Die Bauablaufplanung ist ein wichtiges Instrument zur Organisation eines Bauvorhabens. Sie dient der Darstellung von notwendigen Prozessen, um das Projektziel zu erreichen. Peter Wotschke, Professor für Baubetrieb und Bauwirtschaft, gibt nützliche Tipps aus der Praxis.
Was ist eine Bauablaufplanung?
Durch eine gewissenhafte Bauablaufplanung können Baumaßnahmen effizienter, termingerechter und kostengünstiger ausgeführt werden, um das Projektziel zu erreichen. Ziel des Projekts ist, innerhalb des vereinbarten Zeitfensters, zum vereinbarten Preis die vereinbarte Leistung mangelfrei zu erbringen. Die Bauablaufplanung hilft dabei, Verzögerungen und zusätzliche Kosten zu vermeiden und die Qualität zu sichern.
Die termingerechte Bauausführung benötigt einen Bauzeit- oder Bauzeitenplan als konkrete Grundlage für den Bauablauf nach den einzelnen Bauarbeiten bzw. Arbeitsabschnitten.
Im Rahmen der Bauablaufplanung werden die Dauern der benötigten Arbeitspakete und die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Arbeitspaketen und Ereignissen abgebildet. Wird die Bauablaufplanung um konkrete Termine, z. B. für Beginn und Ende, aber auch um Feiertage und Ferienzeiten ergänzt, wird daraus eine Terminplanung bzw. Bauzeitenplanung. In der Praxis werden die Begriffe Bauablaufplanung, Terminplanung und Bauzeitenplanung häufig synonym verwendet.
Bauablaufplanung in der HOAI
Grundlagen für die Bauablaufplanung bilden:
- Arbeitszeit- und Leistungsansätze aus der jeweiligen Leistungsphase bzw. der Angebots- oder Auftragskalkulation und
- Festlegungen zur täglichen Arbeitszeit, Kolonnenzusammensetzung und zum Einsatz von Baumaschinen und Geräten.
Darstellungen im Bauwesen
Folgende Darstellungen sind in der Baubranche üblich:
Der Netzplan basierend auf der Netzplantechnik, als vollständig rechenbares Modell regelmäßig verwendet für komplexe Bauvorhaben (Regelungen dazu in der DIN 69900 ff). Die Darstellung erfolgt in Form von Elementen gleicher Größe, die durch Anordnungsbeziehungen verknüpft sind und damit ein Vorgangsnetz bilden. Netzpläne stellen eine stark reduzierte, abstrahierte Abbildung dar, deren Nutzung selten intuitiv gelingt. Das Balkendiagramm, synonym auch als „Gantt-Diagramm“ bezeichnet, basiert wie der Netzplan auf der Netzplantechnik. Da die Länge der Balken proportional zur Dauer erfolgt, sind die Pläne wie ein Arbeitskalender lesbar. Sie finden bei Projekten des Hochbaus die meiste Anwendung. Das Weg-Zeit-Diagramm, synonym auch als „Linien-Diagramm“ bezeichnet, basiert wie der Netzplan auf der Netzplantechnik. Im Unterschied zum Balkendiagramm wird die Zeitachse üblicherweise nicht auf der Abszisse, also horizontal, aufgetragen, sondern auf der Ordinate, also vertikal. Bei häufiger Verwendung von Darstellungen als Balken- und als Weg-Zeit-Diagramm kann es daher zu Verwirrungen kommen. Anwendung findet diese Darstellung bei Linienbaustellen, daher vorrangig im Tief-, Straßen-, Rohrleitungs- und Gleisbau.
Die Wahl der Darstellungsform wird bestimmt durch das Ziel, den Bauablauf einfach erstellen und modifizieren, gut lesen und im Hinblick auf den Projektfortschritt schnell auszuwerten zu können. Auf dieser Grundlage lassen sich sodann auch zukünftige Aktivitäten zeitlich planen. Damit können Vorhersagen gemacht werden, wann diese erfolgen können und welche Auswirkungen diese auf die Gesamtfertigstellung haben. In diesen Punkten unterscheiden sich die vorgenannten Darstellungen nicht.
Die Bauablaufplanung soll die optimale zeitliche und logistische Planung aller Bauaktivitäten gewährleisten.
Bild: © f:data GmbH
Elemente eines Bauablaufplans
Vorgänge
Bauleistungen werden in sinnvolle Arbeitspakete zusammengefasst und als Vorgangsbalken dargestellt. Was dabei als „sinnvoll“ zu verstehen ist, hängt u. a. davon ab:
- welchen Umfang die Baumaßnahme hat,
- welchen Detaillierungsgrad der Plan haben soll und
- welchen Zweck der Plan im Einzelnen erfüllen soll.
Die Balken werden mit einer Länge auf der Zeitachse dargestellt, die proportional zu der Dauer ist, die mit dem Vorgangsbalken abgebildet wird.
„Machen Sie sich klar, was Sie in den Vorgängen abbilden wollen, bevor Sie den Terminplan erstellen. Mit dem Bauablaufplan soll der gesamte Leistungsumfang auf der Zeitachse abgebildet werden – aber was wird wo dargestellt? Unklare Abgrenzungen, was genau eine „Grobmontage“ von einer „Feinmontage“ unterscheidet, kann schnell zu Streit darüber führen, wie weit die Arbeiten vorangeschritten sind. Zu einem Bauablaufplan sollte es daher immer einen Begleitbericht geben, in dem festgehalten wird, was genau in den einzelnen Vorgängen abgebildet wird.“
Meilensteine
Meilensteine sind Vorgänge mit der Dauer „Null“. Hat ein Vorgangsbalken die Dauer Null, so bildet er keine Tätigkeit ab, sondern einen Zustand bzw. ein Ereignis. Diese Darstellung wird als Meilenstein bezeichnet. Meilensteine können dazu genutzt werden, mit wenigen Informationen den Gesamtüberblick über den zeitlichen Fortschritt der Baumaßnahme zu geben. Wichtige Zwischenziele, die häufig auch als Vertragstermine festgeschrieben werden, können so überwacht werden. Als Methode kann dafür die Meilenstein-Trendanalyse verwendet werden.
„Meilensteine sollten wie eine geschlossene Frage formuliert werden, auf die es immer eine eindeutige Antwort geben muss. Typische Meilensteine sind „Vertrag unterschrieben“, „Betonagen abgeschlossen“ oder „Abnahme erteilt“. Auf die Frage, ob ein Meilenstein erreicht wurde, muss eindeutig mit „Ja“ oder „Nein“ geantwortet werden. Ein „überwiegend“ oder „eigentlich“ ist keine zulässige Antwort. Alles, was kein „Ja“ ist, muss ein „Nein“ sein.“
Sammel- und Summenvorgänge
Sammel- und Summenvorgänge sind Strukturierungselemente, die Vorgänge und Meilensteine zusammenfassen. Sie stellen selbst keine Tätigkeiten dar, werden nicht mit Anordnungsbeziehungen versehen und nicht mit Ressourcen (Arbeit, Geld, Material, Gerät etc.) hinterlegt.
Begleitvorgänge
Vorgänge, die ihre Dauer variabel an den Terminplan anpassen, werden als Begleitvorgänge bezeichnet. Begleitvorgänge werden durch zwei andere Elemente, Meilensteine oder Vorgänge, bedingt. Ein Element definiert per Anfang-zu-Anfang-Verknüpfung den Beginn des Vorgangs, während ein zweites Element per Ende-zu-Ende-Verknüpfung das Ende des Vorgangs markiert.
Anordnungsbeziehungen in einem Bauablaufplan
Verknüpfungstypen
Die terminliche Lage eines Elements im Bauablaufplan sollte nicht per Termineingabe festgelegt, sondern berechnet werden. Meist wird die Vorwärtsrechnung von einem festgelegten Startpunkt aus durchgeführt. Dabei wird ermittelt, welches die frühestmögliche Lage der Elemente ist. Alternativ kann auch eine Rückwärtsrechnung von einem festgelegten Endpunkt aus durchgeführt werden. In diesem Fall wird ermittelt, welches die spätestnötigste Lage der Elemente ist.
Nur durch richtige Verknüpfungen von Elementen lassen sich Änderungen im Ablauf oder in den Einzelfristen mit ihren Auswirkungen auf nachfolgende Elemente richtig darstellen. Eine solche Berechnung stützt sich dabei auf die terminliche Lage der Elemente, die eine Voraussetzung für Beginn oder Ende eines Elements darstellen. Diese Zusammenhänge zwischen Elementen werden als Anordnungsbeziehungen oder auch Abhängigkeiten bezeichnet und durch Verknüpfungspfeile dargestellt.
In der Regel werden Anfangs- und / oder Endpunkte von Elementen verknüpft. Das Element, an dem die Verknüpfung ihren Anfang hat, wird zum Vorgänger, während das Element, an dem die Verknüpfung ihr Ende hat, zum Nachfolger wird.
Dabei sind folgende Konstellationen möglich:
Anordnungsbeziehungen in einem Bauablaufplan.
Bild: © Wotschke, P. (2010): B., Wirths, M. (Hrsg). Entwicklung und Abwicklung von Bauprojekten im Bestand
Normalfolge
- Ende-Anfang (EA): Der Nachfolger beginnt, wenn der Vorgänger endet.
- Beispiel: Schalung ENDE-ANFANG Betonage.
- Bedeutet: Das Ende des Herstellens der Schalung für eine Ortbetonwand ist Voraussetzung dafür, dass mit der Betonage der Wand begonnen werden kann. Diese Konstellation bezeichnet man auch als Normalfolge.
Endfolge
- Ende-Ende (EE): Der Nachfolger endet, wenn der Vorgänger endet.
- Beispiel: Leitungen installieren ENDE-ENDE Leitungen prüfen.
- Bedeutet: Das Prüfen der Leitungen kann erst abgeschlossen werden, wenn das Ende der Installation von Elektroleitungen erreicht ist. Diese Konstellation bezeichnet man auch als Endfolge.
Anfangsfolge
- Anfang-Anfang (AA): Der Nachfolger beginnt, wenn der Vorgänger beginnt.
- Beispiel: Beton einbringen ANFANG-ANFANG Beton verdichten.
- Bedeutet: Das Verdichten des Betons kann erst begonnen werden, wenn mit dem Einbringen des Betons begonnen wurde. Diese Konstellation bezeichnet man auch als Anfangsfolge.
Sprungfolge
- Anfang-Ende (AE): Der Nachfolger endet, wenn der Vorgänger beginnt.
- Beispiel: Fertigteile herstellen ANFANG-ENDE Fertigteile planen.
- Bedeutet: Die Fertigteilplanung endet, wenn die Fertigteile hergestellt werden. Diese Konstellation bezeichnet man auch als Sprungfolge.
„Die Sprungfolge sorgt regelmäßig für Verwirrung, weil durch diese Konstellation der Nachfolger zeitlich vor dem Vorgänger liegt. Aus diesem Grund wird die Sprungfolge nach Möglichkeit vermieden. Sie wird verwendet, wenn der Nachfolger nicht zeitlich bestimmen soll, welche Lage der Vorgänger hat. In dem o. g. Beispiel bedeutet das, dass zwar die Fertigteilplanung notwendige Voraussetzung für die Fertigteilherstellung ist. Doch ist in der Zeitplanung die Herstellung (und in weiterer Folge die Lieferung und Montage) die bestimmende Größe, die Planung wird zeitlich darauf abgestellt.“
Vorgangsbeziehungen werden häufig mit zeitlichen Distanzen versehen. Diese Distanzen verdeutlichen z. B. Wartezeiten. Dies kann erforderlich sein, um Abbinde-, Aushärtungs- oder Trocknungsprozesse zu berücksichtigen. Wartezeiten sind keine Tätigkeiten und werden daher nicht durch Vorgangsbalken dargestellt.
Verknüpfungsarten
In einem vollständig verknüpften Terminplan hat in der Regel jedes Element mindestens einen Vorgänger und einen Nachfolger. Ausnahme sind immer Start- und Endmeilenstein. Weitere Ausnahmen sind denkbar, jedoch im Einzelfall zu prüfen.
Vollständig verknüpfte Terminpläne werden benötigt, um kritische Elemente identifizieren zu können. Als „kritisch“ werden Elemente bezeichnet, die keinen Puffer haben, deren Endverschiebung somit auch direkt zu einer Verschiebung des Projektendes führt.
Drei Arten von Verknüpfungen werden unterschieden:
Technologische Verknüpfungen
Diese sind zwingend einzuhalten und erlauben keine Wahlmöglichkeit, da sie sich unmittelbar aus den technischen Erforderlichkeiten der Leistungserstellung, wie etwa allgemeinen Naturgesetzen oder konkreten Bauinhalten, ergeben. Die Betonage eines Ortbetonbauteils erfolgt nach dem Schließen der Schalung – nicht umgekehrt.
Kapazitive Verknüpfungen
Sie verdeutlichen, dass die Kapazitäten des Ausführenden, vor allem Personal und Gerät, nicht uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Derartige Verknüpfungen stellen also dar, dass zwei Vorgänge nacheinander erfolgen sollen, weil nicht genug Kapazitäten bereitgestellt werden können, um die Vorgänge zeitgleich ablaufen zu lassen. Durch Erhöhung der Kapazitäten (Beschleunigungsmaßnahmen) können solche Verknüpfungen aufgelöst werden. Durch Bereitstellung eines zweiten Krans können mehr Montagekräfte angedient werden und Abschnitte, die nacheinander geplant waren, nun parallel bearbeitet werden.
Präferentielle Verknüpfungen
In Terminplänen finden sich Verknüpfungen, die weder technologisch noch kapazitiv begründet sind. Diese haben ihren Ursprung meist in bauablauftechnischen Vorgaben des Terminplaners oder in den Vorstellungen anderer am Bauvorhaben Beteiligter. Diese Art von Verknüpfungen können auch ohne Beschleunigungsmaßnahmen aufgelöst werden. Sie ermöglichen durch einfache Ablaufumstellungen die Änderung von kritischen Pfaden.
Herzlichen Dank an Prof. Dr. Peter Wotschke, Professor für Baubetrieb und Bauwirtschaft der HWR Berlin, Vorstand der BMC Baumanagement & Controlling AG, für die fachliche Unterstützung bei diesem Artikel auf bauprofessor.de.