Die Vertragserfüllungssicherheit kann durch das Bauunternehmen als Auftragnehmer bei einem VOB-Vertrag nach § 17 der VOB/B in Form einer Vertragserfüllungsbürgschaft gewährt werden. Vom Bauherrn bzw. Auftraggeber (AG) wird sie in der Regel zum Vertragsabschluss verlangt, spätestens innerhalb von 18 Werktagen von öffentlichen Auftraggebern nach § 17 Abs. 5 VOB/B, sofern nichts anderes vereinbart wird. Der Auftraggeber will sicher sein, dass das Bauunternehmen die Bauleistungen auch vollständig und vertragsgemäß ausführt. Kommt es dieser Verpflichtung nicht nach, darf der Auftraggeber vom Guthaben des Auftragnehmers (z. B. von einer Abschlagsrechnung) einen Betrag in Höhe der vereinbarten Sicherheit einbehalten. Für die Zeit der Bauausführung bis zur Erfüllung des Bauvertrags mit der Abnahme kann der Auftraggeber die Bürgschaftsurkunde behalten. Die Sicherheitsleistung für die Vertragserfüllung wird bei öffentlichen Bauaufträgen in der Regel in den Besonderen Vertragsbedingungen (BVB) zum Bauvertrag festgehalten, beispielsweise bei Hochbaumaßnahmen auf Grundlage der Aussagen im Formblatt 214 (Tz. 5) und zugehöriger Richtlinie zu den BVB nach Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017, Stand 2019). Auf die Sicherheit kann vom öffentlichen Auftraggeber auch ganz oder teilweise verzichtet werden, mindestens aber nach § 9c Abs. 1 im Abschnitt 1 der VOB/A für Vergaben im Unterschwellenbereich (analog nach § 9c EU bei EU-weiten Ausschreibungen und nach § 9c VS bei verteidigungs- und sicherheitsrelevanten Baumaßnahmen in VOB/A) bei Auftragssummen bis 250.000 € (ohne Umsatzsteuer) verzichtet werden. Ebenfalls ist auch die Sicherheit nicht bei einer Beschränkten Ausschreibung, Freihändigen Vergabe, einem nicht offenen Verfahren, Verhandlungsverfahren und wettbewerblichem Dialog zu verlangen. Heranzuziehen sind bei öffentlichen Bauaufträgen als Bürgschaftsurkunden die Formulare aus den Vergabehandbüchern, so als Vertragserfüllungsbürgschaft:
Das Formblatt 421 wird unter Bürgschaftsurkunden als Beispiel veranschaulicht.
Zur Sicherstellung der AGB-rechtlichen Privelegierung der VOB/B wurden die "Einreden auf Aufrechenbarkeit und Anfechtbarkeit" nach § 770 BGB in den aktualisierten Formblättern seit 2018 nicht mehr aufgenommen. Den Vertragspartnern ist zu raten, die entsprechenden Passagen in vorformulierten Bauverträgen und in den Bürgschaftsurkunden anzupassen. Der Verzicht auf Einrede gilt jedoch nicht für unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Gegenforderungen des Auftragnehmers.
Die bis 2017 noch praktizierte Kombi-Bürgschaft "Vertragserfüllungs-/ Mängelansprüchebürgschaft" ist ebenfalls ab 2018 nicht mehr vorzusehen. Damit soll abgesichert werden, dass die Sicherungsabrede zu Bauleistungen nicht gegen AGB-rechtliche Anforderungen verstößt. Die Vertragserfüllungsbürgschaft sichert "nur" noch Forderungen aus der Vertragserfüllung ab. Eine "Wandlung" des Vertragserfüllungsanspruchs in einen Anspruch bei Mängelansprüchen ist nicht mehr möglich. Damit soll der Gefahr begegnet werden, dass eine Sicherungsabrede ggf. gegen AGB-Recht verstoßen könnte. Der Auftraggeber muss künftig darauf achten, dass er anschließend eine Mängelansprüchesicherheit erhält. Das Bauunternehmen kann dies mit einer Mängelansprüchebürgschaft so schnell wie möglich nach der Abnahme vornehmen, beispielsweise mit dem Formblatt 422 - Mängelansprüchebürgschaft - nach VHB-Bund (2017, Stand 2019). Nach der Abnahme werden in der Regel kaum noch Sicherungsansprüche aus der Vertragserfüllung bestehen, die nicht mit einer Mängelansprüchebürgschaft gedeckt werden. Infrage kommen könnten jedoch Schadensersatzansprüche aus der Zeit der Vertragserfüllung, für die der Auftraggeber dann auch einen entsprechenden Anteil als Sicherheit bis zur Höhe der Kosten für die noch nicht erledigten Ansprüche zurückbehalten darf. Zu diesem Aspekt erfolgte in der Richtlinie zum Formblatt 421 - Vertragserfüllungsbürgschaft - im VHB-Bund (2017, Stand 2019) unter Tz. 2 ein entsprechender Vermerk.
Bei Sicherheitsleistung durch Bürgschaft ist jedoch Voraussetzung, dass der Auftraggeber den Bürgen auch als tauglich anerkennt. Diesbezüglich kann der Auftraggeber seine Anforderung gegenüber dem Bauunternehmen stellen. Welche Kreditinstitute und Kautionsversicherer dafür zugelassen sind, kann unter www.bafin.deunter dem Suchbegriff "Liste der zugelassenen Kreditinstitute" eingesehen werden. In anderen Fällen müsste der Auftragnehmer den Nachweis erbringen, dass der Bürge als tauglich anzusehen ist. Sofern Bürgschaftsformulare durch die Bauherren bzw. Auftraggeber von Bürgen vorgelegt werden bzw. zur Anwendung kommen sollen, ist durch das Bauunternehmen der Nachweis der Zulassung bei öffentlichen Bauaufträgen zu führen. Bei privaten Auftraggebern bleibt es den Vertragspartnern überlassen, wer als Bürge infrage kommen kann. Bestehen zur Abnahme einer Bauleistung aber noch Vertragserfüllungsansprüche, so ist dafür eine gesonderte Sicherheit zu stellen, bei Bürgschaft als Sicherheit durch eine gesonderte Urkunde. Der angeführte Musterbrief kann für die Anforderung herangezogen werden.
Die nicht rechtzeitige Vorlage einer Bürgschaft schließt keine Berechtigung zur Kündigung des Bauvertrages ein.