Bauprozess/Bauablauf

Ursachen von Bauablaufstörungen

Störungen durch Baubeteiligte

Wird eine vertraglich vereinbarte Bauleistung nicht wie geplant fertig oder im Baufortschritt gestört, dann liegt eine Bauablaufstörung vor. Dazu rechnen auch Behinderungen und Unterbrechungen der Bauausführung. Für Bauablaufstörungen können Handlungen sowohl durch den Auftraggeber (AG) als auch durch den Auftragnehmer (AN) als Bauausführenden maßgebend gewesen sein, weiterhin auch neutrale und unabwendbare, nicht im Voraus absehbare Ereignisse, die zu Störungen führten. Bauablaufstörungen beeinträchtigen die Bauausführung. Sie können unabhängig von der Bauvertragsart – VOB-Vertrag oder Bauvertrag nach BGB – eintreten.
In der Folge leiten sich meistens Ansprüche aus Bauablaufstörungen ab, z. B. eine Bauzeitverlängerung, Schadenersatzforderungen, Vergütungsanpassungen, Vertragsstrafen u. a.
Corona-Viren.
Bild: © f:data GmbH

Ursachen in Verantwortung des Auftraggebers

Welche Ursachen dem Verantwortungsbereich des Auftraggebers zuzuordnen sind, ist oft strittig. Zugehörig sind in der Regel:
  • unzureichende Erfüllung von Mitwirkungspflichten
  • nicht rechtzeitige Erlangung der Baugenehmigung
  • fehlende Entscheidungen zum fristgemäßen Baubeginn
  • nicht eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibung
  • nicht termingerechte Bereitstellung von Planungsunterlagen
  • Planungsänderungen während der Bauausführung
  • fehlende Geländeaufnahmen, Absteckungen u. a.
  • Anordnungen von Leistungsänderungen
  • Verlangen nach Ausführung zusätzlicher Leistungen
  • von Vorunternehmern des Auftraggebers verursachte Behinderungen und Bauablaufstörungen
  • nicht ordnungsgemäße Bauaufsicht bzw. Überwachung des Bauablaufs

Vom Auftragnehmer zu verantwortende Ursachen

Es gibt auch eine Reihe von Ursachen für Bauablaufstörungen, die z. B. vom Bauunternehmen als Auftragnehmer selbst zu vertreten sind:
  • falsche Einschätzung des Bauablaufs
  • verspäteter Baubeginn bzw. erst nach Aufforderung des Auftraggebers
  • ungenügende eigene Kapazitäten an Personal, Baumaschinen und Geräten
  • unzuverlässiger Einsatz von Nachunternehmern (NU)
  • nicht gut durchdachte Baustelleneinrichtung und Verkehrsanbindung der Baustelle
  • unzureichende Baustellenorganisation und Terminkontrolle
  • durchaus vermeidbare Unfälle mit zeitweiligem Stillstand der Baustelle
  • Beendigung der Bauausführung vorzeitig infolge einer Insolvenz des Auftragnehmers

Neutrale Bauablaufstörungen

Neutrale Bauablaufstörungen, die bei bestehenden Bauaufträgen weder vom Auftragnehmer noch vom Auftraggeber zu vertreten sind, können resultieren aus:
  • Streik oder eine von der Berufsvertretung der Arbeitgeber angeordnete Aussperrung im Betrieb des Auftragnehmers oder in einem unmittelbar für ihn arbeitenden Betrieb, bei einem VOB-Vertrag mit Bezug auf § 6 Abs. 2 in VOB Teil B,
  • höherer Gewalt bei Bauausführungen, beispielsweise Blitzschlag, Orkan, Sturmflut, Erdbeben und andere Naturkatastrophen, aber ggf. auch in Verbindung mit der nachweislich nicht möglichen Beschaffung von Baumaterialien oder deren Beschaffung nur zu wesentlich höheren Einkaufspreise als kalkuliert,
  • evtl. einer Störung der Geschäftsgrundlage bei Bauverträgen im Sinne des § 313 BGB in Verbindung mit Lieferengpässen infolge des Ukraine-Kriegs,
  • anderen, für den Auftragnehmer unabwendbaren Umständen wie Vandalismus an Bauleistungen, Diebstahl von Stoffen, Bauteilen, Baumaschinen und Geräten,
  • außergewöhnlichen Witterungseinflüssen

Störungen in Verbindung mit der Coronapandemie und dem Ukraine-Krieg

Im Erlass des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) vom 23. März 2020 zu bauvertraglichen Fragen in Verbindung mit der Corona-Pandemie wurde ausgeführt, dass die „Corona-Pandemie grundsätzlich auch geeignet ist, den Tatbestand der höheren Gewalt auszulösen“. Dieser Erlass als Sonderregelung endete zum 20. März 2022 gemäß Aufhebungserlass, er besteht aber fort für bestehende Bauverträge bis zum Ende des Vertragsverhältnisses.
Zu Ursachen und Folgen für Bauablaufstörungen bei öffentlichen Bauaufträgen im Hochbau sowie Straßen- und Brückenbau erfolgten ministerielle Erlasse zu „Lieferengpässen und Preissteigerungen wichtiger Baumaterialien als Folge des Ukraine-Kriegs“ vom 25. März 2022 mit speziellen Regelungen für Anpassungen in bestehenden Bauverträgen, näher erläutert unter Lieferengpässe diverser Baustoffe.
Das betrifft als Folgen einerseits die Verlängerung der Ausführungsfristen und zum anderen die Anpassung von Preisen für betroffene Materialpositionen und ggf. Teilübernahme von Mehrkosten. Dies kann aber nicht pauschal angenommen und bestimmt werden, sondern bliebe jeweils im Einzelfall zu prüfen.

Bemerkung zum Einfluss von Witterungseinflüssen

Eine besondere Betrachtung erfordern Witterungseinflüsse. Ist mit ihnen normalerweise bei der Angebotsabgabe zu rechnen, z. B. bei einer Bauzeit über das Winterhalbjahr oder einzelne Regentage im Sommer, liegt keine Behinderung für den Bauablauf vor.
Eine Bauablaufstörung kann sich nur aus außergewöhnlichen und über die üblichen Maße hinausgehende Einflüsse ableiten, z. B. extremer Frost über Monate, wochenlange Regenfälle, Sturmfluten u. a., mit denen bei Abgabe des Angebots für die Baumaßnahme nicht zu rechnen war.
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