Letzte Phase im Lebenszyklus von Gebäuden und baulichen Anlagen
Der Abbruch, oft auch als Rückbau bezeichnet, umfasst die letzte Phase im Lebenszyklus eines Gebäudes bzw. einer baulichen Anlage nach der Stilllegung. Beim Abbruch werden nicht mehr benötigte oder funktionsuntüchtige Bauwerke, Bauwerksteile und technische Anlagen abgetragen.
Für die Errichtung eines Gebäudes bedarf es erforderlicher Genehmigungen. Wer dagegen zuwiderhandelt, kann mit Bußgeld bis hin zur Aufforderung des Abbruchs belegt werden. Im Baugesetzbuch werden dazu im § 179 Aussagen getroffen. Eine Gemeinde kann gegenüber dem Eigentümer des Gebäudes bzw. der baulichen Anlage ein Abbruch- und Rückbaugebot aussprechen und ihn zum Abbruch verpflichten, wenn gegen die Festsetzungen des Bebauungsplanes verstoßen wird oder andere Mängel und Missstände vorliegen. Beim Abbruch bzw. Rückbau entstehen Abbruchkosten. Diese müssen bei der Bewertung eines bebauten Grundstücks mit berücksichtigt werden, weil sie den Verkehrswert gegenüber einem unbebauten Grundstück im Allgemeinen wesentlich mindern können. Weiterhin spielen die Abbruchkosten auch bei der steuerrechtlichen Behandlung eine wesentliche Rolle. Dabei bleibt zu beachten, ob die Abbruchkosten bereits zu den Herstellungskosten zuzurechnen sind. Im Standardleistungsbuch STLB-Bau – Dynamische BauDaten zur Beschreibung von Bauleistungen sind die Abbrucharbeiten Gegenstand des Leistungsbereichs 084. Allgemeine Technische Vertragsbedingungen (ATV) werden in der VOB, Teil C – in der DIN 18459 – Abbruch- und Rückbauarbeiten beschrieben. In dieser DIN werden spezielle Regelungen zur Aufstellung einer Leistungsbeschreibung, zur Ausführung von Abbruch und Rückbau sowie zur Abrechnung der Abbruchleistungen getroffen. Wahl des Abbruchverfahrens
Abbruch durch Abgreifen
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Um einen Abbruch möglichst wirtschaftlich durchzuführen, ist zwischen den zur Verfügung stehenden, oft zweckgleichen Abbruchverfahren zu wählen. Neben der Wirtschaftlichkeit spielen andere bzw. weitere Kriterien bei der Wahl des Abbruchverfahrens eine wesentliche Rolle. Dies sind: Platzverhältnisse, Zeitplan, Lohnkosten, Transportkosten, Entsorgungskosten und rechtliche Rahmenbedingungen. Zu den rechtlichen Rahmenbedingungen zählen z. B. Anforderungen an die Begrenzung von Lärm- und Staubentwicklung sowie Erschütterungen. Die Platzverhältnisse können z. B. den Einsatz großer Geräte ausschließen, wenn es z. B. zu eng ist oder vorhandene Hohlräume unter der Abbruchbaustelle bekannt sind. Die Entsorgungskosten steigen in jedem Fall, wenn das Abbruchobjekt schadstoffbelastet ist.
Die Verfahren zum Abbruch sind gekennzeichnet durch eine bestimmte Kombination der Faktoren Mensch, Maschine, Gerät, Werkzeug und Vorrichtungen. So kommen beim Abbruch z. B. viele als Erdbaumaschinen typisierte Maschinen zum Einsatz, die ausgestattet mit Werkzeugen, wie Greifer oder Birne z. B. zum Abgreifen oder Einschlagen von Decken, Gewölbe, Fundamentplatten oder Wänden dienen (u. a. Seilbagger mit Birne).
Die Abbruchverfahren werden in der Normierung beschrieben und reichen von mechanischen Verfahren, wie z. B. Einschlagen, Eindrücken, Abgreifen, Stemmen, Einreißen oder Sprengen über thermische Verfahren, wie Plasmaschneiden, Brennschneiden mit Sauerstoffkernlanzen und Brennschneiden mit Pulverschneidbrennern bis hin zu den hydraulischen Verfahren, wie Hochdruckwasserschneiden.
Charakteristik der Abbruchverfahren anhand ihrer Merkmale
(Beschreibung in Anlehnung an: Deutscher Ausschuss für Stahlbeton; Heft 462; "Umweltgerechter Rückbau und Wiederverwertung mineralischer Baustoffe"; Beuth Verlag GmbH.)
Mechanische Abbruchverfahren
Bei den mechanischen Abbruchverfahren werden zum einen Zug-, Biegezug- und Scherspannungen erzeugt, um damit die Bauteile statisch und dynamische zu belasten, bis diese abbrechen oder durch Bohren, Sägen und Schälen Sollbruchstellen erzeugt, Bauteile getrennt oder Schichten abgehoben werden. Mechanische Abbruchverfahren sind in der Praxis bewährt und kommen täglich vielerorts zum Einsatz.
Die mechanischen Verfahren können von Hand oder mit Baumaschinen wie Baggern, Hydraulikbaggern, Seilbaggern, Kranen, Ladern, LKW als Zug und Trägermaschinen durchgeführt werden. Werkzeuge, die zum Einsatz kommen, sind u. a. Greifer, Fallgewichte (z. B. Fall-/Abrissbirne), Stoßarme, Seilzüge und Abbruchstiele. Weitere Vorrichtungen, die Verwendung finden, sind Winden und Flaschenzüge.
Das kostengünstigste mechanische Abbruchverfahren ist das Einschlagen mit Gewichten, wobei das Ziel ist, dass die Abbruchteile möglichst in das Gebäudeinnere fallen. Zum Einsatz kommt z. B. ein Seil- oder Hydraulikbagger mit Fallgewicht. Es sind drei mögliche Techniken anwendbar:
der senkrechte Fall der Birne, um z. B. Decken, Gewölbe und Fundamentlatten einzuschlagen,
der waagerechte und
der seitliche Schlag, um Wände abzubrechen.
Ein besonders erschütterungsarmes mechanisches Abbruchverfahren ist das Abtragen. Es kann von Hand oder mit Werkzeugen an Trägergeräten wie einem Hydraulikbagger erfolgen. Zum Einsatz kommendes Werkzeug ist der Abbruchhammer. Das Abtragen geht häufig anderen Abbruchverfahren voran, da damit z. B. einzelne Bauteile getrennt werden. Wird von Hand abgetragen, muss das Gebäude begehbar bleiben und immer wieder auf Standsicherheit geprüft werden, evtl. sind Aussteifungen oder Abstützungen vorzunehmen, die das Abtragen kostenintensiver machen.
Beim Abgreifen mit einem Greifer oder einer Zange kommt großes und schweres Abbruchgerät. z. B. Seilbagger oder Hydraulikbagger. zum Einsatz. Das bedeutet, dass dieses mechanische Abbruchverfahren vor allem durch einen hohen Platzanspruch gekennzeichnet ist, zudem muss ausreichende Standsicherheit für das Gerät gewährleistet sein und das Gerät muss über eine ausreichende Reichweite verfügen, da das Abgreifen von oben her geschieht.
Das Eindrücken mit Stoßarm ist ein mechanisches Abbruchverfahren, bei dem mittels hydraulischem Gerät (Hydraulikbagger) ein Vollabbruch bewirkt wird. Um diesen kontrolliert vornehmen zu können, muss das Gerät bis zum höchsten Punkt des Gebäudes reichen. Um nach außen fallende Abbruchteile zu vermeiden, darf der Stoßarm maximal 60 cm unter der Wandkrone angesetzt werden. Das Verfahren ist effizient, aber auch sehr laut, staubig und erschütterungsintensiv.
Das Einreißen als mechanisches Abbruchverfahren wird unterschieden in:
das Einreißen mit Seilzug und
das Einreißen mit Abbruchstiel.
Das a) Einreißen mit Seilzug nutzt als Zugvorrichtung Winden und Flaschenzüge oder Zuggeräte wie Bagger, Lader oder LKW. Drei mögliche Wirkungsmechanismen werden bei diesem mechanischen Abbruchverfahren unterschieden:
Einziehen, wobei das gesamte Abbruchobjekt von unverschiebbaren Seilen umspannt und dann in Fallrichtung eingezogen wird.
Einschnüren, wobei frei stehende, mehrgeschossige Gebäude mit fast quadratischem Grundriss meist im 1. OG mit einer Seilschlinge eingeschnürt werden. Bei Zug knicken die Außenwände nach innen ein und das Gebäude stürzt infolge der Scheibenwirkung der Decken in Zugrichtung ein.
Knicken von Stürzen und Wänden, wobei beidseitig eingespannte Stützen und Wände in halber Höhe mit einem Seil umschlungen und durch Zug senkrecht zur Systemachse geknickt werden. Dabei kommt es zu einem nahezu vertikalen Zusammensturz.
Abbruch mit teleskopierbarem Abbruchstiel
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Beim Einreißen mit Abbruchstiel kommen Bagger mit einem teleskopierbaren Arm mit integriertem Reißwerkzeug, dem Abbruchstiel zum Einsatz. Es können damit Voll- oder auch Teilabbrüche vorgenommen werden. Von Vorteil ist bei diesem Abbruchverfahren, dass ein Betreten des Abbruchobjektes nicht nötig ist und dass z. B. der Abriss von Mauerwerksbauten nur sehr geringe Abbruchzeiten erfordert.
Das Demontieren ist ein mechanisches Abbruchverfahren für Abbruchobjekte im Hochbau wie Brücken, Hallen, Maste und Silos, die aus Stahl, Stahlbeton- und Spannbetonfertigteilen, aus Holz oder feingliedrigem monolithischem Stahlbeton gebaut sind. Die Bauwerke werden durch Abtrennen von Bauteilen und Lösen von Verbindungen in der Regel entgegen der Montagereihenfolge auseinandergenommen. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Stabilität der Reststruktur, die durch Statiker sichergestellt werden muss. Auch Trennschnitte durch Sägen oder thermisches Trennen sollten vom Statiker festgelegt werden. Vor dem eigentlichen Trennen der Bauteile müssen diese gegen Herabstürzen durch Anschlagmittel und Hebezeuge gesichert werden. Hier kommen als Geräte meist Krane zum Einsatz.
Beim Sprengen von Abbruchobjekten können:
- Explosivstoffe und
- hydraulische Spaltgeräte
zum Einsatz kommen. Das Sprengen mit Explosivstoffen kann zum Totalabbruch, aber auch zum Zerlegen von Bauwerksteilen genutzt werden. Es werden drei Verfahren der Sprengung mit Explosivstoff unterschieden:
Schornsteinsprengung
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- Lockerungssprengung: Nachfolgende mechanische Abbruchverfahren wie Abgreifen, Abtragen und Einschlagen sollen vorbereitet und erleichtert werden.
- Zertrümmerungssprengung: Dadurch sollen Nachzerkleinerungsarbeiten nicht mehr notwendig sein.
- Einsturzsprengung: Eine Totalzerstörung soll durch planmäßigen Zusammenbruch erreicht werden.
Beim Sprengen mit Explosivstoff sind die räumlichen Umstände zu beachten. Es wird eingesetzt, wenn andere Abbruchverfahren zu umständlich oder zu schwierig wären, oder nur kleine Zeitfenster zur Verfügung stehen, z. B. beim Sprengen von Brücken über nur kurzzeitig absperrbaren Straßen oder Eisenbahnlinien. Gesprengt werden zudem Hochhäuser, Türme, Schornsteine und hochbewehrte Fundamente. Das entstehende Abbruchmaterial wird im Anschluss an die Sprengung durch Abtragen und Abgreifen beseitigt.
Das Sprengen mit hydraulischem Spaltgerät wird als mechanisches Abbruchverfahren vor allem beim kontrollierten Zerlegen schwerer Betonteile angewandt. Es kommt häufig in Kombination mit Abbruchhämmern zum Einsatz und dort, wo Sprengungen mit Explosivstoff nicht möglich sind, z. B. bei Teilabbrüchen oder Abbrüchen in unmittelbarer Nähe von stehenbleibenden Bauwerken usw. Im ersten Arbeitsgang werden Öffnungen für die hydraulischen Spaltwerkzeuge, wie Hydraulik-Sprengleisten, Sprengschläuche, hydraulische Pressen oder hydraulische Spaltwerkzeuge für Keilsprengungen hergestellt. Im zweiten Schritte erfolgt die hydraulische Sprengung und im Anschluss das Beräumen der Abbruchmaterialien.
Ein weiteres mechanisches Abbruchverfahren ist das Schälen. Es wird zum Abtragen der Zementhaut auf Betonbauteilen eingesetzt. Das ist die Randzone der Betonfläche, die nur aus Zementstein und -feinmörtel besteht und stufenlos in die Normalbetonzone übergeht.
Die mechanischen Abbruchverfahren Sägen und Bohren werden meist vorbereitend für andere Verfahren benötigt. Mit ihnen werden maßgerechte Trennschnitte für Teilabbrüche gesetzt, umso das Einschlagen, Einreißen, Eindrücken oder Sprengen zu unterstützen, aber auch um beispielsweise Ausgangspunkte für den Einsatz von Pulverbrennschneidern zu setzten. Zum Einsatz kommen Werkzeuge wie: Diamantsägen, Diamantstichsägen, Diamantseilsägen, Vollbohrer und Schlagbohrer bzw. Kernbohrer.
Thermische und hydraulische Abbruchverfahren
Thermische Abbruchverfahren können nach ihrer Wirkungsweise unterschieden werden. Zum einen gibt es das Thermische Trennen durch direkte Erhitzung, wobei durch Wärmeleitung und Strahlung Rissbildungen, Absplitterungen, Schmelz- bzw. Verdampfungsvorgänge bewirkt werden. Zu diesem Bereich zählen das Bohren und Trennen mit Sauerstoffkernlanzen, das Trennen mit Pulverschneidbrennern, das Schneiden mit Plasmabrennern und die Schmelztechnik mit Thermit.
Thermischer Abbruch mit energiereicher Strahlung ist weiter in der Entwicklung. Zukünftig könnten Laser-, Elektronen- und Infrarotstrahlung beim Abbruch zum Einsatz kommen. Auch thermisches Trennen mit elektromagnetischer Energie ist in der Entwicklung und lässt sich über fließende Ströme (in Form von elektrischem Durchschlag, Wärmedurchschlag), durch elektrische Felder (über Mikrowellen oder Kondensator-Felder) oder über magnetische Felder bewerkstelligen.
Hydraulische Abbruchverfahren basieren auf Wirkungsweisen wie Auswaschen, Kavitation (Bildung und Auflösung von dampfgefüllten Hohlräumen in Flüssigkeiten) und Geschosseffekt. In der Praxis kommen hydraulische Abbruchverfahren beim hydraulischen Schneiden mit Hochdruck-Wasser-Sandstrahlen und beim Wasserwerfen im Impulsbetrieb zur Anwendung.
Abbruchstoffe
Die durch die Abbrucharbeiten anfallenden Abbruchstoffe und Bauteile wie Boden, Bauschutt, Altholz, Metall, Kunststoffe, Abdichtstoffe, Glas, Dämmstoffe, Pappe, Verbundstoffe, Altbeschichtungen, Bauabfälle aus Brandschäden, Teile aus Elektrotechnik, Aufbruch aus Straßen, Wegen und Plätzen, Entwässerungsbauteile, pflanzliche Reststoffe, Reinigungsrückstände oder Schadstoffe müssen nach den abfallrechtlichen Bestimmungen getrennt, gesammelt und gelagert werden. Sie sind im Sinne des "Gesetzes zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen" so weit wie möglich einer Wiederverwertung zuzuführen, bzw. wenn sie nicht wiederverwertbar sind, zu entsorgen bzw. zu deponieren. Diese Forderungen dienen der Abfallvermeidung und der Schonung der natürlichen Ressourcen. Die Abbruchstoffe werden in Verwertungsanlagen, Entsorgungsstellen, Deponien oder Müllverbrennungsanlagen gebracht, für deren Nutzung Gebühren wie Kippgebühren, Deponiegebühren und Entsorgungsgebühren anfallen, die wiederum Bestandteil der Abbruchkosten sind.