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Zur Nachforderung von Unterlagen bei der Vergabe von öffentlichen Bauaufträgen sind die Vorschriften nach VOB maßgebend, die in der VOB 2019 jeweils im § 16a § 16a in den Abschnitten 1 bis 3 der VOB/A neu gestaltet wurden. Deutlicher gegenüber früher wird bestimmt, dass:
Aussagen zu nachgeforderten Unterlagen der Art nach getroffen werden,
auch fehlende oder unvollständige leistungsbezogene Unterlagen (z. B. Produktangaben) der Nachforderung unterliegen und
Vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI), wurde mit Schreiben vom 26. Februar 2020 die Auslegung einzelner Regelungen der VOB/A interpretiert. Nach Auffassung des BMI kommt "eine Nachforderung fehlerhafter unternehmensbezogener Unterlagen nicht nur bei formellen Fehlern in Betracht. Vielmehr können alle geforderten unternehmensbezogenen Unterlagen nachgereicht, vervollständigt oder korrigiert werden".
Eine Verzerrung des Wettbewerbs tritt auch bei einer Korrektur nicht ein, weil kein objektiv ungeeigneter Bieter geeignet wird und umgekehrt. Dahinter steht die Absicht, die Anzahl der am Wettbewerb teilnehmenden Angebote nicht unnötig wegen formaler Mängel zu reduzieren. Nachzufordern sind aber jeweils leistungsbezogene Unterlagen, wenn sie die Wirtschaftlichkeitsbewertung anhand der Zuschlagskriterien betreffen, um das wirtschaftlichste Angebot ermitteln zu können. Werden jedoch geforderte Erklärungen und Nachweise durch den Bieter nicht zum Angebot übergeben, kann der Auftraggeber bzw. die Vergabestelle die fehlenden Unterlagen nachträglich verlangen. Diese sind dann spätestens innerhalb von 6 Kalendertagen nach Aufforderung durch den Auftraggeber vorzulegen, und zwar mit Bezug jeweils auf § 16a Abs. 4 in den Abschnitten 1 bis 3 in der VOB/A hinsichtlich aller Verfahrensarten bei nationalen und EU-weiten Ausschreibungen. Werden die nachgeforderten Erklärungen oder Nachweise nicht innerhalb der Frist vorgelegt, ist das Angebot auszuschließen, sofern nicht bereits Gründe für den Ausschluss von Angeboten von vornherein maßgebend sind. Eine weitere Nachforderung sieht die VOB/A bewusst als Möglichkeit nicht vor. Nicht nachzufordern sind fehlende Baupreisangaben bei einer Ausschreibung und Vergabe nach § 16a Abs. 2 in den Abschnitten 1 bis 3 der VOB/A. Als Ausnahme kann jedoch gelten, wenn nur in unwesentlichen Leistungspositionen die Preisangaben fehlen und durch Außerachtlassung dieser Positionen weder der Wettbewerb noch die Angebotswertung beeinträchtigt werden. Hierzu sei auf Erläuterungen unter Nachfordern von Baupreisen sowie zu Aussagen, ob und inwieweit eine Preisangabe als wesentlich oder unwesentlich anzusehen ist, unter Fehlende Baupreisangaben verwiesen. Der Auftraggeber kann neu mit Bezug auf jeweils § 8 Abs. 2, Nr. 5 in den Abschnitten 1 bis 3 der VOB/A an zentraler Stelle in den Vergabeunterlagen alle vom Bieter zu liefernden Unterlagen (mit Ausnahme von Produktangaben) vermerken. Da dies bei öffentlichen Bauaufträgen viele vorgeschriebene Formblätter nach Vergabehandbüchern betreffen wird, erfolgte zu Hochbaumaßnahmen im Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017, Stand 2019) die Aufnahme eines neuen Formblatts 216 - Verzeichnis der im Vergabeverfahren vorzulegenden Unterlagen -, betreffend Erklärungen, Angaben und Nachweise. Das Formblatt 216 bietet den Bauunternehmen praktisch eine Checkliste über alle Unterlagen mit Aussagen nach der Haupt-und Untergliederung:
1. | Unterlagen, die mit dem Angebot abzugeben sind: |
| 1.1 | Formblätter |
| 1.2 | Unternehmensbezogene Unterlagen |
| 1.3 | Leistungsbezogene Unterlagen |
| 1.4 | Sonstige Unterlagen |
2. | Unterlagen, die auf Verlangen der Vergabestelle vorzulegen sind: |
| 2.1 | Formblätter |
| 2.2 | Unternehmensbezogene Unterlagen (Bestätigungen der Eigenerklärungen) |
| 2.3 | Leistungsbezogene Unterlagen |
| 2.4 | Sonstige Unterlagen. |
Über detailliertere Angaben sei auf Aussagen unter Vergabeunterlagen verwiesen. Beispielsweise zählen zu den mit dem Angebot abzugebenden Unterlagen die ergänzenden Formblätter Preise (EFB-Preis) 221 oder 222 nach VHB-Bund. Eine Angabe, ob Unterlagen zum betreffenden Vergabeverfahren nicht nachgefordert werden, erfolgt darüber hinaus auch in anderen Formblättern nach VHB- Bund, so in der Auftragsbekanntmachung und in der Aufforderung zur Angebotsabgabe. Dies ist erforderlich, weil ein möglicher Ausschluss der Nachforderung von Unterlagen auch in Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung denkbar ist. Hierfür wurde im Formblatt 211- Aufforderung zur Abgabe eines Angebots - die Nr. 3 neu strukturiert.
Speziell zu Baumaßnahmen im Straßen- und Brückenbau erfolgen Aussagen im „Handbuch für die Vergabe und Ausführung von Bauleistungen im Straßen- und Brückenbau (HVA B-StB, Ausgabe August 2019 im Teil 2 unter Tz. 2.4 (Nr. 13). Danach kann ein Abschluss der formalen Prüfung bei Angeboten mit fehlenden und zur Angebotsabgabe geforderten Unterlagen erst dann vorgenommen werden, wenn die fehlenden Unterlagen nachgefordert und geprüft wurden, sofern die Angebote nicht zwingend von vornherein auszuschließen sind. Die Frist der Aufforderung beginnt am Tag der Absendung. Leistungsbezogene Unterlagen, die eine Wirtschaftlichkeitsbewertung der Angebote anhand der Zuschlagskriterien betreffen, dürfen aus Gründen der Gleichbehandlung und der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen nicht nachgefordert werden.