Baukalkulation / Angebot / Nachträge

Selbstbeteiligung bei Preisgleitklauseln

Voraussetzung zur Selbstbeteiligung

Wird im Bauvertrag eine Preisgleitklausel vereinbart, kann eine Vergütung bzw. Erstattung von Mehraufwendungen erst erfolgen, wenn die vorgesehene Selbstbeteiligung überschritten ist. Die Selbstbeteiligung wird als Prozentsatz und dem daraus abzuleitenden Betrag mit Bezug auf die ermittelten Mehraufwendungen bestimmt und danach vereinbart. Hinsichtlich der Bezugsgröße unterscheidet sich die Selbstbeteiligung von den Bagatellgrenzen bei Preisgleitklauseln.
Selbstbeteiligung bei Preisgleitklauseln
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Selbstbeteiligung bei öffentlichen Bauaufträgen

Für Vereinbarungen zu öffentlichen Bauaufträgen ist die Höhe der Selbstbeteiligung bei Preisgleitklauseln nach den Vorgaben in den Vergabehandbüchern zu berücksichtigen, so zu:
  • Hochbaumaßnahmen im Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017, Stand 2019) in den Richtlinien zur:
  • Bauleistungen des Straßen- und Brückenbaus im HVA B-StB (Ausgabe August 2019) zur Stoffpreisgleitklausel im Teil 3 unter Tz. 3.2 in der Nr. 44.

Höhe der Selbstbeteiligung bei einer Lohngleitklausel

Als Selbstbeteiligung für die Lohngleitklausel werden bei Hochbaumaßnahmen des Bundes nach Formblatt 224 im VHB-Bund 0,5 % von der Angebots- bzw. Abrechnungssumme vorgegeben. Ist jedoch die Selbstbeteiligung größer als die Summe einer in der Bauzeit der Bauausführung vorgesehenen Lohnerhöhung, dann ist der Erstattungsbetrag im Angebot mit 0,00 € anzusetzen. Maßgebend ist für Mehraufwendungen und die Abrechnungssumme jeweils der Betrag ohne Umsatzsteuer.
Der Lohngleitklausel fiel im letzten Jahrzehnt in der Baupraxis kaum Bedeutung zu. Für Bundesbaumaßnahmen des Straßen- und Brückenbaus ist sie grundsätzlich nicht zu vereinbaren. Lohntarifliche Regelungen der Tarifvertragspartner im Baugewerbe erfolgten meistens mit einer Laufzeit von bis zu 2 Jahren. Somit war den Bauunternehmen die voraussichtliche Lohnentwicklung für die Angebotskalkulation bekannt. Sofern die Vereinbarung einer Lohngleitklausel als notwendig anzusehen wäre, bliebe zu beachten, dass sowohl im Angebot des Bauunternehmens als auch in der Vereinbarung und zwischen den Baupartnern eine Selbstbeteiligung zu berücksichtigen und dann bei der Abrechnung von der Summe der Aufwendungen aus der Lohnerhöhung abzusetzen ist.

Höhe und Berechnung der Selbstbeteiligung bei einer Stoffpreisgleitklausel

Bei Vereinbarung einer Stoffpreisgleitklausel hat sich das Bauunternehmen als Auftragnehmer ebenfalls an den Mehr- und Minderaufwendungen zu beteiligen und muss eine Selbstbeteiligung tragen. Dieser Selbstbehalt beträgt bei öffentlichen Bauaufträgen auf Grundlage der Vergabehandbücher 10 % der Mehraufwendungen, mindestens aber den Betrag bzw. die Höhe einer Bagatellgrenze von 2 % der Abrechnungssumme der im Verzeichnis für die Stoffpreisgleitklausel aufgenommenen und aufgeführten Leistungspositionen nach Leistungsverzeichnis (LV) mit ihren Ordnungszahlen bis zur Feststellung der endgültigen Abrechnungssumme. Für die Selbstbeteiligung gilt der Betrag ohne Umsatzsteuer.
Für einen Vergütungsbetrag sind zunächst die Mehr- und Minderaufwendungen getrennt zu ermitteln und gegeneinander aufzurechnen. Auf den Differenzbetrag ist dann die Selbstbeteiligung zu berechnen. Auch sind nur die Baustoffmengen zugrunde zu legen, für die nach dem Bauvertrag eine Vergütung zu gewähren ist. Sofern eine vereinbarte Pauschalisierung der Vergütung erfolgte, werden nur die vereinbarten pauschalen Baustoffmengen herangezogen.
Für die Berechnung von Mehr- und Minderaufwendungen wurde von den Bauverbänden und der BWI-Bau GmbH ein Leitfaden zur "Berechnung von Mehr- und Minderaufwendungen bei der Anwendung von Stoffpreisgleitklauseln in Bauverträgen (2015)" einschließlich von Berechnungsbeispielen erarbeitet und zur Anwendung empfohlen.

Sonderregelung in Verbindung mit Lieferengpässen von Baumaterialien

Speziell die Anwendung der Stoffpreisgleitklausel erlangte als Folge des Ukraine-Kriegs eingetretener Lieferengpässe diverser Baustoffe und teils extremer Preissteigerungen bei Baumaterialien und Betriebsstoffen (bei baumaschinenintensiven Gewerken) seit 1. Quartal weitere Bedeutung als wirksames Instrument.
In den hierzu erfolgten gleichlautenden Erlassen der betreffenden Ministerien (BMWSB und BMVD) sowohl zu Hochbaumaßnahmen als auch Baumaßnahmen im Straßen- und Brückenbau zu „Lieferengpässen und Stoffpreisänderungen wichtiger Baumaterialien als Folge des Ukraine-Kriegs“ vom 25. März 2022 und ergänzend vom 22. Juni 2022 mit Klarstellungen mit Geltung bis 31. Dezember 2022 wird angeführt, dass auch eine nachträgliche Einbeziehung einer Stoffpreisgleitklausel in einen bestehenden Bauvertrag infrage kommen kann, wenn Preissteigerungen nach dem Kriegsausbruch am 24. Februar 2022 eingetreten sind.
Als bestehende Verträge gelten nach Tz. IV in den Erlassen vom 22. Juni 2022 alle Verträge, die bis zu 14 Kalendertage nach Kriegsausbruch, d. h. vor dem 11. März 2022 ohne Vereinbarung einer Stoffpreisgleitklausel submittiert wurden. Dann ist wieder die allgemeine Selbstbeteiligung von 10 % durch den Auftraggeber mit dem bauausführenden Unternehmen zu vereinbaren, und nicht mehr der vorher geltende Selbstbehalt von 20 %.
Entscheidet sich der Auftraggeber für eine Preisanpassung nach § 313 BGB infolge Störung der Geschäftsgrundlage (bzw. nach § 58 der Bundeshaushaltsordnung) ohne Stoffpreisgleitklausel ist ein zusätzlicher Selbstbehalt nicht zu berücksichtigen, wenn die Kostensteigerung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer nach Tz. IV. 2 in den Erlassen vom 25. März 2022 geteilt wird. Eine Selbstbeteiligung durch den bauausführenden Auftragnehmer wäre dann bereits mit der seiner Kostenbeteiligung gegeben.
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