Die Umsatzsteuer ist wettbewerbsneutral. Nur einer muss sie in vollem Umfang tragen.
Wie wird die Umsatzsteuerschuld berechnet?
Umsatzsteuerschuld ist die auf den Gesamtumsatz des Unternehmens gemäß Rechnungslegung berechnete Umsatzsteuer zu Bauleistungen als Traglast. Von ihr können die bereits geleisteten Vorumsatzsteuerbeträge (Vorsteuer) abgesetzt werden. Eine sich daraus ergebende Differenz ist dann die Zahllast als noch zu leistende bzw. abzuführende oder zu erstattende Umsatzsteuer. Diese Grafik veranschaulicht den Zusammenhang:
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Besteuert wird eigentlich nur die jeweilige Wertschöpfung (der Mehrwert) in der betreffenden Wirtschaftsstufe. Folglich ist die Umsatzsteuer wettbewerbsneutral. Belastet wird in vollem Umfang nur der Endverbraucher.
Was ist eine Vorsteuer?
Ein Unternehmen hat das Recht, von den Eingangsrechnungen seiner Lieferanten, Nachunternehmern u. a. die bezahlte Umsatzsteuer von seiner Umsatzsteuerschuld als „Vorsteuer“ abzuziehen. In § 15 im Umsatzsteuergesetz (UStG) werden die Einzelheiten geregelt. Mit der Vorsteuer wird gesichert, dass die erhaltenen Vorleistungen für das Unternehmen umsatzsteuerfrei bleiben, sofern:
- die ausgewiesenen Eingangsleistungen und -lieferungen auf den Eingangsrechnungen auch für entsprechende Ausgangsumsätze erforderlich sind
- in den Eingangsrechnungen eine eindeutige Leistungsbeschreibung ersichtlich ist
- weitere heranzuziehende Unterlagen wie Verträge und Lieferscheine die Leistung aussagefähig bezeichnen
Wann ist ein Vorsteuerabzug nötig?
Der Vorsteuerabzug aus den Eingangsrechnungen ist an Voraussetzungen gebunden. Zu beachten sind hierzu die neu herausgegebenen Regelungen mit BMF-Schreiben vom 27. Januar 2023 als „Merkblatt zur Umsatzbesteuerung in der Bauwirtschaft (USt M 2)-Stand: Januar 2023“ und diesbezüglichen Änderungen im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE).
Für den Vorsteuerabzug ist eine vom leistenden oder liefernden Unternehmen ordnungsgemäß ausgestellte Rechnung erforderlich nach den Vorschriften des § 14 Abs. 4 UStG, die beim Empfänger vorliegt. Ein Vorsteuerabzug ist ohne Vorliegen einer Rechnung gemäß formeller und materieller Voraussetzungen nicht möglich. Wenn die Zahlung zu einer Rechnung geleistet wird, kann der Vorsteuerabzug erst in dem Voranmeldezeitraum erfolgen, wenn die ordnungsgemäße Rechnung erstmals vorlag.
Das Recht auf Vorsteuerabzug kann jedoch ausnahmsweise (nach Tz. 10 im BMF-Schreiben) geltend gemacht werden, wenn der Unternehmer eine Rechnung besitzt, die nicht alle formellen Voraussetzungen nach § 14 UStG erfüllt und die auch nicht berichtigt wurde. Für die Geltendmachung eines Vorsteuerabzugs muss dann aber der Unternehmer durch „objektive Nachweise“ belegen können, dass er tatsächlich eine Leistung oder Lieferung von einem anderen Unternehmen erhalten hat, die seinen der Umsatzsteuer unterliegenden Umsätzen dienten. Ohne einen solchen Nachweis können Zweifel verbleiben, ob die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug tatsächlich vorliegen.
Bauspezifische Anforderungen zum Vorsteuerabzug
Für die Ausübung der Vorsteuer ist vor allem eine „ordentliche Leistungsbeschreibung" zur Eingangsrechnung erforderlich. Dafür können die Aussagen auch in verschiedenen Unterlagen bzw. Dokumenten enthalten sein, beispielsweise der Vermerk auf Verträgen, vorliegende Lieferscheine u. a. In einer BFH-Entscheidung vom 11.12.2013 wurde bezweifelt, dass es sich bei den Hinweisen "Erstellung Rohbau" und "Mehrmassen Stahl" um eine genaue Leistungsbeschreibung handelt. Mindestens wäre die Einbeziehung des zugrunde liegenden Angebots erforderlich gewesen. Auch Verweise nur auf "Malerarbeiten" oder "Technische Beratung" gelten allgemein als ungenügend für eine eindeutige Identifizierung. Eine allgemein gehaltene Angabe wie „Produktverkäufe“ reicht ebenfalls nicht aus, wenn die dabei abgerechnete Leistung nicht eindeutig und leicht nachprüfbar festzustellen ist.
Zur Vorsteuer ist weiter zu prüfen, ob die auf den Eingangsleistungen in den Eingangsrechnungen berechnete Umsatzsteuer, überhaupt als Vorsteuer abziehbar ist (vgl. § 15 Abs. 1, 1 a und 1 b UStG). Danach bedarf es der Feststellung im Sinne einer Identifizierung der Vorsteuerbeträge, ob den Eingangsleistungen ganz oder teilweise auch Ausgangsumsätzen zugeordnet werden können, d. h. unschädlichen Ausgangsumsätzen zuzurechnen oder ggf. nach zuordenbaren und nicht zuordenbaren Vorsteuerbeträgen aufzuteilen sind.
Zwischen den Eingangsrechnungen und Ausgangsrechnungen muss ein unmittelbarer Zusammenhang erkennbar sein. Dieser wäre ggf. nur dann nicht erforderlich, wenn die Aufwendungen aus den Eingangsrechnungen im Unternehmen zu den allgemeinen Aufwendungen zählen und über die Preisbildung für erbrachte Ausgangsleistungen mit Berücksichtigung finden. Entscheidend und ausreichend ist, dass der Leistungsempfänger nach einem Urteil des BFH vom 20. Oktober 2016 durch die „Gesamtheit der vorliegenden Angaben in der Rechnung identifizierbar“ ist.
Nach einem BMF-Schreiben vom 14. Dezember 2018 kann für den Vorsteuerabzug darauf verzichtet werden, dass unter der Anschrift des leistenden Unternehmens auch seine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt werden muss. Das leistende Unternehmen soll aber unter der angegebenen Anschrift (ggf. auch eine c/o Adresse, einer Betriebsstätte oder Zweigniederlassung) erreichbar sein. Das ist demzufolge auf den Ausgangsrechnungen der Bauunternehmen sicherzustellen. Eine Rechnung soll dann bei einer Betriebsprüfung nicht mehr wegen fehlender wirtschaftlicher Tätigkeit unter der angeführten Anschrift zurückgewiesen werden. Verbunden ist damit eine Erleichterung für die beteiligten Unternehmen.
Steuerschuldnerschaft zu Bauleistungen
Besondere Regelungen sind noch zu beachten, wenn Steuerschuldnerschaft zu Bauleistungen nach § 13 b UStG vorliegt. Dann darf bei Rechnungen, die der Steuerschuldnerschaft unterliegen (beispielsweise Rechnungen zu Bauleistungen von Nachunternehmern gegenüber einem Bauunternehmen als Generalunternehmer bzw. Hauptunternehmer), in der Rechnung die Umsatzsteuer nicht gesondert ausgewiesen werden. Sollte die Umsatzsteuer auf einer solchen Rechnung ausgewiesen werden, würde dann der Leistende den ausgewiesenen Steuerbetrag nach § 14c Abs. 1 UStG schulden. Es ist in der Rechnung die Angabe "Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers" aufzuführen. Für Rechnungen an ausländische Unternehmen kann auch der Begriff "Reverse Charge" vorgesehen werden. Wird die Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten ausgestellt, dann muss die Angabe "Gutschrift" anstelle von Rechnung enthalten sein.
Auch aus Rechnungen für Übernachtungen bei einer dienstlichen Reise oder einer unternehmerisch bedingten Auswärtsbeschäftigung von Arbeitnehmern kann das Bauunternehmen den Vorsteuerabzug geltend machen, wenn die Rechnungen mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer zulasten des Unternehmens ausgestellt wurden. Das ist ebenfalls aus Rechnungen für Verpflegungsmehraufwendungen für Arbeitnehmer bei einer Auswärtstätigkeit möglich. Die Aufwendungen müssen auch durch Rechnungen auf den Namen des Unternehmens mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer bzw. durch Kleinbetragsrechnungen belegt werden. Wichtiges zu Rechnungsberichtigungen
Gelingt dem Unternehmer kein objektiver Nachweis, kann es (nach Tz. 14 im BMF-Schreiben) auch eine nach § 31 Abs. 5 in UStDV berichtigte Rechnung verlangen. Zu berichtigen bzw. zu ergänzen wären die unvollständigen und ggf. fehlenden Aussagen und Angaben. Eine Rechnungsberichtigung erfordert immer eine spezifische und eindeutige Bezugnahme auf die ursprüngliche Rechnung, so beispielsweise mit Angaben der Rechnungsnummer, des Rechnungsdatums, des Rechnungsempfängers u. a. Vom Bauunternehmen als Leistungs- und Rechnungsempfänger bliebe zu prüfen und zu entscheiden, ob es bei mit Zweifeln belegten Umständen sinnvoller gegenüber Nachweisen ist, bei einer erhaltenen Rechnung mit fehlenden bzw. unvollständigen Pflichtangaben vorzugsweise vom Rechnungsaussteller eine korrigierte Rechnung zu verlangen. Im Falle von Zweifeln sowie bei Unklarheiten würde die Last dem Leistungs- bzw. Rechnungsempfänger zufallen.
Zu gewähren bzw. auszuüben ist der Vorsteuerabzug (nach Tz. 28 ff. im BMF-Schreiben)
selbst bei einer nicht ordnungsgemäßen Rechnung, aber mit objektivem Nachweis zum Zeitpunkt, in dem die Leistung bezogen wurde und eine Rechnung mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer vorlag, wobei aber die nicht ordnungsgemäßen Angaben auf andere Weise zu legen wären
bei einer berichtigenden bzw. rückwirkenden Rechnungskorrektur für den Besteuerungszeitraum, in dem die Leistung bezogen wurde und die ursprüngliche Rechnung vorlag bei Storno und Neuerteilung einer Rechnung erst für den Besteuerungszeitraum der Neuerteilung, wobei die Stornierung und ihre Neuerteilung eine Rückwirkung entfalten kann
Wann ist die Umsatzsteuer fällig?
Die Umsatzsteuerschuld wird fällig mit Ablauf des Voranmeldezeitraums, in dem die Bauleistung ausgeführt worden ist. Bei einer Umsatzsteuer-Sollbesteuerung gilt dies bei - Abnahme mit der Bauleistung als Werklieferung
- zur Fertigstellung bzw. Auslieferung als Werkleistung
Bei einer Umsatzsteuer-Istbesteuerung ist die Vereinnahmung des Rechnungsbetrages maßgebend, im Bauunternehmen bei Vorauszahlungen und Abschlagszahlungen (bei einem VOB Vertrag nach § 16 VOB/B). Erfolgte durch das Unternehmen selbst eine Vorauszahlung an ein anderes, beispielsweise vom Generalunternehmer (GU) an einen Nachunternehmer (NU) und wurde dafür der Vorsteuerabzug in der Umsatzsteuervoranmeldung in Anspruch genommen, so muss dieser dann berichtigt werden, wenn die Lieferung bzw. sonstige Leistung nicht ausgeführt worden ist und auch nicht mehr erfolgen wird, z. B. wegen Insolvenz des Leistenden. Umsatzbesteuerung mit Vorsteuerabzug – ein Beispiel
Das Beispiel demonstriert die stufenweise Aufbereitung für ein Bauunternehmen:
U1 - Unternehmer (Kieswerk)
- U1 liefert in seiner Eigenschaft als Ur-Erzeuger Kies an den Unternehmer U2 (Betonwerk) zur Weiterverarbeitung zum Preis von 100.000 € + USt.
- USt. von U1 = 19 % von 100.000 € = 19.000 € (Traglast)
- U1 hat im Beispiel keinen Vorlieferanten und demnach auch keine Vorsteuer
U2 - Unternehmer (Betonwerk)
- U2 verarbeitet den Kies zu Betonelementen und liefert diese an den Bauunternehmer U3 (Baubetrieb) zum Preis von 275.000 € + USt.
- USt. von U2 = 19 % von 275.000 € = 52.250 € (Traglast) U2 kann einen Vorsteuerabzug geltend machen.
| Er beträgt: USt. des U2 | = 52.250 € |
| ./. USt, gezahlt an U1 | = 19.000 € |
| Differenz | = 33.250 € (Zahllast) |
Der Vorsteuerabzug beträgt 19.000 €. An das Finanzamt wird nur die Differenz abgeführt, und zwar resultierend aus der Wertschöpfung (Mehrwert)!
Wertschöpfung bei U2 | = Preis von U2 ./. Preis von U1 |
| = 275.000 € ./. 100.000 € | = 175.000 € |
daraus USt. | = 19 % von 175.000 € | = 33.250 € |
U3 - Unternehmer (Baubetrieb)
- U3 errichtet mit den Betonelementen ein Bauwerk und verkauft es an den Kunden
U4 zum Preis von 500.000 € + USt. - USt. von U3 = 19 % von 500.000 € = 95.000 € (Traglast)
- U3 kann einen Vorsteuerabzug geltend machen
Er beträgt: USt. des U3 | = 95.000 € |
./. USt, gezahlt an U2 | = 52.250 € |
Differenz | = 42.750 € (Zahllast) |
| = Abführung an das Finanzamt! |
Wertschöpfung bei U3 | = Preis von U3 ./. Preis von U2 |
| = 500.000 € ./. 275.000 € | = 225.000 € |
daraus USt. | = 19 % von 225.000 € | = 42.750 € |
(Rechnungslegung U3 an U4 einschließlich USt., wenn U4 kein Steuerschuldner nach § 13b UStG ist)
U4 - Kunde (Endverbraucher)
- USt. bei U4 = 19 % von 500.000 € = 95.000 €
- Diese sind vom Endverbraucher zu tragen!
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