VOB A

Gewichtung von Zuschlagskriterien

Zur Beurteilung von Angeboten mit dem Ziel, den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen, bedarf es zunächst der eingehenden Angebotswertung. Zu bewerten ist bei öffentlichen Bauaufträgen durch den Auftraggeber, ob und inwieweit das Angebot die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllt. Welche Kriterien dafür zum Ansatz kommen können und sollten, wird unter diesem Begriff erläutert. Die Grundlagen darüber liefern die Regelungen in der aktualisierten und seit 18. April 2016 in Kraft gesetzten VOB Teil A jeweils im § 16 d bzw. § 16 d EU und § 16 d VS in den Abschnitten 1 bis 3.
Werden Zuschlagskriterien vorbestimmt, sind sie in den Vergabeunterlagen bzw. in der Auftragsbekanntmachung zu benennen. Sie müssen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen und einen wirksamen Wettbewerb gewährleisten. Zuschlagskriterien sind auch immer dann zweckmäßig und vorzusehen, wenn von den Bietern in ihren Angeboten mehr Angaben als nur die Preise verlangt werden.
Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 09.04.2014 (Az.: Verg 36/13) entschieden, dass der öffentliche Auftraggeber rechtzeitig vor Ablauf der Angebotsfrist die Zuschlagskriterien und deren Wichtung bekannt zu geben hat, die dann bei der Wertung zu berücksichtigen sind. Vom Auftraggeber aufgestellte Zuschlagskriterien sowie auch die Unterkriterien und Gewichtungsregeln oder Bewertungsmatrizen sind den Bietern vollständig offenzulegen.
Nicht alle Kriterien sind gleichermaßen von Bedeutung. Folglich kann und sollte eine Wichtung vorgesehen und dazu die Gewichtung mit angegeben werden. Zu den Baumaßnahmen im Anwendungsbereich des Vergabe- und Vertragshandbuchs (VHB-Bund, Ausgabe 2017) treffen das Formblatt 227 sowie die dazu erfolgten Hinweise Aussagen zur Gewichtung der Zuschlagskriterien.
Als Wertungskriterien sind danach vorzugsweise zu gewichten:

  1. Preis (Wertungssumme einschl. evtl. Wartungskosten) nach 0 bis 10 Punkten
  2. technischer Wert (Produktangaben, zugelassene Nebenangebote)
  3. Vertragsbedingungen
  4. Folgekosten (zugelassene Nebenangebote)
  5. Energieeffizienz (niedrigstes bis höchstes Energieeffizienzniveau) nach 0 bis 10 Punkten
  6. andere Kriterien (z. B. Gestaltung, emissionsarme Baumaschinen u. a.)
Empfohlen wird im Formblatt 227 eine Punktebewertung für die Gewichtung, wenn sich die Angebote unterscheiden. Die Gewichtung kann individuell erfolgen, möglichst aber unter Beachtung folgender Spannen im Formblatt 227 für:

  • Preis: 70 bis 90 % und
  • technischer Wert: max. 30 %
Beim Kriterium „Preis“ berechnet sich die Wertungssumme aus der Angebotssumme unter Berücksichtigung etwaiger Nachlässe, Erstattungen aus Preisgleitklauseln und Wartungskosten eines Wartungsvertrages. Das Angebot mit dem niedrigsten Preis erhält die höchste Punktzahl (10 Punkte). Null Punkte erhält das Angebot mit dem 2-fachen der niedrigsten Wertungssumme. Alle weiter darüber liegenden Preise erhalten ebenfalls Null Punkte. Dazwischen liegende Preise sind linear zu interpolieren.
Die Nutzung des Formblatts 227 aus dem VHB-Bund ist eine mögliche Form, die Gewichtung der Zuschlagskriterien strukturiert und nachvollziehbar darzustellen. Das Formblatt 227 wird unten als Beispiel dargestellt. Bei Einbeziehung weiterer Kriterien ist dies bei der Bemessung des %-Satzes zu berücksichtigen, wobei die Gewichtung selbst dann in 5-%-Schritten vorzusehen ist. Die Summe muss immer 100 % betragen. Keine Beachtung sollten jedoch bei den Kriterien und ihrer Gewichtung Vorgaben bzw. Festlegungen aus Vorbemerkungen zu einem Gewerk oder Teilleistung finden, sofern Angaben des Bieters nicht verlangt werden.

Die Gewichtung als %-Satzes der Zuschlagskriterien ist für jedes Vergabeverfahren unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls festzulegen. Dabei sind die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten.
Bei Baumaßnahmen im Straßen- und Brückenbau werden Aussagen im "Handbuch für die Vergabe und Ausführung von Bauleistungen im Straßen- und Brückenbau (HVA B-StB)" im Teil 1 (Tz. 1.1, Nr. 9 bis 13) und zur Bewertung von Angeboten in Teil 2 unter Tz. 2.4 getroffen. Sollen Zuschlagskriterien Berücksichtigung finden, so ist bereits bei der Aufforderung zur Angebotsabgabe die Anlage "HVA B-StG Gewichtung der Zuschlagskriterien" beizufügen. Darin sind die Kriterien Preis und technischer Wert anzugeben. Nur bei Fachlosvergabe mit hohem Anspruch an die bauliche Gestaltung (beispielsweise im Brückenbau) darf ein weiteres Zuschlagskriterium vorgesehen werden. Soweit für das Kriterium technischer Wert noch Unterkriterien vorgesehen sind, bedarf es der eindeutigen Benennung.
Für sind in der Regel die gleichen Zuschlagskriterien wie für Hauptangebote heranzuziehen, für sie sind auch gesonderte Wertungssummen zu bestimmen. Sofern in Vergaben EU-weit bei Erreichen des Schwellenwertes Nebenangebote zugelassen werden, sind die entsprechenden Mindestanforderungen und ggf. Vertragsbedingungen vorab anzugeben.

Gewichtung von Wertungskriterien

Formblatt 227: Gewichtung der Zuschlagskriterien (Quelle: VHB-Bund, Stand: April 2016)
Formblatt 227: Gewichtung der Zuschlagskriterien
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Aktuelle Normen und Richtlinien zu "Gewichtung von Zuschlagskriterien"

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(1) 1. Auf ein Angebot mit einem unangemessen hohen oder niedrigen Preis oder mit unangemessen hohen oder niedrigen Kosten darf der Zuschlag nicht erteilt werden. Insbesondere lehnt der öffentliche Auftraggeber ein Angebot ab, das unangemessen niedri...
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(1) 1. Öffentliche Ausschreibungen sind bekannt zu machen, z. B. in Tageszeitungen, amtlichen Veröffentlichungsblättern oder auf unentgeltlich nutzbaren und direkt zugänglichen Internetportalen; sie können auch auf www.service.bund.de veröffentlicht ...
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