Baurecht / BGB

Bietergemeinschaft (BG)

Was ist eine Bietergemeinschaft?

Bei einer Bietergemeinschaft (BG) schließen sich mehrere Bauunternehmen – vornehmlich des Bauhauptgewerbes – in der Regel als eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR nach §§ 705 ff. BGB) zusammen. Sie geht als Vorgesellschaft einer späteren Arbeitsgemeinschaft (Bau-ARGE) voraus.
Der Bietergemeinschaft liegt die Übereinkunft der beteiligten Bauunternehmen zugrunde, auf eine Ausschreibung des Bauherrn für ein Bauvorhaben ein gemeinsames Angebot abzugeben. Verfolgt wird das Ziel, einen bestimmten Bauauftrag zu erhalten, um ihn dann gemeinsam als ARGE auszuführen. Mit der Abgabe des Angebots und einer möglichen Auftragserteilung erlischt die Bietergemeinschaft, weil ihr Zweck erfüllt ist.
Was ist eine Bietergemeinschaft?
Bild: © f:data GmbH

Von der Bietergemeinschaft bis zur ARGE

Die nachfolgend dargestellte Übersicht veranschaulicht den Weg von der Bietergemeinschaft bis zur Gründung der Bau-ARGE bei Erhalt des Bauauftrags.
Bietergemeinschaft

Wann ist eine Bietergemeinschaft sinnvoll?

Die Bietergemeinschaft ist grundsätzlich zulässig, wenn bei der Zusammenarbeit kein wettbewerbsbeschränkender Zweck vorliegt. Sie ist immer dann sinnvoll, wenn:
  • einzelne Bauunternehmen nicht in der Lage sind, den Bauauftrag allein durchzuführen und dafür ein Angebot abzugeben
  • einzelne Bauunternehmen zwar leistungsfähig wären, aber ihre Kapazitäten dafür nicht einsetzen können
  • sie auf vernünftigen kaufmännischen Überlegungen beruht und die Möglichkeit besteht, ein erfolgversprechendes Angebot abzugeben
  • wirtschaftliche Zweckmäßigkeit geboten ist
Zur Zulässigkeit einer Bietergemeinschaft erfolgten u. a. Entscheidungen mit einem Beschluss durch das OLG Düsseldorf vom 1. Juli 2015 (Verg. 17/15) mit Betrachtung von Fallgruppen für eine zulässige, wettbewerbsunschädliche Bietergemeinschaft. Danach wird es als unerheblich betrachtet, ob die an der Bietergemeinschaft beteiligten Unternehmen objektiv nicht in der Lage wären, den Auftrag auszuführen. Die BG muss aber darlegen können, dass ihre Bildung und Angebotsabgabe nicht gegen Wettbewerbsrecht verstößt.
Bietergemeinschaften erhöhen besonders die Wettbewerbsfähigkeit von kleinen und mittelgroßen Bauunternehmen und arbeiten auch im Interesse der Mittelstandsförderung.

Erklärungen der Bietergemeinschaft

Ist die Angebotsabgabe durch Bietergemeinschaften bei Ausschreibungen zu öffentlichen Bauaufträgen vorgesehen, so sind mit Bezug auf die Regelungen in den Vergabehandbüchern spezielle Erklärungen der Bietergemeinschaft zum Angebot durch die Mitglieder der Bietergemeinschaft abzugeben.
Hierzu wird zu Hochbaumaßnahmen im Formblatt 234 – Erklärung Bieter- / Arbeitsgemeinschaft – im Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017, Stand 2019) bestimmt, dass zu einer Bietergemeinschaft eine Erklärung aller Mitglieder in Textform vorzusehen ist.
Eine Erklärung zur Bietergemeinschaft ist auch mit folgenden Verpflichtungen verbunden:
  • Bildung einer ARGE im Auftragsfall
  • Bezeichnung von allen Mitgliedern und des für die Durchführung des Vertrags bevollmächtigten Vertreters
  • rechtsverbindliche Vertretung des Bevollmächtigten gegenüber dem Auftraggeber
  • Haftung alle Mitglieder als Gesamtschuldner
  • Abgabe der in den Bewerbungsbedingungen geforderten Erklärungen und Angaben im Auftragsfall
Verlangt eine Vergabestelle Erklärungen, sind sie von allen Mitgliedern unterzeichnet bzw. fortgeschritten oder qualifiziert signiert bzw. mit Stempel versehen und abzugeben.
Die Benennung eines bevollmächtigten Vertreters der Bietergemeinschaft leitet sich auch aus der VOB Teil A ab. Maßgebend sind für nationale Ausschreibungen im Unterschwellenbereich § 13 Abs. 5 im Abschnitt 1 sowie analog nach § 13 EU und VS jeweils  Abs. 5 in den Abschnitten 2 und 3 der VOB/A bei EU-weiten Ausschreibungen bei Erreichen der Schwellenwerte sowie verteidigungs- und sicherheitsspezifischen Baumaßnahmen.

Vereinbarung einer Bietergemeinschaft

Eine Bietergemeinschaft sollte möglichst zwischen den Partnern rechtsverbindlich geregelt bzw. vereinbart werden, zugleich auch gegenüber dem Ausschreibenden und ggf. Dritten. Den Bauunternehmen steht dafür vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) ein Mustervertrag als Bietergemeinschaftsvertrag zur Verfügung, näher erläutert unter dem Link. Das Vertragsformular liegt als aktualisierte und überarbeitete Fassung 2016 vor und kann in digitaler Version oder Printform von der BWI-Bau GmbH Düsseldorf bezogen werden.
Der im Vertrag zu formulierende Zweck ist die Abgabe eines gemeinsamen Angebots. Zugleich verpflichten sich die Beteiligten, sich nicht selbstständig oder anderweitig um den ausgeschriebenen Bauauftrag zu bemühen.
Weiterhin sollte mit dem Vertrag bereits Klarheit z. B. über folgende Aspekte erzielt werden:
  • Verpflichtung zur späteren Regelung der Rechtsbeziehungen in einer ARGE,
  • das künftige Beteiligungsverhältnis der Gesellschafter,
  • Verantwortlichkeit der Geschäftsführung, so zur späteren Technischen und Kaufmännischen Geschäftsführung bei einer ARGE,
  • Benennung eines bevollmächtigten Vertreters der Bietergemeinschaft,
  • Festlegungen zur Kostenübernahme bzw. -erstattung, z. B. für die Erarbeitung und speziell der Angebotskalkulation des Angebots, ausführlich erläutert unter Angebotskalkulation der Bietergemeinschaft.

Angebot der Bietergemeinschaft

Vor Abgabe des gemeinsamen Angebots ist die Zustimmung aller beteiligten Unternehmen, als Gesellschafter der Bietergemeinschaft einzuholen.
Bei der Wertung der Angebote und Teilnehmer A sind die Bietergemeinschaften den Einzelbietern gleichzusetzen, wenn sie die Arbeiten im eigenen Betrieb oder in den Betrieben der Mitglieder ausführen. Beim nationalen Wettbewerb ist hierfür die Aussage in § 6 Abs. 2 in der VOB/A bestimmend.
Bei EU-weiten Ausschreibungen kann der Auftraggeber bei Bietergemeinschaften nach § 6 EU Abs. 3, Nr. 2 VOB/A (analog auch nach § 6 VS Abs. 3, Nr. 2 bei verteidigungs- und sicherheitsspezifischen Baumaßnahmen) die Annahme einer bestimmten Rechtsform verlangen, wenn dies für die ordnungsgemäße Durchführung des Auftrages notwendig ist. Die Annahme dieser Rechtsform kann von der Bietergemeinschaft jedoch nur verlangt werden, wenn ihr der Bauauftrag auch erteilt wird.
Wird nicht öffentlich ausgeschrieben, so sind Angebote von Bietergemeinschaften, die erst nach der Aufforderung zur Angebotsabgabe aus aufgeforderten Unternehmen gebildet werden, nicht zuzulassen.

Bietergemeinschaft im Straßenbau

Für Baumaßnahmen im Straßen- und Brückenbau sind die Bewerbungsbedingungen für eine Bietergemeinschaft im "Handbuch für die Vergabe und Ausführung von Bauleistungen im Straßen- und Brückenbau (HVA B-StB - Ausgabe August 2019)" im Teil 1 - Vergabeunterlagen - unter Tz. 1.0 - 2 C) zu beachten. Danach hat die Bietergemeinschaft eine Erklärung analog unter Erklärungen angeführten Verpflichtungen nach Muster abzugeben. Sie ist ebenfalls von allen Mitgliedern der Bietergemeinschaft zu unterzeichnen.
Erfolgt eine Ausschreibung nicht öffentlich, werden Angebote von Bietergemeinschaften, die sich erst nach der Aufforderung zur Angebotsabgabe aus aufgeforderten Bauunternehmen gebildet haben, nicht zugelassen.

Bietergemeinschaft bei Zeitvertragsarbeiten

Auch zu Zeitvertragsarbeiten bei nationalen Vergaben im Unterschwellenbereich kann das Angebot durch eine Bietergemeinschaft erfolgen. Im VHB-Bund (2019) wird in der Richtlinie 612, Tz. 5 (Teilnahmebedingungen) zu öffentlichen Bauaufträgen vermerkt, dass von der Bietergemeinschaft mit dem Angebot eine unterzeichnete Erklärung abzugeben ist. In ihr sind gleichermaßen die oben unter Erklärungen angeführten Verpflichtungen darzulegen.
Die Vergabestelle kann ebenfalls eine von allen Mitgliedern der Bietergemeinschaft unterzeichnete bzw. fortgeschritten oder qualifiziert signierte Erklärung verlangen.
Bauprofessor-Redaktion
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