Bei der Windlast handelt es sich um eine durch das Klima bedingte und veränderliche Einwirkung auf Bauwerke und Bauteile. Mit der Windlast wird die Druckverteilung beschrieben, der ein Gebäude unter Einfluss von Windströmungen ausgesetzt wird. Die Bestimmung und Einschätzung der Windlast ist wichtig bei der Planung und Errichtung von Bauwerken und Bauteilen. Dies gilt insbesondere in zahlreichen Bereichen der Haustechnik wie etwa bei der Konzeption und statischen Berechnung von Solaranlagen, Windkraftanlagen oder Photovoltaikanlagen. Aber auch bei der Planung von Dächern, Dachaufbauten wie Flächenheizungen sowie Markisen, Außenjalousien oder Rollläden zählen Windlastzonen, Windwiderstandsklassen oder Geländekategorien zu den zu berücksichtigenden Faktoren. Die Windlast setzt sich aus Druck und Sog zusammen. Sie wirkt sich in Form einer Flächenlast senkrecht zu einer Fläche des Bauwerks aus. Zum Beispiel entsteht bei einem Gebäude an den frontal beströmten Flächen durch die damit verbundene Hemmung der Strömung ein offiziell Winddruck genannter Überdruck. Am Dach und an den Seiten löst sich die Strömung im Bereich der Kanten auf, was einen auch Windsog genannten Unterdruck erzeugt. Dieser Unterdruck wird ebenfalls auf der Rückseite des Gebäudes durch Nachlaufwirbel erzeugt. Wie sich eine Windlast auf ein Bauwerk auswirkt, hängt von Faktoren wie dem Standort, dem regionalen Windklima sowie der topographischen Lage ab.
Windstärken und Windklassen
Wind entsteht durch Unterschiede des Luftdrucks zwischen verschiedenen Luftmassen. Die Luft strömt dabei aus einem Hochdruckgebiet in ein Tiefdruckgebiet. Dies erfolgt so lange, bis der Luftdruck wieder ausgeglichen ist. Die jeweilige Windgeschwindigkeit hängt vom Umfang dieses Luftdruck-Ungleichgewichts ab. Je größer der Druckunterschied, desto höher ist auch die Geschwindigkeit der Luftteilchen – also die Windgeschwindigkeit.
Die Windgeschwindigkeit wird in drei Maßeinheiten, nämlich m/s (Meter pro Sekunde), nm/h (Seemeile bzw. nautische Meile pro Stunde) = 1 kn (Knoten) oder km/h (Kilometer pro Stunde) gemessen und angegeben.
Durch Wetterbeobachtungen und die Dokumentation der Auswirkung verschiedener Windstärken an Land und auf See wurden im 18. Jahrhundert Windskalen entwickelt. Francis Beaufort führte über Jahrzehnte Aufzeichnungen zu den Windstärken und ihren Auswirkungen und entwickelte so eine Skala mit 13 Windstärken – von Stärke 0 bei Windstille bis Stärke 12 bei einem Orkan. Seit 1906 wird diese Einteilung der Windstärken mit der jeweiligen Zuordnung von Windgeschwindigkeiten als Beaufort-Skala bezeichnet und vom britischen Wetterdienst genutzt.
Die Windgeschwindigkeit gibt auf dem Land und dem Meer Anhaltspunkte für die horizontale Strömung sowie vertikale Strömung bei Tornados. Die vertikale Strömung ist in der Luftfahrt von Bedeutung, da dort beispielsweise auch Aufwinde zur Gefahr werden können. Im Bereich der Gebäude und Bauwerke ist jedoch eher der Winddruck, Staudruck oder Windanfall ausschlaggebend, da diese Windeinflüsse für die Planung und Ausführung z. B. von Schornsteinen und verschiedenen Lüftungsanlagen wichtig sind. Aus diesem Grund werden bei einigen Haustechnik-Anlagen auch zusätzliche Windfühler integriert, wenn dadurch – bei dem Wind ausgesetzten Bauwerken, Bauteilen oder Anlagenteilen – Luftführungen oder Raumtemperaturen beeinträchtigt werden. Wind wird jedoch auch in Klassen eingeteilt. Bei der IEC 61400 handelt es sich um eine international gültige Norm der IEC (Internationale Elektrotechnische Kommission) für Windenergieanlagen. Hierin werden Windklassen definiert, um je nach Windverhältnissen die richtige Anlage auswählen zu können. Jede Windkraftanlage wird nach einer der Windklassen zertifiziert und muss daher den Auslegungswerten ohne Schaden standhalten. Die Windklassen I, II und III werden durch Referenz-Windgeschwindigkeiten und Turbulenzintensitäten am Standort definiert. Wirbelstürme, Orkane, Zyklone oder andere abnorme Windbedingungen werden in die Windklasse S eingeteilt.
Windzonen in Deutschland
Die Windkraft und damit auch die Windlast, die auf Gebäude und Bauteile einwirken kann, ist naturgemäß abhängig von vielen Faktoren. Da Wind ein klimatisch bedingtes und eher unkalkulierbares Ereignis darstellt, wurden aufgrund von Beobachtungen und Messungen Windzonen definiert.
In der Normierung wird Deutschland in vier Windzonen eingeteilt:
Karte der Windzonen in Deutschland, angelehnt an DIN EN 1991-1-4/NA
Bild: © f:data GmbH
Geländekategorien
Für die Berechnung der Windlast werden Parameter wie das Windklima und die Geländestruktur berücksichtigt, da diese Einfluss auf die Windlast haben können. Neben den bereits beschriebenen geografischen Windzonen wird Deutschland daher in der Normierung in vier Geländekategorien eingeteilt:
Geländekategorie I:
Offene See; Seen mit mind. 5 km Freifläche in Windrichtung; flaches und glattes Land ohne Hindernisse
Geländekategorie II:
Gelände mit Hecken, einzelnen Gehöften, Häusern oder Bäumen, z. B. landwirtschaftliches Gebiet
Geländekategorie III:
Vorstädten, Industrie- oder Gewerbegebieten; Wälder
Geländekategorie IV:
Stadtgebiete, bei denen mindestens 15 % der Fläche mit Gebäuden bebaut sind, deren mittlere Höhe 15 m überschreitet
Berechnung der Windlast
Eine Windlastberechnung ist notwendig, um sichere und windresistente Bauwerke zu errichten und zu platzieren. Entsprechend der Normierung fließt in die Berechnung der Windlasten daher der Spitzengeschwindigkeitsdruck in der Bezugshöhe der ungestörten Windströmung mit den Kraft- oder Druckbeiwerten sowie mit dem Strukturbeiwert ein. Dabei hängt der Spitzengeschwindigkeitsdruck von Windklima, Geländerauigkeit und Topographie ab. Aber auch Größe, Form und dynamische Eigenschaften des Bauwerks werden berücksichtigt. Zudem werden die aeroelastischen Reaktionen flexibler Strukturen wie Kabel, Masten oder Schornsteine bedacht.
Auf jedes Bauwerk wirken die Windkräfte unterschiedlich ein. Bei der Berechnung der Windlast für ein Dach werden zum Beispiel die Windgeschwindigkeit, die Hauptwetterrichtung sowie die Dachmerkmale aus Höhe und Form herangezogen. Durch die Windlast entsteht auch im Dachbereich Winddruck und Windsog. An den Stellen, an denen der Wind auf Gebäude und Dach trifft, bildet sich Winddruck (Überdruck). Hingegen entsteht dort, wo der Windstrom an den Kanten abreißt, ein Windsog (Unterdruck). Je steiler ein Dach errichtet wird, desto aerodynamischer ist es, da die Windkräfte am First brechen. Deutlich weniger Aerodynamik entwickelt sich daher im Bereich von Flachdächern und Pultdächern. Ganz genaue Werte für die Bauwerksaerodynamik erhält man, wenn die Windeinwirkungen am Bauwerk durch Windkanalversuche am Modell geprüft werden. Hierbei lassen sich dynamische und statische Winddrücke an Oberflächen in Bodennähe oder rund um das Gebäude sowie auf Balkonen und Terrassen einschätzen. Gleiches gilt für die Einwirkung von Immissionen durch Abgase oder Abluft und Windgeräusche. Durch die Windkanalversuche können potenziell notwendige Maßnahmen zugleich auf ihre Wirkung getestet werden.