Ein Leistungsverzeichnis im Bauwesen ist ein Dokument, das alle für die Preisfindung wichtigen Informationen für ein Bauvorhaben enthält. Es besteht aus Einzel- bzw. Teilleistung und ist Grundlage für die Angebotskalkulation. Was ist ein Leistungsverzeichnis?
Das Leistungsverzeichnis (LV) bildet zusammen mit der Baubeschreibung die Grundlage für die Angebotskalkulation. Das LV ist häufig nach Leistungsbereich gegliedert und stellt dabei den Kontext für die Sprache aller am Bau Beteiligten her. Es besteht aus einer Vielzahl von Einzel- bzw. Teilleistungen, die wiederum als Positionen inhaltlich unterschiedlich strukturiert werden. Das Leistungsverzeichnis ist Kernbestandteil jeder Ausschreibung. Es legt die geforderten Leistungen exakt fest, die dann später auch auf der Baustelle umgesetzt werden.
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Leistungsverzeichnis als Leistungsbeschreibung
Das Leistungsverzeichnis bildet die Grundlage für eine spezielle Form der Leistungsbeschreibung. Sie kann vom Bauherrn als „Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis“ für die Ausschreibung einer Baumaßnahme vorgesehen werden. Grundlagen hierfür liefern die Aussagen in der VOB Teil A zu nationalen Ausschreibungen im Unterschwellenbereich in § 7 b im Abschnitt 1 (Basisparagrafen) sowie in § 7 b EU im Abschnitt 2 zu EU-weiten Ausschreibungen bei Erreichen der Schwellenwerte und nach § 7 b VS im Abschnitt 3 der VOB/A bei verteidigungs- und sicherheitsspezifischen Baumaßnahmen. Danach sind die auszuführenden Leistungen eindeutig und erschöpfend zu beschreiben. Alle Bieter müssen die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen und danach für ein Angebot sichere Preise kalkulieren zu können. Dafür sind ausschließlich Art und Umfang der auszuführenden Leistungen und alle für die Bauausführung beeinflussenden Umstände zu beschreiben.
In den Vorbemerkungen eines Leistungsverzeichnisses dürfen nur Regelungen technischen Inhalts aufgenommen werden, die einheitlich für alle beschriebenen Leistungen gelten.
Wie ist ein Leistungsverzeichnis gegliedert?
Im Allgemeinen wird als Struktur des LV folgende Grundgliederung aus den GAEB-Regelwerken herangezogen: - Gewerk (Leistungsart bzw. ggf. Los)
- Leistungstitel (Leistungsort bzw. Abschnitte im Straßenbau)
- Untertitel (bzw. Unterabschnitte im Straßenbau)
- Positionen (Teilleistungen), Positionsindex
Gewerk, Titel und Untertitel stellen als Typ den Leistungsbereich (LB) als fachlich abgrenzbaren Bereich dar. Für die LB gelten in der Regel die Bezeichnungen der Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen (ATV), die in der VOB Teil C als DIN ausgewiesen werden, beispielsweise DIN 18300 Erdarbeiten usw. Für die LB ist es auch möglich, eine individuell festgelegte Differenzierung bzw. selbst gewählte Betitelung vorzunehmen. Leistungspositionen können nach verschiedenen Positionsarten auftreten und unterschieden werden. Mit Hilfe der einzelnen Positionsarten lässt sich ein variables Angebot erstellen. Dabei müssen jedoch die einzelnen Teilleistungen technisch und wirtschaftlich in Verbindung stehen bzw. einheitlich sein. In der Baupraxis ist es auch verbreitet, sogenannte Mischpositionen auszuschreiben. Eine solche Position im LV kann verschiedene Einzelvorgänge umfassen, beispielsweise ausgeschriebene "Einzelfundamente in m³, umfassend sowohl das Betonieren als auch Schalen" und "Rechteckstützen aus Beton in lfd. m, umfassend das Betonieren nach m³ und Schalen in m²". Bei großen Bauvorhaben kann eine Trennung von Leistungen noch nach Losen sowie die Vergabe von Losen gemäß § 5 (jeweils in den Abschnitten 1 bis 3 der VOB/A) von Vorteil sein, wenn die Lose von verschiedenen Bauunternehmen zeitgleich oder getrennt nacheinander aufgeführt werden können. Aus wirtschaftlichen oder technischen Erwägungen kann aber auch auf eine Aufteilung nach Losen verzichtet werden. Nicht gesondert aufzuführen sind im LV die Leistungen, die nach den Vertragsbedingungen, den Technischen Vertragsbedingungen oder der gewerblichen Sitte grundsätzlich nach § 2 Abs. 1 VOB/B zu der geforderten Leistung gehören.
Leistungspositionen identifizieren mit Ordnungszahlen
Für die eindeutige Identifizierung der einzelnen Leistungspositionen innerhalb des LV werden Ordnungszahlen (OZ) benutzt. Unter einer Ordnungszahl sind nur solche Leistungen aufzunehmen, die nach ihrer Beschaffenheit und für die Preisbildung als in sich gleichartig anzusehen sind. Ungleichartige Leistungen sollen unter einer Ordnungszahl als Sammelposition nur zusammengefasst werden, wenn eine Teilleistung gegenüber einer anderen für die Bildung eines Durchschnittspreises ohne nennenswerten Einfluss ist. Die Ordnungszahlen werden aufsteigend vergeben und ermöglichen es, Teilleistungen eindeutig in ein LV einzuordnen und auch einen sauberen Bezug zur Bauabrechnung herzustellen. Die Ordnungszahl dient der eindeutigen Kennzeichnung einer Teilleistung im LV.
Je nach eingestellter LV-Struktur setzt sich die Ordnungszahl aus den Teil-OZ der vorangestellten Leistungsbereiche (möglich nach Dreisteller 000 bis 099) und der Teil-OZ der Position zusammen. Weitere Positionsziffern können gewählt werden.
Leistungsverzeichnisse bei öffentlichen Bauaufträgen
- Hochbaumaßnahmen im Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017, Stand 2019) unter Tz. 4.3 in der Richtlinie 100, speziell unter Tz. 4.3.5 mit Aussagen, die konkret im LV für Teilleistungen als Positionen anzugeben sind
- Baumaßnahmen im Straßen- und Brückenbau nach HVA B-StB (Ausgabe August 2019) im Teil 1 unter Tz. 1.4 – Nummern 17 bis 42, sehr speziell zur
- Gestaltung und Gliederung des Leistungsverzeichnisses und
- Leistungspositionen mit STLK-Texten
Leistungsverzeichnisse mit Standard-Leistungstexten
Die Aufstellung eines Leistungsverzeichnisses kann nach Standard-Leistungstexten oder auch freien Texten erfolgen. Bei öffentlichen Bauaufträgen des Bundes werden in der Regel Standard-Leistungstexte vorgeschrieben.
Standardisierte Text liegen vor als:
- STLB-Bau – Dynamische BauDaten in Form eines interaktiven Werkzeugs zur standardisierten Beschreibung von Bauleistungen
- STLK – Standardleistungen im Straßen- und Brückenbau als eine nach Leistungsbereichen gegliederte Sammlung von standardisierten, datenverarbeitungsgerechten Texten zur Beschreibung von Standardleistungen im Straßen- und Brückenbau
- STLK-W für Wasserbau mit Leistungstexten zu Leistungen im Wasserbau
- STLB-BauZ (Zeitvertragsarbeiten) mit Standardtexten für regelmäßig wiederkehrende Bauunterhaltungsarbeiten, für die der Bieterwettbewerb nach dem Aufgebots- oder Angebotsverfahren vorgesehen wird
- individuelle Datenbanken verschiedener Softwareanbieter mit freien Texten
Bei der Aufstellung sind auch die Hinweise in den Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen (ATV) in den DIN-Vorschriften zu den einzelnen Gewerken in der VOB Teil C (jeweils im Abschnitt 0) zu berücksichtigen, weiterhin die Abrechnungseinheiten für die Mengenangaben zu den einzelnen Leistungspositionen im LV jeweils im Abschnitt 0.5 der jeweiligen DIN. Leistungsverzeichnisse in geteilter Form
Bei Nutzung von Standardleistungstexten nach STLB und STLK wird das Leistungsverzeichnis in der Regel in geteilter Form erstellt, d. h. mit einem:
- Langtext-Verzeichnis und
- Kurztext- / Preis-Verzeichnis
Beim Langtext werden Teilleistungen mit ihren vollen Texten (Langtexte) und nach Ordnungszahlen gegliedert ausgewiesen. Spalten für Preise werden dabei nicht vorgesehen.
In der Kurztextform liegen nur gekürzte Texte vor – von den im Langtext-Verzeichnis enthaltenen Positionen, hier jedoch mit Spalten für den vom Bieter anzugebenden Einheitspreis (EP) und Gesamtbetrag (GB) je Leistungsposition. Mengen und Preise im Leistungsverzeichnis
Außer dem Text als Beschreibung einer Leistungsposition werden in einem aufgestellten Leistungsverzeichnis im Vordersatz auch jeweils die Menge mit der Mengeneinheit ausgewiesen. Ein ohne Ausweis von Preisen aufgestelltes LV wird als Blankett bezeichnet. Demgegenüber werden in einem vom Bieter nach seiner Angebotskalkulation ausgefüllten LV in den Spalten Einheitspreis und Gesamtbetrag jeweils Preise ausgewiesen. Diese Preisangaben für die einzelnen Positionen des LV entsprechendem "Netto"-Ausweis, d. h. ohne Umsatzsteuer zu Bauleistungen.
Dabei ist der Einheitspreis für die angegebene Soll-Menge als "unveränderlich" anzusehen, demgegenüber der Gesamtbetrag als eine veränderliche Größe von der späteren ausgeführten Ist-Leistungsmenge.
Am Ende des Leistungsverzeichnisses erfolgt in der Regel eine wertmäßige Zusammenstellung z. B. nach Leistungstiteln, Gewerken u. a. und die Aufaddierung zur "Angebotssumme netto – ohne Umsatzsteuer". Sofern für den Auftraggeber als Leistungsempfänger nicht Steuerschuldnerschaft zu Bauleistungen zur Umsatzsteuer maßgebend ist, ist bei der Rechnungslegung noch die Umsatzsteuer mit dem aktuellen Steuersatz hinzuzurechnen. Im Ergebnis liegt dann die "Angebotssumme brutto – mit Umsatzsteuer" vor. Was ist ein Mutter- oder Muster-Leistungsverzeichnis?
Ein Mutter-Leistungsverzeichnis ist eine spezielle Form eines Leistungsverzeichnisses, oft auch synonym als Muster-Leistungsverzeichnis verstanden.
Charakteristisch dafür ist, dass zwar Leistungspositionen detailliert beschrieben werden, aber die Mengenangaben ganz oder teilweise offengelassen werden. Folglich wird meistens von "fertig vorliegend beschriebenen Leistungspositionen" gesprochen. Ihnen zugeordnet sind ggf. auch vorformulierte Vorbemerkungen oder Texte als Hinweise.
Zu nutzen wären für die Aufstellung von Mutter-LVs bereits vorliegende Leistungsbeschreibungen aus früheren Ausschreibungen, Angeboten und ausgeführten Bauaufträgen. Von Vorteil ist dabei, dass bereits auch betriebliche Kalkulationsansätze bzw. schon kalkulierte Einheitspreise (EP) vorliegen, jeweils für die Mengeneinheiten. Mutter-Leistungsverzeichnisse sind besonders von betrieblichem Nutzen, wenn nur eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm (LP) als funktionale Ausschreibung durch den Auftraggeber erfolgt. Mit Hilfe von Mutter-LVs kann sich das bietende Unternehmen dann einfacher ein Interims-LV als Grundlage für die Kalkulation aufstellen. Beispiel: Leistungsverzeichnis als Blankett
Ordnungszahl (Pos.-Nr.) | Bezeichnung | Einheitspreis Euro | Gesamtbetrag Euro |
01 | Erdarbeiten | | |
01.0020 | 1,000 St Bedarfsposition ohne GB STLB-Bau Baum fällen D 10-30 cm H 5-10 m Baum fällen, Betula (Birke), als Einzelbaum, Stammholz in Stücke von 1 m Länge aufarbeiten und außerhalb des Baugeländes in messbaren Stapeln lagern, Förderweg bis 0,5 km, Durchmesser über 10 bis 30 cm, Baumhöhe über 5 bis 10 m, alles Holz. | .......... | nur Einh.-Preis |
01.0030 | 100,000 m³ STLB-Bau Boden Streifenfundament lösen, laden, fördern T bis 1,25 m BK 4 Boden für Streifenfundamente ab Geländeoberfläche profilgerecht lösen, laden und fördern, Deponierung wird gesondert vergütet, Arbeiten mit Gerät, Aushubtiefe bis 1,25 m, Breite über 0,75 bis 1 m, Transport über öffentliche Straßen, Förderweg bis 10 km, Bodenklasse 4 DIN 18300. | .......... | .......... |
Summe | 01 Erdarbeiten | | .......... |
02 | Mauerarbeiten | | |
| Grundposition | | |
02.0010 | 700,000 m² STLB-Bau Außenwand MD 30 cm Mz SFK 20 RDK 1,8 Mauerwerk der Außenwand, Mauerziegel, DIN 105 oder nach Zulassung, Mz, Festigkeitsklasse 20, Rohdichteklasse 1,8, Mauerwerksdicke 30 cm, MG II, 5 DF (240/300/113), Höhe bis 2,75 m, Ausführung im Erdgeschoss. | .......... | .......... |
| Alternativposition | | |
02.0020 | 700,000 m² STLB-Bau Außenwand MD 30 cm KS SFK 20 RDK 1,8 Mauerwerk der Außenwand, Kalksandstein, DIN 106, KS, Festigkeitsklasse 20, Rohdichteklasse 1,8, Mauerwerksdicke 30 cm, Mauermörtel MG II, 5 DF (240/300/113), Höhe bis 2,75 m, Ausführung im Erdgeschoss. | .......... | nur Einh.-Preis |
Summe | 02 Mauerarbeiten | | .......... |
| Zusammenstellung. | | |
01 ...... Erdarbeiten | | EUR .......... |
02 ...... Mauerarbeiten | | EUR .......... |
Angebotssumme netto (ohne Umsatzsteuer) | | EUR .......... |
Umsatzsteuer in EUR in Höhe von …. % | | EUR .......... |
Angebotssumme brutto (mit Umsatzsteuer) | | EUR .......... |