Beim Leistungsprogramm ist zunächst von Bedeutung, dass neben der Bauausführung auch der Entwurf dem Wettbewerb unterworfen wird, um die bestmögliche technische und wirtschaftliche sowie funktionsgerechte Lösung zu ermitteln. In welcher Phase der Bauplanung die funktionale Leistungsbeschreibung einsetzen soll, ist nicht definiert und nirgendwo festgelegt. Zu sichern ist aber vor Erstellung des Leistungsprogramms, dass die Grundlagen der Ausschreibung nicht mehr geändert werden. Das LP muss alle für die Entwurfsbearbeitung und Angebotserstellung erforderlichen Angaben eindeutig und vollständig enthalten.
Spezielle Anforderungen zur Zweckmäßigkeit einer Ausschreibung mit Leistungsprogramm bei öffentlichen Bauaufträgen im Hochbau sind im Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017) in Richtlinie 100 unter Tz. 4.4 aufgeführt. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn: - sie wegen der fertigungsgerechten Planung in Fällen notwendig ist, in denen es beispielsweise bei Fertigbauteilen wegen der Verschiedenartigkeit von Systemen den Bietern freigestellt sein muss, die Gesamtleistung anzubieten, wie es ihrem System entspricht und
- mehrere technische Lösungen für eine Baumaßnahme möglich sind, die nicht im Einzelnen neutral beschrieben werden können und vom Auftraggeber seine Entscheidung zur Wirtschaftlichkeit und Funktionsgerechtigkeit des Bauwerks erst auf Grundlage von Angeboten zu treffen wäre.
Eilbedürftigkeit oder Erleichterungen in der Organisation, Leistung der Baudurchführung und Vertragsabwicklung sollten keine Gründe für diese Beschreibungsart sein.
Weitere Anforderungen werden im Anhang 9 im VHB-Bund (Ausgabe 2017) detailliert angeführt, betreffend so als Anhalt für Angaben zum Leistungsprogramm zu: - vom Auftraggeber zu liefernde Angaben für die Ausführung,
- vom Auftraggeber bereitzustellende Unterlagen wie Baugrundgutachten u. a.,
- ergänzenden Angaben des Bieters zum Angebot,
- besonderen Bewertungskriterien, die der Auftraggeber bei der Angebotsbewertung zu berücksichtigen wünscht.
Der Bieter erhält für die Erarbeitung seines Angebots vom Auftraggeber ein Leistungsprogramm. Es soll umfassen die: - Beschreibung der Bauaufgabe und des Bauwerks oder Teile des Bauwerks,
- Beschreibung der Leistungen nach Art, Zweck und Lage sowie die örtlichen Gegebenheiten,
- Beschreibung der Leistungsanforderungen mit Flächenprogramm, Größenangaben, Nutzflächen u. a.,
- Beschreibung der Nutzungsart und ggf. Konstruktion, z. B. Stahl oder Stahlbeton u. a.,
- Einzelangaben zur Ausführung, z. B. Belastbarkeit, Aufzüge, Installationen, Fassadengestaltung u. a.,
- Angaben zu öffentlich-rechtlichen Nutzungen und Anforderungen.
Daraus soll der Bewerber alle für die Entwurfsbearbeitung und sein Angebot maßgebenden Bedingungen und Umstände erkennen können.
Anzugeben sind weiterhin sowohl der Zweck der fertigen Leistung als auch die an sie zu stellenden technischen, wirtschaftlichen, gestalterischen und funktionsbedingten Anforderungen. Deshalb wird diese Form auch als "funktionale Leistungsbeschreibung " bezeichnet. Vorgegeben ist ggf. auch ein Muster-Leistungsverzeichnis, in dem jedoch die Mengenangaben ganz oder teilweise offen gelassen werden. Für die Kalkulation muss sich dann der Anbieter selbst ein Leistungsverzeichnis (LV) aufbauen und die Mengen für die Leistungspositionen ermitteln. Das Leistungsprogramm kann sich entweder auf ein gesamtes Bauwerk beziehen oder auch nur auf Teile davon. Weiterhin kann die Ausschreibung mit Leistungsprogramm auch mit der Ausschreibung mit Leistungsverzeichnis (LV) kombiniert werden. Derartige Mischformen werden in der Rechtsprechung anerkannt, wenn der Entwurf und die Ausführungsplanung schließlich eine Einheit bilden.
Vom Bieter wird mit Bezug auf § 7 c Abs. 3 VOB Teil A bei dieser Ausschreibungsform ein Angebot verlangt, dass: - einerseits den Entwurf für die Ausführung der Leistung mit eingehender Erläuterung zur Bauausführung,
- andererseits eine zweckmäßig gegliederte Beschreibung der Leistung möglichst mit Mengen- und Preisangaben für die Teilleistungen, wobei die Gliederungsstrukturen für die Leistungen jedoch sehr unterschiedlich sein können, wofür es keine festgelegte Regeln gibt,
umfasst. Weiterhin können vom Bieter abgefordert werden, dass: - Angaben zu selbst ermittelten Mengen vollständig bzw. innerhalb vorgegebener Toleranzen in den Vergabeunterlagen zu vertreten sind,
- erfolgte Annahmen bei Mengen- und Preisangaben, zu noch nicht zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe erkennbaren Umständen angeführt und ggf. begründet werden, beispielsweise für Aushub-, Abbruch- oder Wasserhaltungsarbeiten.
Vom Bieter sind in der Regel auch ergänzende Angaben erforderlich beispielsweise: - zur Baustelleneinrichtung für die Bauausführung,
- für ein Bauzeitenplan über den zeitlichen Bauablauf,
- für einen Zahlungsplan für Abschlagsrechnungen und -zahlungen,
- zu Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen zu Folgekosten wie Unterhaltungskosten u. a.
Als Nachteile der LP-Ausschreibung werden allgemein Einschränkungen zur Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Lösungen und ihrer erschwerten Wertung innerhalb der Vergabeverfahren angesehen, weiterhin auch ggf. die Einengung des Wettbewerbs und der Chancengleichheit von Bietern, auch möglicherweise hohe Aufwendungen für die Bieter, die den Zuschlag nicht erhalten und nicht entschädigt werden.
Als Vorteil für den Auftraggeber sind die möglicherweise vielen unterschiedlichen Vorschläge als Baulösungen als Nutzung des Knowhow der Bieter zu sehen und die ggf. geringeren Bauplanungskosten. Zu prüfen ist vom Auftraggeber, ob die dem Bieter für die Ausarbeitung entstehenden Kosten in angemessenem Verhältnis zum Nutzen stehen.
Die Ausschreibung mit Leistungsprogramm ist überwiegend noch eine Ausnahme, erhält aber eine zunehmende Bedeutung bei größeren Bauvorhaben mit weitgehend ähnlicher Ausführung z. B. im Schlüsselfertigbau, bei Fertigteilbauten, Verwaltungsgebäuden, Sporthallen, Parkhäusern, Krankenhäusern u. a. Sie ist vor allem gedacht für Vorhaben mit Kenntnissen des Bieters zur technischen, wirtschaftlichen, gestalterischen und funktionsgerechten Lösung der Baumaßnahme, die auch beim Bieter vorhanden und beherrschbar sind. Bei der Abgabe eines Preisangebots trägt der Bieter ein wesentlich höheres Risiko gegenüber einer Ausschreibung mit LV. Hinzu kommt neben einem Mengenrisiko noch das Leistungs-, Ausführungs- und Kalkulationsrisiko. In der Folge einer Ausschreibung mit LP wird meistens ein Pauschalvertrag zur Bauausführung vereinbart, dem eine Globalpauschalisierung zugrunde liegt.