Als Insolvenz gilt allgemein der Fall, wenn ein Schuldner seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann. Sie kann begründet sein durch:
eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit und daraus folgend der Einstellung von Zahlungen durch den Schuldner oder
Umgangssprachlich wurde früher und wird teils noch heute manchmal synonym auch von "Konkurs" oder sogar "Bankrott" gesprochen. Als Insolvenzformen kommen infrage:
Grundlagen lieferte die zum 01. Januar 1999 in Kraft getretene Insolvenzordnung (InsO vom 5. Oktober 1994 in BGBl. I, S. 2866) mit dem Ziel, ein bereits zahlungsunfähiges und/oder überschuldetes Unternehmen auch weiterhin betreiben zu können. Für die Sanierung ist ein Insolvenzplan erforderlich, dem Gläubiger und Schuldner zustimmen müssen. Wenn das Gericht diesen Plan bestätigt, kann das Insolvenzverfahren aufgehoben werden und der Schuldner wieder das Unternehmen weiterführen. Die Chancen auf "echte" Sanierung sollten im Mittelpunkt stehen.
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Die Insolvenzordnung erfuhr im letzten Jahrzehnt Änderungen und notwendige Anpassungen. Zum 1. März 2012 trat das "Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG vom 7.12.2011 in BGBl. I, S. 2582)" in Kraft. Es reformierte das bestehende Insolvenzrecht mit dem Ziel, mehr marktfähige Unternehmen durch erleichterte Sanierung unter Insolvenzschutz in Krisensituationen zu retten, als dies im Regelinsolvenzverfahren möglich ist. Vordergründig sollte der Einfluss der Gläubiger gestärkt werden. Weiterhin wurde das Insolvenzplanverfahren inhaltlich erweitert und seine Durchführung straffer angelegt. Dadurch konnten die Unternehmen vielfältigere Fördermöglichkeiten zur Wiedergewinnung ihrer Liquidität in Anspruch nehmen, den Erhalt von Arbeitsplätzen ermöglichen und eine Stärkung des Eigenkapitals erreichen. Seit 5. April 2017 gelten ergänzte Regelungen im § 133 mit den Abs. 2 und 3 in der Insolvenzordnung. Danach ist zu berücksichtigen, dass:
- die Frist, innerhalb derer Zahlungen zurückgefordert werden dürfen, von vorher 10 auf 4 Jahre verkürzt wurde (neu § 133, Abs. 2 InsO),
- an die Stelle einer drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners die eingetretene Zahlungsunfähigkeit tritt, wenn die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährte oder ermöglichte (neu § 133 Abs. 3 InsO),
- eine Gesamtschuld nur zu verzinsen ist, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 BGB vorliegen, wobei ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldanspruchs ausgeschlossen ist (Ergänzung in § 143 Abs. 1 InsO).
Analog wurden die Regelungen im Anfechtungsgesetz zum 5. April 2017 präzisiert. Verfolgt wurde damit das Ziel, die Möglichkeiten des Insolvenzverwalters zu beschränken. Für ein Bauunternehmen lassen sich Vorteile ggf. auch Nachteile ableiten, näher verwiesen sei hierzu auf Insolvenzanfechtung zu Bauunternehmen. In der Baupraxis wurden die mit dem Gesetz verfolgten Ziele positiv beurteilt. Weitere 2 maßgebliche Gesetze traten in Kraft:
am 1. Januar 2021 das „Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts" (SanInsFoG vom 22. Dezember 2020 in BGBl. I, S. 3256) u. a. mit den Schwerpunkten
mit Wirkung vom 1. Oktober 2020 das "Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens" vom 22. Dezember 2020 (in BGBl I, S. 3328), wonach solche Verfahren auf 3 Jahre (bisher im Regelfall 6 Jahre) verkürzt werden.
Das StaRuG gilt als Kernstück der Reform. Es führt ein außergerichtliches und vom Unternehmen selbstverantwortlich zu führendes Sanierungsverfahren ein. Gewissermaßen wird ein Rechtsrahmen für Restrukturierungen geschaffen und bestehende Sanierungsmöglichkeiten fortentwickelt, um Insolvenzen besser abwenden zu können.
Spezielle Regelungen wurden vom Gesetzgeber auch zur Insolvenzantragspflicht in Verbindung mit der Corona-Pandemie und zur Abminderung von deren Folgen erlassen, betreffend den Insolvenzgrund einer Überschuldung. Nach der Änderung des Corona-Insolvenzaussetzungsgesetzes (vom 27. März 2020 und Änderung vom 15. Februar 2021 in BGBl. I, S.237) wurde die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nach § 15 a InsO für Unternehmen bis zum 30. April 2021 verlängert. Voraussetzung ist jedoch, dass vom Unternehmen Anspruch auf finanzielle Hilfen aus den Corona-Hilfsprogrammen besteht, deren Auszahlung noch aussteht und die finanzielle Hilfe auch zur Verhinderung einer Insolvenz beitragen kann.
Die Gesamtzahl der Insolvenzen im Baugewerbe nahm im letzten Jahrzehnt kontinuierlich ab. Im Jahr 2005 betraf noch jede dritte Insolvenz ein ostdeutsches Bauunternehmen. Im Jahr 2014 meldeten 3.842 Bauunternehmen Insolvenz an, davon 1.648 Unternehmen bzw. 43 % aus dem Bauhauptgewerbe sowie 2.194 Unternehmen bzw. 57 % des Ausbaugewerbes. Seither ging die Zahl der Insolvenzen im Baugewerbe sukzessive zurück, abgeleitet aus der positiven Wirtschaftsentwicklung insgesamt im Baugewerbe. Im Jahr 2019 betrug die Anzahl der Insolvenzen im Baugewerbe insgesamt 2.909, davon 2.417 in den Alten und 492 in den neuen Bundesländern. Noch deutlicher war der Rückgang um ca. 34 % gegenüber dem Vorjahr in den ersten drei Quartalen im Jahr 2020, teils geschuldet auch der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht ab 1. März 2020 für zahlungsunfähige bzw. überschuldete Unternehmen. Kleinstunternehmen und oft Ein-Personen-Unternehmen zeigen sich teils noch insolvenzanfälliger.