Baurecht / BGB

Bürgschaftsurkunde

Für die Gültigkeit der Bürgschaft ist die schriftliche Bürgschaftserklärung erforderlich. Erfolgt die Sicherheitsleistung zur Bauausführung und für die Mängelansprüche auf Grundlage eines VOB-Vertrags, wird das Schriftformerfordernis dafür im § 17 Abs. 4 VOB/B betont aufgeführt. Die Bürgschaft selbst muss sich auf die Hauptschuld des Auftragnehmers aus dem Bauvertrag beziehen. Der Auftraggeber kann die Vorschriften für die Ausfertigung bestimmen. Seine Anforderungen bestimmen wesentlich den Inhalt der Bürgschaftsurkunde.
Die Bürgschaftsurkunde sollte folgende Angaben enthalten:
  • genaue Bezeichnung des Auftragnehmers,
  • genaue Bezeichnung des Auftraggebers,
  • genaue Bezeichnung des Bauvertrags und des Bauvorhabens sowie ggf. der Bauarbeiten nach Ort und Art der Bauausführung,
  • Name des Bürgen (im allgemeinen Bank bzw. Kreditinstitut oder Kreditversicherer),
  • Angabe des Bürgschaftsbetrags,
  • Verzicht auf die Einrede der Vorausklage (§ 771 BGB),
  • Ausschluss einer zeitlichen Begrenzung.
Die Bürgschaftserklärung darf zeitlich nicht begrenzt werden, sie ist mit dem Vermerk "unbefristet" auszustellen. Gerade bei Mängelansprüchen besteht die Möglichkeit, dass sich die Frist infolge des Auftretens eines Mangels bzw. Hemmung der Anspruchsfristen verlängern kann. Dies lässt sich aber häufig bei Abgabe der Bürgschaftserklärung nicht voraussehen. Die Bürgschaftsurkunde hat noch weiteren Anforderungen zu entsprechen, besonders bezüglich noch folgender Erklärungen des Bürgen:
  • Übernahme der selbstschuldnerischen Bürgschaft nach deutschem Recht,
  • die Bürgschaftsforderung verjährt nicht vor der gesicherten Hauptforderung,
  • Gerichtstand ist der Sitz der zur Prozessvertretung des Auftraggebers zuständigen Stelle.
In der Regel wird die Bürgschaft über den Gesamtbetrag der Sicherheit in nur einer Bürgschaftsurkunde ausgestellt. Die Höhe des Bürgschaftsbetrags richtet sich nach den Vereinbarungen im Bauvertrag über die zu besichernde Leistung. Als Berechnungsgrundlage für die Höhe der Mängelansprüchesicherheit (absoluter Betrag) ist der Abrechnungsstand im Zeitpunkt der Abnahme heranzuziehen.
Bei öffentlichen Bauaufträgen werden vorrangig als Bürgschaftsurkunden die Formulare aus den Vergabehandbüchern herangezogen, und zwar bei:
  • Hochbaumaßnahmen nach dem Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017):
  • Baumaßnahmen des Straßen- und Brückenbaus nach HVA B-StB:
    • Muster 3.6 - 1 als Vertragserfüllungsbürgschaft,
    • Muster 3.6 - 2 als Bürgschaft für Mängelansprüche,
    • Muster 3.6 - 3 als kombinierte Abschlagszahlungs-/Vorauszahlungsbürgschaft.
Das unten angeführte Formblatt 421 liefert ein Muster nach VHB-Bund für eine Bürgschaftsurkunde als Vertragserfüllungsbürgschaft bei öffentlichen Bauaufträgen.
Ist der Bürge ein Kreditinstitut, so können die Partner eines Bauvertrags durch eine Abänderung der Sicherungsabrede den Inhalt der Bürgschaftserklärung des Kreditinstituts nicht ohne deren Beteiligung abändern, so durch den BGH mit einem Urteil vom 10.02.2005 (Az.: VII ZR 373/03) ausgesprochen.
In Bürgschaftsurkunden, die meistens von privaten Auftraggebern als Bauherrn bzw. Besteller vorbestimmt werden, finden sich oft noch diverse Einwendungen, die ein Bürge dem Anspruch eines Gläubigers entgegensetzen kann.
Es betrifft beispielsweise:
  • § 768 BGB als Verzicht auf die Einrede des Bürgen, soweit diese nicht den Bestand der Hauptverbindlichkeit oder ihre Verjährung umfasst. Selbst wenn diese Einrede als Klausel in der Bürgschaft unwirksam ist, wird dadurch aber nicht grundsätzlich die Sicherungsvereinbarung in Frage gestellt bzw. unwirksam. Dies wurde mit einem Urteil des BGH vom 12.02.2009 (Az.: VII ZR 39/08) bekräftigt. In den Bürgschaftsformularen der Vergabehandbücher wird eine diesbezügliche Aussage nicht angeführt.
  • § 770 BGB als üblicher formularmäßiger Verzicht des Bürgen auf "Einreden der Anfechtbarkeit und Aufrechenbarkeit". Besagt wird, dass der Auftraggeber bei Inanspruchnahme der Bürgschaft vorher nicht verpflichtet ist, erst ein Verfahren der Zwangsvollstreckung durchzuführen. Der Verzicht auf Einrede gilt nicht für unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Gegenforderungen des Auftragnehmers. Der BGH hat in einem Urteil vom 16.01.2003 (Az.: IX ZR 171/00) ausgeführt, dass durch den formularmäßigen Ausschluss der Einrede der Aufrechenbarkeit der Bürge unangemessen benachteiligt wird. Folglich ist den Vertragspartnern zu raten, die entsprechenden Passagen in vorformulierten Bauverträgen und in den Bürgschaftsurkunden anzupassen. In den Bürgschaftsformularen der Vergabehandbücher wird auf die Angabe diesbezüglicher Einreden verzichtet.
  • § 771 BGB als Einrede der Vorausklage, auf die mit Aussage in den Bürgschaftsformularen der Vergabehandbücher verzichtet wird.

Formblatt 421 - Vertragserfüllungsbürgschaft - aus VHB-Bund (Ausgabe 2017)

Fbl 421 VHB-2017 Bürgschaftsurkunde, Quelle: VHB-Bund - Ausgabe 2017
Fbl 421 VHB-2017 Bürgschaftsurkunde, Quelle: VHB-Bund - Ausgabe 2017
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Aktuelle Normen und Richtlinien zu "Bürgschaftsurkunde"

Ausgabe 2016-09
Diese Norm legt die allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen fest. Diese Bedingungen enthalten u. a. Angaben zur Art und zum Umfang der Leistungen, zur Haftung der Vertragsparteien, zu Vertragsstrafen, zu Mängelansprüchen ...
- DIN-Norm im Originaltext -
DIN-Norm
Auszug im Originaltext aus DIN 1961 (2016-09)
(1) 1. Wenn Sicherheitsleistung vereinbart ist, gelten die §§ 232 bis 240 BGB, soweit sich aus den nachstehenden Bestimmungen nichts anderes ergibt.2. Die Sicherheit dient dazu, die vertragsgemäße Ausführung der Leistung und die Mängelansprüche siche...
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Auszug im Originaltext aus DIN 1961 (2016-09)
(1) 1. Abschlagszahlungen sind auf Antrag in möglichst kurzen Zeitabständen oder zu den vereinbarten Zeitpunkten zu gewähren, und zwar in Höhe des Wertes der jeweils nachgewiesenen vertragsgemäßen Leistungen einschließlich des ausgewiesenen, darauf e...
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