Preisschwankungen und Produktionsprobleme können u. a. Gründe für Lieferengpässe sein. Wenn Materialien nicht pünktlich geliefert werden, erschweren sie Bauvorhaben und erhöhen die Kosten.
Was sind Lieferengpässe?
Wenn Materialien nicht oder verzögert geliefert werden, kommt es zu unzureichender Verfügbarkeit von Produkten, die sonst ausreichend auf dem Markt vorhanden sind. Wenn Rohstoffe bzw. Zwischenprodukte nicht zur Verfügung stehen, können u. a. keine Endprodukte hergestellt werden. Das kann zu schwerwiegenden Folgen für Verbraucher, Unternehmer und Wirtschaft führen.
Ursachen von Lieferengpässen
Auslöser von Lieferengpässen können sein:
- Transportprobleme (z. B. blockierter Suezkanal, Logistikprobleme, Schwierigkeiten in der Bahn-Infrastruktur)
- Knappe Rohstoffe (z. B. durch Naturkatastrophen, Instabilität in den Liefer-Ländern, veränderte Nachfrage)
- Produktionsschwierigkeiten (z. B. Fachkräftemangel, Ausfälle von Maschinen, technische Probleme)
- Hohe Nachfrage (z. B. bei unerwarteten Trends oder plötzlichen Ereignissen wie Pandemien)
In Folge der Corona-Pandemie in den Jahren 2020 und 2021 verschärften sich mit dem Krieg gegen die Ukraine seit dem 2. Quartal 2021 die Probleme, diverse Baustoffe (Baumaterialien) rechtzeitig für die Bauausführung zu beschaffen. Betroffen sind u. a.:
Die schwierige Beschaffungssituation wird zudem erschwert durch starke Preissteigerung u. a. bei:
Folgen von Lieferengpässen
Folgen von Lieferengpässen können u. a. sein:
Um Lieferketten wiederherzustellen bzw. neue aufzubauen ist oft eine gute Zusammenarbeit von Unternehmen, Regierungen und anderen Beteiligten nötig.
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Einfluss auf Ausschreibung, Angebot und Vertrag
Lieferengpässe können sich unterschiedlich auswirken, je nachdem, ob eine Baumaßnahme:
Grundsätzlich sind laufende Bauverträge wie vereinbart zu realisieren. Ausnahmen mit eventuellen Anpassungen kann und wird es in der Regel nur bei besonders begründeten Fällen geben. Dies kann sich bei öffentlichen Bauaufträgen ggf. aus § 58 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) und den dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften ableiten.
Regelungen in Pandemien und Kriegen
Besonders herausfordernd können Lieferengpässe während Pandemien und Kriegen sein, in denen sie weitreichende Auswirkungen auf Wirtschaft und Versorgung nach sich ziehen können. Temporäre Erlasse im Rahmen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges mit spezifischen Regelungen für öffentliche Auftraggeber zu öffentlichen Bauaufträgen erfolgten zu: „Lieferengpässen und Stoffpreisänderungen diverser Baustoffe“ vom 21. Mai 2021 durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) in Verbindung mit der Corona-Pandemie, die am 22. Juni 2022 aufgehoben wurde, da sie mit nachfolgend aufgeführten neuen Regelungen zu Lieferengpässen als Folge des Ukraine-Kriegs keine eigenständige Bedeutung mehr hat.
„Lieferengpässen und Preissteigerungen wichtiger Baumaterialien als Folge des Ukraine-Kriegs“ vom 25. März 2022 als gleichlautende Erlasse zu:
- Hochbaumaßnahmen des Bundes durch das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) und
- Baumaßnahmen im Bereich der Bundesfernstraßen durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV).
Die Sonderregel zum Umgang mit Stoffpreisgleitklauseln mit Erlass vom 25. März 2022 ist am 30. Juni 2023 ausgelaufen, da sich die Preise für die meisten Bauprodukte stabilisiert haben.Um extremen Preissteigerungen von Baumaterialien aufgrund von Lieferengpässen entgegenzuwirken, wurden die Produktgruppen der Baustoffe sowie ausnahmsweise auch von Betriebsstoffen bei maschinenintensiven Baugewerken für die Anwendung einer Stoffpreisgleitklausel als Instrument bei öffentlichen Bauaufträgen erweitert. Mit den Erlassen vom 22. Juni 2022 erfolgten weitere inhaltliche Änderungen und Klarstellungen zur Anwendung einer Stoffpreisgleitklausel, beispielsweise mit noch umfangreicherer Einbeziehung von Stoffarten sowie Änderungen zur Aufgreifschwelle, Bagatellgrenzen, der Möglichkeit auf Verzicht des Basiswertes 1 sowie Verfahrensaussagen bei bereits bestehenden Bauverträgen, laufenden und neuen Vergabeverfahren.
Auswirkungen bei bestehenden Bauverträgen
Als bestehende Verträge gelten nach Tz. IV in o. a. Erlassen alle Verträge, die bis zu 14 Kalendertage nach Kriegsausbruch, d. h. vor dem 11. März 2022 ohne Vereinbarung einer Stoffpreisgleitklausel submittiert wurden. Eine nachträgliche Einbeziehung der Stoffpreisgleitklausel kann infrage kommen, jedoch nur aus Preissteigerungen, die nach Kriegsausbruch eingetreten sind. Danach vereinbarte Preisgleitungen gelten dann bis zum Vertragsende weiter.
Folgende weitere Besonderheiten bei öffentlichen Bauaufträgen leiten sich ab:
Sind Baumaterialien nachweislich nicht (tatsächliche Unmöglichkeit) bzw. vorübergehend nicht durch das Bauunternehmen zu beschaffen, ist von einem Fall höherer Gewalt bei Bauausführung bzw. einem anderen nicht abwendbaren Ereignis im Sinne von § 6 Abs. 2 Nr. 1 in der VOB/B auszugehen. Schadensersatzansprüche gegen das Bauunternehmen entstehen dadurch nicht, umgekehrt auch kein Abnahmeverzug durch den Auftraggeber. Dies kann aber nicht pauschal angenommen werden, sondern bliebe jeweils im Einzelfall zu prüfen. Die Beweispflicht in einem solchen Fall läge beim Auftragnehmer, wenn er sich darauf beruft. Bei Lieferengpässen kann auch der Umstand einer Behinderung der Bauausführung mit Bezug auf § 6 Abs. 2 Nr. 1c in VOB Teil B vorliegen, die vom Auftragnehmer dem Auftraggeber schriftlich anzuzeigen wäre. Ableitend daraus kann eine Verlängerung der Ausführungsfrist einschließlich eines Zuschlags für die Wiederaufnahme der Bauausführung folgen. Sind die Baumaterialien vom Auftragnehmer zwar zu beschaffen, jedoch nur zu signifikant höheren Einkaufspreisen als dafür kalkuliert, könnte eine Störung der Geschäftsgrundlage zum Vertrag nach § 313 BGB vorliegen. An den Nachweis einer Nichtverfügbarkeit von Baumaterialien sollten gemäß der genannten Erlasse keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. In vielen Fällen scheitern Auftragnehmer an der Beweisführung, weil die ungestörte Preislage zum Zeitpunkt des Angebots ebenso wenig hinreichend dokumentiert wird wie die konkrete Störwirkung von Ereignissen. Eine erhebliche Erleichterung bringt es dem Auftragnehmer, wenn es dem Auftraggeber genügt, beispielsweise Absageschreiben von drei Baustofflieferanten vorlegen zu lassen.
Ein Anspruch auf Preisanpassungen durch den Auftragnehmer scheidet aus, wenn eine Stoffpreisgleitung nachträglich vereinbart wurde.
In o. a. Erlassen vom 22. Juni 2022 wurde auch klargestellt, dass Preisanpassungen aus Störungen nach § 313 Einzelfallentscheidungen bleiben und keine dafür maßgebende pauschale Größe mehr benannt wird.
Der zunächst vorgesehene erhöhte Selbstbehalt bei einer nachträglich vereinbarten Stoffpreisgleitung wird auf 10 % neu reduziert.
Verträge mit privaten Bauherrn
Aufgrund der strengen Regeln zur Stoffpreisgleitklausel bei öffentlichen Bauaufträgen wird sich diese nicht in gleicher Art und Weise mit privaten Bauherren als Besteller und ggf. Verbraucher vereinbaren lassen und damit nicht gleichermaßen praktische Bedeutung erlangen. Weder im BGB noch in der VOB Teil A wird ausdrücklich geregelt, ob und in welcher Form eine Stoffpreisgleitklausel für eine Baumaßnahme vorzusehen ist. Der Bauhandwerker kann seinem Kunden die Baustoffpreissituation darlegen und ggf. mit „Zusatzvereinbarungen“ erreichen, dass:
- der Kunde die Baustoffe ggf. selbst bestellt, bezahlt und dem Bauunternehmen beistellt.
- Angebote „freibleibend“, unverbindlich oder nur mit zeitlich kurzfristigen Bindefristen eingegangen werden.