Baukalkulation / Angebot / Nachträge

Bagatellgrenzen bei Preisgleitklauseln

Die Bagatellgrenze bei Preisgleitklauseln ist jeweils in Verbindung mit der Selbstbeteiligung bei Preisgleitklauseln zu betrachten. Sie unterscheiden sich voneinander durch die zugrunde liegende Bezugsgröße. Der Berechnung einer Bagatellgrenze ist die Abrechnungssumme eines Bauauftrags zugrunde zu legen, solange die endgültige Abrechnungssumme einer Baumaßnahme mit vereinbarter Preisgleitklausel noch nicht feststeht. Demgegenüber wird mit der Selbstbeteiligung des Bauunternehmens als Auftragnehmer ein Mindestbetrag bzw. prozentuale Grenze von den ermittelten Mehraufwendungen bei einer vereinbarten Preisgleitklausel ausgedrückt.
Für die Bagatellgrenzen und die Selbstbeteiligung sind Mehr- und Minderbeträge sowie die heranzuziehende Abrechnungssumme jeweils ohne  Umsatzsteuer anzusetzen.

Heranzuziehende Regelungen

Maßgebend zu Bagatellgrenzen für öffentliche Bauaufträge sind allgemein Regelungen in Verbindung mit der Selbstbeteiligung und Abrechnung von Minder- und Mehraufwendungen in den Vergabehandbüchern, so für:
  • Hochbaumaßnahmen im Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017, Stand 2019) in den Richtlinien zu den Formblättern 224 (Lohngleitklausel unter Tz. 5), 225 (Stoffpreisgleitklausel unter Tz. 3.2) und Stoffpreisgleitklausel zu Nichteisenmetallen nach Formblatt 228 (unter Tz. 2.3),
  • Straßen- und Brückenbaumaßnahmen im Handbuch für die Vergabe und Ausführung von Bauleistungen im Straßen- und Brückenbau (HVA B-StB, Ausgabe August 2019) nur zur Stoffpreisgleitklausel im Teil 3 unter Tz. 3.2 – Abrechnung (Nr. 44), da eine Lohngleitklausel nach Tz. 1.3 (Nr. 18) im Teil 1 grundsätzlich nicht zu vereinbaren ist.

Bagatellgrenze zur Lohngleitklausel

Bei einer Lohngleitklausel für Baumaßnahmen im Hochbau entspricht die Bagatellgrenze für eine Vergütung von Mehraufwendungen zugleich einer Selbstbeteiligung von 0,5 % von der Abrechnungssumme als insgesamt tatsächlich erbrachter Bauleistung. Ist jedoch die Selbstbeteiligung größer als die Summe der Lohnerhöhung, dann ist der Erstattungsbetrag im Angebot mit 0,00 € anzusetzen. Zu berücksichtigen ist dabei der bis zum Zeitpunkt der Lohnänderung erbrachte Umfang der Bauleistungen, nachweisbar durch ein ggf. gemeinsames Aufmaß der Partner. Ein Mehrbetrag kann erst geltend gemacht werden, wenn der Bagatell- und Selbstbeteiligungsbetrag überschritten ist. Bis zur Feststellung der Auftragssumme werden 0,5 % der Abrechnungssumme zugrunde gelegt. Vermeidbare Mehraufwendungen werden nicht erstattet, beispielsweise infolge von vom Bauunternehmen zu verantwortenden, überschrittenen Bauausführungsfristen.

Bagatellgrenze zur Stoffpreisgleitklausel

Bei einer Stoffpreisgleitklausel von Bundesbaumaßnahmen sowohl im Hochbau als auch im Straßen- und Brückenbau und bei Nichteisenmetallen umfasst die Bagatellgrenze mindestens 2 % der Abrechnungssumme der im Verzeichnis für die Stoffpreisgleitklausel aufgeführten Positionen im Leistungsverzeichnis (LV) mit ihren Ordnungszahlen. Diese Bagatellgrenze ist bis zur Feststellung der endgültigen Abrechnungssumme zugrunde zu legen. Bei danach feststehender Abrechnungssumme ist eine Selbstbeteiligung von 10 % der Mehraufwendungen maßgebend und von den Bauunternehmen als Auftragnehmer zu tragen. Bei der Ermittlung der Mehr- und Minderaufwendungen sind nur die Baustoffmengen zugrunde zu legen, für die nach dem Vertrag eine Vergütung zu gewähren ist. Sofern eine vereinbarte Pauschalisierung der Vergütung erfolgte, werden nur die vereinbarten pauschalen Baustoffmengen herangezogen.
Für die Bagatellgrenzen und die Selbstbeteiligung sind Mehr- und Minderbeträge sowie die heranzuziehende Abrechnungssumme jeweils ohne Umsatzsteuer anzusetzen.
Für die Berechnung von Mehr- und Minderaufwendungen wurde von den Bauverbänden und der BWI-Bau GmbH ein Leitfaden zur "Berechnung von Mehr- und Minderaufwendungen bei der Anwendung von Stoffpreisgleitklauseln in Bauverträgen (2015)" einschließlich von Berechnungsbeispielen erarbeitet und zur Anwendung empfohlen.

Sonderregelungen zur Stoffpreisgleitklausel als Folge des Ukraine-Kriegs

Sowohl zu Hochbaumaßnahmen als auch Baumaßnahmen im Straßen- und Brückenbau ergingen gleichlautende Erlasse der betreffenden Ministerien (BMWSB und BMVD) zu „Lieferengpässen und Stoffpreisänderungen wichtiger Baumaterialien als Folge des Ukraine-Kriegs“ vom 25. März 2022 und ergänzend vom 22. Juni 2022 mit Klarstellungen, geltend bis 31. Dezember 2022. Danach kommt eine nachträgliche Einbeziehung einer Stoffpreisgleitklausel in einem bestehenden Bauvertrag infrage, wenn Preissteigerungen nach dem Kriegsausbruch am 24. Februar 2022 eingetreten sind.
Als bestehende Verträge sind nach Tz. IV in den Erlassen vom 22. Juni 2022 alle Verträge anzusehen, die bis zu 14 Kalendertage nach Kriegsausbruch, d. h. vor dem 11. März 2022 ohne Vereinbarung einer Stoffpreisgleitklausel submittiert wurden. 
Um Bagatellen zu vermeiden, sind bei neuen Vergabeverfahren nach Tz. II.3 in den Erlassen vom 22. Juni 2022 Stoffpreisgleitungen erst vorzusehen, wenn die geschätzten Kosten für den Stoff einen Betrag von 5.000 € überschreiten. Dies gilt für alle Stoffgruppen, die in den Erlassen vom 25. März 2022 benannt wurden sowie für alle weiteren Stoffe, die von den Bauverwaltungen nach eigenen Ermessen für die Stoffpreisgleitung vorgesehen werden.
Bauprofessor-Redaktion
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