Baukalkulation / Angebot / Nachträge

Öffentliche Ausschreibung

Mit einer Öffentlichen Ausschreibung fordert der Auftraggeber Unternehmen öffentlich zur Abgabe von Angeboten für ein Bauprojekt auf. Das Verfahren zur Feststellung des ausgewählten Bieters unterliegt strengen Regeln.

Was ist eine Öffentliche Ausschreibung?

Die Vergabe eines Bauauftrags national im Bereich unterhalb der Schwellenwerte kann der Form nach als Öffentliche Ausschreibung mit Bezug auf § 3 im Abschnitt 1 (Basisparagrafen) der VOB Teil A erfolgen.

Danach werden die Bauleistungen nach öffentlicher Aufforderung einer unbeschränkten Zahl von Unternehmen zur Einreichung von Angeboten vergeben.
Öffentliche Ausschreibung
Bild: © f:data GmbH

Verschiedene Vergabearten

Neben der Öffentlichen Ausschreibung kann der Bauherr als Auftraggeber zwischen diesen Vergabearten wählen:
Folglich gilt die Öffentlichen Ausschreibung nicht mehr als Regelverfahren und ihr kommt nicht grundsätzlich der Vorrang zu.

Voraussetzungen für eine Öffentliche Ausschreibung

Die Öffentliche Ausschreibung stellt hohe Form-Anforderungen bei der Durchführung. Dabei ist eine objektive Betrachtung vorzusehen. Für "besondere Umstände" sollte nicht die subjektive Auslegung des Auftraggebers maßgebend sein. Die Öffentliche Ausschreibung findet grundsätzlich bei öffentlichen Bauaufträgen statt, wenn nicht die Eigenart der Leistung oder besondere Umstände eine Abweichung rechtfertigen.
Voraussetzung ist jedoch, dass sich die bietenden Unternehmen auch gewerbsmäßig mit der Ausführung der ausgeschriebenen Leistung befassen. Liegt ein besonderer Umstand nicht vor, der eine Abweichung rechtfertigen würde, kann der Auftraggeber trotzdem "freiwillig" eine Öffentliche Ausschreibung vorsehen. Entscheidet er sich mit den Vertragsunterlagen dazu, ist er anschließend auch daran gebunden.
Von öffentlichen Auftraggebern sind grundsätzlich die Regelungen im Abschnitt 1 in der VOB/A bestimmend. Dagegen sind private Auftraggeber, Besteller und Verbraucher an keine haushaltsrechtlichen Bestimmungen gebunden und nicht dazu verpflichtet, die Regelungen der VOB/A unterhalb der Schwellenwerte anzuwenden.

Andererseits dürfen sich die privaten Auftraggeber aber freiwillig den Bestimmungen im Abschnitt 1 der VOB/A unterwerfen und diese anwenden. Das kann in Einzelfällen auch auf Grund von Nebenbestimmungen, beispielsweise bei staatlichen Förderungen und diesbezüglichen Mittelgebern, erforderlich sein.
Die Öffentliche Ausschreibung darf nicht auf Unternehmen beschränkt werden, die in bestimmten Regionen oder Orten ansässig sind. Einem Einzelbieter sind Bietergemeinschaften (BG) gleichzusetzen, wenn sie die Arbeiten in den Betrieben der Mitglieder ausführen.

Bekanntmachung von Öffentlichen Ausschreibungen

Öffentliche Ausschreibungen müssen bekannt gemacht werden. Das kann in Amtsblättern, Tageszeitungen, Informationsdiensten u. a. geschehen. Die VOB/A sieht im § 12 Abs. 1 auch die Veröffentlichung auf unentgeltlich nutzbaren und direkt zugänglichen Internetportalen vor, beispielsweise www.service.bund.de.
Welche einzelnen Angaben eine Bekanntmachung zur Vergabe enthalten soll, wird in § 12 Abs. 1, Nr. 2 VOB/A aufgeführt. Wichtige Angaben sind beispielsweise Aussagen zur Art und dem Umfang der Leistung, Art des Auftrags und Zweck der baulichen Anlage. Bereits in der Bekanntmachung sind alle notwendigen Informationen zu liefern, die für einen Bieter von Wichtigkeit für seine Angebotskalkulation sein könnten.

So läuft eine Öffentliche Ausschreibung ab

Nach der Bekanntmachung durch den Auftraggeber folgt ein sehr spezieller Ablauf der Öffentlichen Ausschreibung:
  1. Abholung der Vergabeunterlagen durch die an der Ausschreibung und dem Bauauftrag interessierten Unternehmen. Vom Auftraggeber sind sie den Bauunternehmen als Bieter in geeigneter Weise zu übermitteln. Dafür ist durch die ausschreibende Stelle ein Schreiben als Aufforderung zur Abgabe eines Angebots vorzubereiten und den potenziellen Bietern zu übergeben. Im Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017, Stand 2019) wird dafür das Formblatt 211 mit zugehöriger Richtlinie empfohlen. Die Vertragsbedingungen zum Vergabeverfahren und die Leistungsbeschreibung müssen darin enthalten sein.
  2. Durch den Ausschreibenden ist eine angemessene Angebotsfrist nach § 10 Abs. 1  VOB/A für die Erarbeitung eines Angebots zu bestimmen. Sie soll bei nationalen Vergaben im Unterschwellenbereich auch bei Dringlichkeit nicht weniger als 10 Kalendertage umfassen. Dabei ist vor allem auch die zusätzliche Zeit für eine ggf. notwendige Baustellenbesichtigung oder die Beschaffung von Unterlagen für die Kalkulation des Angebots (z. B. Einholung von Materialpreisen und Angeboten von Nachunternehmern) zu berücksichtigen.
  3. Zum Ende der Angebotsfrist überreichen die Bieter ihre Angebote fristgemäß an die ausschreibende Stelle. Der Auftraggeber hat nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 der VOB/A festzulegen, in welcher Form die Angebote einzureichen sind. Zugelassen sind immer schriftlich eingereichte Angebote mit Unterzeichnung. Per Post oder direkt übermittelte Angebote sind in einem verschlossenen Umschlag einzureichen und als solche zu kennzeichnen. Elektronische Angebote sind nach Wahl des Auftraggebers zu übermitteln. Das könnte in Textform oder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach den Anforderungen des Auftraggebers erfolgen.
  4. Für die Öffnung und Verlesung (Eröffnung) der bis zum Ablauf der Angebotsfrist eingegangenen Angebote ist ein Eröffnungstermin nach § 14 Abs. 1 der VOB/A abzuhalten, in dem bei nationalen Ausschreibungen nur die Bieter und ihre Bevollmächtigten zugegen sein dürfen.
  5. Nach Vorlage der Angebote sind diese zunächst nach § 16 Abs. 1 der VOB/A formal danach zu prüfen, ob ggf. ein Ausschluss eines Bieters bei Vorliegen eines Grundes erfolgen muss. Wird festgestellt, dass noch Erklärungen und Nachweise vom Bieter fehlen, kann der Auftraggeber bei nationalen Ausschreibungen nach § 16a VOB/A diese nachträglich verlangen, und zwar innerhalb von sechs Kalendertagen nach Aufforderung durch den Auftraggeber. Bei einer Nichtvorlage zum Nachtermin ist das Angebot auszuschließen.
  6. Anschließend ist die Prüfung der Eignung von Bietern vorzunehmen, und zwar nach Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit mit Bezug auf § 6a der VOB/A. Der Nachweis über die vorhandene Präqualifikation nach VOB kann durch den Bieter auch durch einen abrufbaren Nachweis im Präqualifizierungsverzeichnis erbracht werden.
  7. Danach sind die Angebote nach ihrer Wirtschaftlichkeit zu prüfen, weiterhin auch technisch und rechnerisch. In die engere Wahl sollen nur Angebote kommen, durch die eine rationelle Ausführung und sparsame Wirtschaftsführung gewährleistet werden. Die danach festgestellten Angebotssummen sind in der Niederschrift über den Eröffnungstermin zu vermerken.

Preisnachverhandlung zu Angeboten verboten

Bei einer öffentlichen Ausschreibung darf nach § 15 Abs. 3 VOB/A durch den Auftraggeber mit dem Bieter nicht über den Preis nachverhandelt werden, außer, wenn dies bei Angeboten oder Nebenangeboten auf Grundlage eines Leistungsprogramms nötig ist.
Lediglich nachvollziehbare Darlegungen bzw. Aufklärungen können mit Bezug auf Tz. 3.3.2 in der Richtlinie zum Formblatt 321 – Prüfungs- und Wertungsübersicht – im VHB-Bund (2019) verlangt werden, beispielsweise bei Verdacht auf eine Mischkalkulation sowie zu Fällen, wenn Preise in "einem auffälligen, wucherähnlichen Missverhältnis zur Bauleistung stehen".
Führt eine Öffentliche Ausschreibung zu keinem annehmbaren Ergebnis oder wäre sie aus anderen Gründen (beispielsweise Dringlichkeit, Geheimhaltung) unzweckmäßig, kann anschließend eine beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb und evtl. auch eine freihändige Vergabe erfolgen. Vom Ausschreibenden bliebe dies jedoch zu begründen und ggf. zu beweisen. Das kann der Fall sein, wenn die Angebotspreise in keinem realen Verhältnis zur auszuführenden Leistung stehen.
Den Zuschlag erhält bei nationalen Ausschreibungen nach § 16d Abs. 1, Nr. 1 der VOB/A das wirtschaftlichste Angebot, wofür jedoch der niedrigste Angebotspreis nicht allein entscheidend sein soll. Auf einen unangemessen hohen oder niedrigen Preis darf der Zuschlag nicht erteilt werden. Der Zuschlag ist möglichst bald bzw. mindestens so rechtzeitig zu erteilen, dass dem Bieter die Erklärung noch vor dem Ende der Bindefrist zugeht.
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