Die Nutzungsdauer von Gebäuden richtet sich nach unterschiedlichen Merkmalen und ist im Einkommenssteuergesetz gesetzlich geregelt.
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Was beschreibt die Nutzungsdauer von Gebäuden?
Die Nutzungsdauer von Gebäuden bezieht sich auf die geschätzte Zeitspanne, in der ein Gebäude für seinen beabsichtigten Zweck genutzt werden kann, bevor es wesentliche Reparaturen, Modernisierungen oder eine vollständige Renovierung erfordert. Die Nutzungsdauer hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie beispielsweise der Bauart des Gebäudes, der Qualität der verwendeten Materialien, dem Klima und den Umgebungsbedingungen, außerdem von der Art und Intensität der Nutzung.
Die Nutzungsdauer (ND) von Gebäuden wird in Jahren angegeben. Es ist der Zeitraum, in dem ein Gebäude erfahrungsgemäß genutzt werden kann. Je nach Art des Gebäudes und der Nutzung kann dieser Zeitraum stark variieren. Die Nutzungsdauer liefert die Grundlage für die Berechnung der Abschreibung von Gebäuden als Wertminderung. Bei Gebäuden ist die Nutzungsdauer zu unterscheiden hinsichtlich: - der gesetzlich vorgeschriebenen Nutzungsdauer zur bilanziellen Abschreibung von Gebäuden,
- der kalkulatorischen Abschreibung von Gebäuden als abnutzungsbedingte Wertminderung nach Wirtschaftlichkeit,
- einer Gesamtnutzungsdauer von Gebäuden als Modellansatz bei der Immobilienwertermittlung.
Der Abbruch eines Gebäudes markiert das Ende der tatsächlichen Nutzungsdauer.
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Wie hoch ist die Nutzungsdauer bei bilanzieller Abschreibung?
Nach § 7 Abs. 4 und 5 Einkommensteuergesetz (EStG) sind bei der bilanziellen Abschreibung als Nutzungsdauer anzusetzen für:
Wirtschaftsgebäude = 33 Jahre (mit jährlicher Abschreibung linear von 3 %), für die der Bauantrag nach dem 31. März 1985 gestellt wurde. Erfolgte die Herstellung des Wirtschaftsgebäudes jedoch vor dem 1. Januar 2001 bzw. wurde bis zu diesem Termin der Kaufvertrag wirksam abgeschlossen, dann kann nach § 52 Abs. 21b EStG eine Nutzungsdauer von 25 Jahren angesetzt werden Wohnbauten, einschließlich Eigentumswohnungen bei der Fertigstellung
neu nach dem 31. Dezember 2022 = 33 Jahre (mit jährlicher Abschreibung linear von 3 %) vor dem 1. Januar 2023 und nach dem 31. Dezember 1924 = 50 Jahre (mit Abschreibung linear jährlich von 2 %)
Baudenkmäler eine Nutzungsdauer = 10 Jahre (mit der Abschreibung von 10 % linear oder länger als arithmetisch-degressive Abschreibung nach § 7i Abs. 1 EStG)
Bei kürzerer Nutzungsdauer eines Gebäudes als 50 bzw. 33 Jahre kann die bilanzielle Abschreibung nach der tatsächlichen Nutzungsdauer gemäß § 7 Abs. 5a EStG bemessen werden.
Die tatsächliche Nutzungsdauer
Die tatsächliche Nutzungsdauer kann und wird von den allgemein anzusetzenden Jahren abweichen, sie kann geringer sein oder länger dauern. Zu unterscheiden ist die Nutzungsdauer jedoch vom Lebenszyklus von Gebäuden. Er beginnt bereits mit dem Erwerb eines Grundstücks und ist meistens länger als die wirtschaftliche Nutzungsdauer. Die Lebensdauer kann auch länger als die Nutzungsdauer für die steuerliche Abschreibung sein. Sie reicht bis zum Abbruch des Gebäudes als Ende der tatsächlichen Nutzungsdauer. Vom Finanzministeriums erfolgen Aussagen zur betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer in den AfA-Tabellen für allgemein verwendbare Anlagegüter, die nach dem 31. Dezember 2000 angeschafft oder hergestellt worden sind. In den Abschnitten 1 bis 3 werden beispielsweise angeführt - Kühlhallen mit 20 Jahren
- Kläranlagen mit 20 Jahren
- Hallen in Leichtbauweise mit 14 Jahren
- auch Grundstückseinrichtungen wie Parkplätze u. a.
Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer beruht auf Erfahrungen der steuerlichen Betriebsprüfung. Berücksichtigt wird dabei die technische Abnutzung eines unter üblichen Bedingungen arbeitenden Betriebs. Sie dient als Anhaltspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit der bilanziellen Abschreibung.
Eine vor Ablauf der technischen Nutzbarkeit begründete kürzere Nutzungsdauer kann der Abschreibung nur zugrunde gelegt werden, wenn das Anlagegut vor Ablauf der technischen Nutzbarkeit objektiv wirtschaftlich verbraucht ist.
Was gilt zur Nutzungsdauer bei kalkulatorischer Abschreibung?
Für die kalkulatorische Abschreibung kann ein Zeitraum bis zu 100 Jahren angesetzt werden. In der II. BV (Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz vom 12. Oktober 1990 in BGBl. I, S. 2178, zuletzt geändert vom 23. November 2007) wird in diesem Sinne von der "mutmaßlichen Nutzungsdauer" gesprochen.
Der Ansatz für die kalkulatorische Abschreibung wird meistens als „wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer“ eines Gebäudes verstanden unter der Voraussetzung, dass eine regelmäßige bzw. ordnungsgemäße Instandsetzung und Instandhaltung erfolgt, jedoch ausschließlich von Modernisierungsmaßnahmen.
Als durchschnittliche Aussagen gelten:
o | ca. 60 bis 100 Jahre | für Einfamilienhäuser |
o | ca. 60 bis 85 Jahre | für Mehrfamilienhäuser und Mietwohngebäude |
o | ca. 50 bis 75 Jahre | für gesellschaftliche Gebäude wie Schulen, Kindereinrichtungen, Büro- und Verwaltungsbauten |
o | ca. 30 bis 50 Jahre | für Wirtschaftsgebäude und Handelseinrichtungen bzw. Marktgebäude |
o | ca. 25 bis 40 Jahre | für Industrieanlagen |
o | ca. 15 bis 25 Jahre | für Tankstellen |
Gesamtnutzungsdauer nach Modellansätzen der Wertermittlung
In Anlage 1 der ImmoWertV 2021 vom 14. Juli 2021 (in BGBl. I, S. 2805, in Kraft seit 1. Januar 2022 als Ersatz der vorherigen ImmoWertV 2010) wird die Gesamtnutzungsdauer nach Art der Gebäude in Jahren angegeben. Der Ansatz erfolgt für die Bestimmung sonstiger Daten zur Wertermittlung, z. B. zur Alterswertminderung von Gebäuden.
Danach umfasst die Gesamtnutzungsdauer beispielsweise für:
o | freistehende Ein- und Zweifamilienhäuser, Doppel- und Reihenhäuser | 80 Jahre |
o | Geschäftshäuser | 60 Jahre |
o | Kindergärten, Schulen | 50 Jahre |
o | Sporthallen | 40 Jahre |
o | Produktionsgebäude | 40 Jahre |
o | Autohäuser | 30 Jahre |
o | landwirtschaftliche Betriebsgebäude | 30 Jahre |
Restnutzungsdauer bei Wohngebäuden
Die Restnutzungsdauer von Gebäuden bestimmt sich als Differenz zwischen der am Bewertungsstichtag bereits bestehenden Nutzungsdauer und der Gesamtnutzungsdauer. Nach § 6 Abs. 6 ImmoWertV 2021 ist das die Anzahl von Jahren, die eine bauliche Anlage bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung voraussichtlich noch wirtschaftlich genutzt werden kann.
Erfolgen während der Nutzungsdauer Modernisierungen, Rekonstruktionen, Sanierungen u. a., so haben diese Maßnahmen wiederum Einfluss auf die Restnutzungsdauer mit einer zeitlichen Streckung.
Zur Ermittlung der Restnutzungsdauer von Wohngebäuden bei Modernisierungen werden in Anlage 2 der ImmoWertV 2021 Modellansätze vorgegeben. Grundlage ist eine Bewertung nach zu vergebenden Punkten für einzelne Modernisierungselemente wie Dacherneuerung, Modernisierung Bäder u. a. kurz vor dem Bewertungsstichtag.
Ausgegangen wird dabei davon, dass die Restnutzungsdauer auf maximal 70 % der Gesamtnutzungsdauer gestreckt wird. Aus der ermittelten Modernisierungspunktzahl lässt sich die Restnutzungsdauer des Wohngebäudes mit Bezug auf die Gesamtnutzungsdauer und das Alter des Gebäudes bestimmen.
Was sagt die Alterswertminderung von Gebäuden aus?
Das Alter eines Gebäudes bezieht sich zunächst auf die Zeit zwischen dem Jahresbeginn der bezugsfertigen Herstellung des Gebäudes und dem Zeitpunkt der Bewertung bzw. der Hauptfeststellung. Es kann von der gewöhnlichen Nutzungsdauer, Gesamtnutzungsdauer, wirtschaftlichen Nutzungsdauer und von der bilanziellen Nutzungsdauer für Gebäude abweichen, d. h. kleiner oder größer sein. Die Alterswertminderung wird meistens in Verbindung mit der Bestimmung des Sachwertes von Gebäuden nach dem Sachwertverfahren betrachtet. Die Alterswertminderung bestimmt sich nach:
- § 86 Bewertungsgesetz (BewG vom 13. Februar 1991, zuletzt geändert vom 16. Juli 2021 in BGBl. I, S. 2931) nach „dem Alter des Gebäudes im Hauptfeststellungszeitpunkt und der gewöhnlichen Nutzungsdauer von Gebäuden gleicher Art und Nutzung“, ausgedrückt mit einem %-Satz des Gebäudenormalherstellungswertes.
- § 8 ImmoWertV 2021 nach dem „Verhältnis der Restnutzungsdauer zur Gesamtnutzungsdauer“ des Gebäudes, wobei im Allgemeinen von einer gleichmäßigen Wertminderung bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung, d. h. ohne Modernisierung, auszugehen ist.