Risse sind im Allgemeinen Hinweise auf ein Materialversagen. Man kann zwischen unvermeidbaren, materialbedingten und nicht unvermeidbaren Rissen unterscheiden. Erstere müssen oft als Bagatelle akzeptiert werden.
Ätiologie von Rissen
Ursache der meisten Risse ist die zu geringe Resistenz gegenüber Zugkräften des gewählten Baustoffs. Eine Überschreitung dieser führt zur Überlastung mit Bruch, der sich als Riss offenbart. Durch das Rissbild kann der Experte normalerweise die Rissursache einordnen. Risse können normalerweise auf Druck-, Zug- oder Schubkräfte wegen materialtypischen Schwunds und Längenänderungen, unterschiedlichen Setzungen oder Fehlern bei Planung und Ausführung zurückzuführen sein.
Anlässe für die Risserscheinung sind oftmals starke exogene Schocks wie Hochwasser oder starke Trockenheit, hohe oder tiefe Temperaturen und auch Erschütterung, tieffrequenter Schall oder singuläre Schocks wie Unfälle.
Der Hauptzeitraum für den Auftritt von Rissen liegt in den ersten zwei Jahre nach Errichtung des Gebäudes. Mangelhafte Pflege, z. B. von Fugen und altersbedingte Fragilität strecken den Zeitrahmen bis auf mehrere Jahrzehnte. Bei ungleichmäßigen Setzungen können sich Risse auch nach Jahrhunderten verändern.
Risse in unterschiedlichen Materialien
Mauerwerk
Risse im Mauerwerk sind meistens Produkt einer thermischen oder hygrischen Längenänderung. Dementsprechend sind hochwärmedämmendes und großformatiges Mauerwerk besonders anfällig für Rissbildung im Fugenbereich. Gerade Bauteile aus Stahlbeton wie Decken, Ringanker und Stürze erhöhen das Risiko für Risse und legen besondere Maßnahmen zur Reduzierung der Rissbildung nah. Fassaden und Innenwände
Gerissener Putz an Fassaden bzw. Innenwänden und Außenwänden wird ätiologisch in drei Kategorien aufgeteilt: putzbeding, putzgrundbedingt und bauwerksbedingt. 
Riss im Putz einer Fassade
Bild: © Friedrich Minkus
Haarrisse an Fassaden bis 0,2 mm Breite, welche bei üblichem Abstand und Beleuchtung nicht wahrzunehmen sind, werden als Bagatelle betrachtet und sind meistens nicht zu vermeiden. Sichtbare Risse mit einer Rissbreite von über 0,1 mm an Innenwänden, besonders an relevanten Stellen in etwa dem Wohnzimmer sind in der Regel als Mangel zu bewerten.
Fugen
Gerissene Fugen sind meistens auf Planungs- bzw. Konstruktionsfehler oder mangelhafte Instandsetzung nach Überschreitung der Lebensdauer zurückzuführen. Beton
Gerissener Beton ist häufig auf Schwund, Hitzespannung oder Alkali-Kieselsäure-Reaktion, auch Betonkrebs, zurückzuführen. Abhängig von den vereinbarten Anforderungen an die Qualität des Sichtbetons sind Haarrisse bis 0,2 mm zulässig. Estrich
Risse im Estrich in beheizten und unbeheizten Fußbodenkonstruktionen können materialbedingt auf Schwund wie auch auf fehlerhafte Anordnung von Dehnungsfugen zurückzuführen sein. Die Art und Konstruktion des Estrichs legt unterschiedliche Anforderungen an die Rissfreiheit fest. Holz
Holzrisse sind oftmals im Zusammenhang mit übermäßigem Quellen nach einem Wasserschaden oder wegen mangelhaften Schutzes von maßhaltigen Bauelementen wie Türen und Fenster zu finden. Beschichtungen, Bekleidungen und Beläge
Risse in Beschichtungen, Bekleidungen und Belägen wie Anstrichen, Platten oder Fliesen sind in der Regel auf Abnutzung und Alter bzw. mangelhafte Instandhaltung oder problematischen Untergrund zurückzuführen. An Gebäuden
Bauwerksbedingte Risse können auf irreguläre Setzungen, fehlende Fugen, mangelhafte Gründung, Bergschäden oder erhöhte Durchbiegung zurückzuführen sein. Erschütterungen aus Schienen- und Schwerlastverkehr sowie Baumaßnahmen sorgen oftmals für eine Ausweitung vorhandener Risse, können aber auch Ursache neu auftretender Risse sein. Schwere Bauschäden stellen eine Gefahr für die Standsicherheit des Gebäudes dar.