vergabeverfahren ist zeitnah so zu dokumentieren, dass die einzelnen Stufen des Verfahrens, die einzelnen Maßnahmen, die maßgebenden Feststellungen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen in Textform festgehalten werden. Diese Dokum...
- DIN-Norm im Originaltext -
DIN-Norm
Auszug im Originaltext aus DIN 1960 (2019-09)
(1) Der Auftraggeber muss Bieter, die für den Zuschlag in Betracht kommen, unter Einhaltung der Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung auffordern, fehlende, unvollständige oder fehlerhafte unternehmensbezogene Unterlagen – insbesondere E...
- DIN-Norm im Originaltext -
DIN-Norm
Auszug im Originaltext aus DIN 1960 (2019-09)
(1) Auf Sicherheitsleistung soll ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn Mängel der Leistung voraussichtlich nicht eintreten. Unterschreitet die Auftragssumme 250000 € ohne Umsatzsteuer, ist auf Sicherheitsleistung für die Vertragserfüllung und i...
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Auszug im Originaltext aus DIN 1960 (2019-09)
(1) Für die Bearbeitung und Einreichung der Angebote ist eine ausreichende Angebotsfrist vorzusehen, auch bei Dringlichkeit nicht unter zehn Kalendertagen. Dabei ist insbesondere der zusätzliche Aufwand für die Besichtigung von Baustellen oder die Be...
- DIN-Norm im Originaltext -
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Auszug im Originaltext aus DIN 1960 (2019-09)
(1) Soweit die Vergabeunterlagen nicht elektronisch im Sinne von § 11 Absatz 2 und 3 zur Verfügung gestellt werden, sind sie1. den Unternehmen unverzüglich in geeigneter Weise zu übermitteln.2. bei Beschränkter Ausschreibung und Freihändiger Vergab...
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Auszug im Originaltext aus DIN 1960 (2019-09)
(1) Die nicht ausgeschlossenen Angebote geeigneter Bieter sind auf die Einhaltung der gestellten Anforderungen, insbesondere in rechnerischer, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht zu prüfen.(2) 1. Entspricht der Gesamtbetrag einer Ordnungszahl (...
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Auszug im Originaltext aus DIN 1960 (2019-09)
(1) Bei Öffentlicher Ausschreibung ist die Eignung der Bieter zu prüfen. Dabei sind anhand der vorgelegten Nachweise die Angebote der Bieter auszuwählen, deren Eignung die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen notwendigen Sicherheiten b...
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