Wird eine Bauleistung nicht wie vertraglich vereinbart fertiggestellt oder gestört, liegt eine Bauablaufstörung vor. Die Ursachen dafür können vielfältig sein.
Was ist eine Bauablaufstörung?
Wird eine vertraglich vereinbarte Bauleistung bei bestehenden Bauverträgen nicht wie geplant fertiggestellt oder im Baufortschritt gestört, dann liegt eine Bauablaufstörung vor. Damit einhergehen in der Regel Behinderungen oder Unterbrechungen der Bauausführung. Gründe für Bauablaufstörungen
Für Bauablaufstörungen können Handlungen sowohl durch den Auftraggeber (AG) als auch durch den Auftragnehmer (AN) als bauausführende Unternehmen maßgebend gewesen sein. Doch auch Ereignisse, die weder von AG noch von AN zu vertreten sind, können Bauabläufe empfindlich stören. Oft sind es im Voraus nicht erkennbare und nicht abwendbare Ereignisse, die Bauablaufstörungen verursachen, wie z. B. Streiks, Kriege, Hochwasser oder Erdbeben. Bauablaufstörungen beeinträchtigen die Bauausführung. Sie können unabhängig von der Bauvertragsart – VOB-Vertrag oder Bauvertrag nach BGB – eintreten. Ursachen in Verantwortung des Auftraggebers
Welche Ursachen dem Verantwortungsbereich des Auftraggebers zuzuordnen sind, ist oft strittig. Sofern im Bauvertrag keine abweichende Verantwortlichkeit geregelt ist, gehören dazu in der Regel: unzureichende Erfüllung von Koordinationspflichten
nicht rechtzeitige Erlangung von Genehmigungen
fehlende Geländeaufnahmen, Absteckungen u. a.
nicht eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibung
fehlende Entscheidungen zum fristgemäßen Baubeginn
nicht termingerechte Bereitstellung von Planungsunterlagen
Planungsänderungen während der Bauausführung (ohne diese anzuordnen)
Anordnungen von Leistungsänderungen
fehlende bauliche Vorleistungen (auch von Vorunternehmern)
nicht ordnungsgemäße Bauaufsicht bzw. Überwachung des Bauablaufs
Ursachen in Verantwortung des Auftragnehmers
Es gibt auch eine Reihe von Ursachen für Bauablaufstörungen, die z. B. vom Bauunternehmen als Auftragnehmer selbst zu vertreten sind: verspäteter Baubeginn
ungenügende eigene Kapazitäten an Personal, Baumaschinen und Geräten
unzuverlässiger Einsatz von Nachunternehmern (NU)
nicht gut durchdachte Baustelleneinrichtung und Verkehrsanbindung der Baustelle
mangelhafte Arbeitsvorbereitung
unzureichende Baustellenorganisation und Terminkontrolle
falsche Einschätzung der Besonderheiten des Bauentwurfs
vermeidbare Unfälle mit zeitweiligem Stillstand der Baustelle
vorzeitige Beendigung der Bauausführung infolge einer Insolvenz des Auftragnehmers
Regen oder andere Witterungseinflüsse als Grund für Bauablaufstörungen sind strittig. Sie sind nicht zwingend eine Störung, die einen Anspruch auf Fristverlängerung auslöst.
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Weitere Ursachen für Bauablaufstörungen
Neutrale Bauablaufstörungen, die bei bestehenden Bauaufträgen weder vom Auftragnehmer noch vom Auftraggeber zu vertreten sind, können resultieren aus:
Störungen in Verbindung mit Pandemie und Krieg
Im Erlass des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) vom 23. März 2020 zu bauvertraglichen Fragen in Verbindung mit der Corona-Pandemie wurde ausgeführt, dass die „Corona-Pandemie grundsätzlich auch geeignet ist, den Tatbestand der höheren Gewalt auszulösen“. Dieser Erlass als Sonderregelung endete zum 20. März 2022 gemäß Aufhebungserlass, er besteht aber fort für bestehende Bauverträge bis zum Ende des Vertragsverhältnisses.
Zu Ursachen und Folgen für Bauablaufstörungen bei öffentlichen Bauaufträgen im Hochbau sowie Straßen- und Brückenbau erfolgten ministerielle Erlasse zu „Lieferengpässen und Preissteigerungen wichtiger Baumaterialien als Folge des Ukraine-Kriegs“ vom 25. März 2022 (verlängert mit Erlass vom 22. Juni 2022 und erneut verlängert mit Erlass vom 06. Dezember 2022) mit speziellen Regelungen für Anpassungen in bestehenden Bauverträgen, näher erläutert im Beitrag „Lieferengpässe von Baustoffen“.
Das betrifft als Folgen in Verbindung mit dem Ukraine-Krieg:
Die Verlängerung der Ausführungsfristen um die Dauer der Nichtlieferbarkeit der Stoffe zuzüglich eines angemessenen Aufschlags für die Wiederaufnahme der Arbeiten.
Die Anpassung von Preisen für die reinen Materialkosten der betroffenen Materialpositionen und der angemessenen Teilübernahme von Mehrkosten von nicht mehr als der Hälfte der Mehrkosten. Dies gilt nicht pauschal, sondern jeweils nach der Prüfung des Einzelfalls.
Witterungseinflüsse als Bauablaufstörung
Eine besondere Betrachtung erfordern Witterungseinflüsse. Mit Frost im Winter und Regen im Sommer ist normalerweise bei der Angebotsabgabe zu rechnen. Damit liegt nicht automatisch eine Behinderung für den Bauablauf vor, die einen Anspruch auf Fristverlängerung auslösen würde. Ein Bauzeitverlängerungsanspruch kann sich nur aus außergewöhnlichen und über die üblichen Maße hinausgehenden Witterungseinflüssen ableiten. Dies kann z. B. über Monate andauernder extremer Frost, wochenlange Regenfälle oder Sturmfluten sein. Dies alles müssen Einflüsse sein, mit denen bei Abgabe des Angebots für die Baumaßnahme „normalerweise“ (vgl. VOB Teil B Abs. 2 Satz 2) nicht zu rechnen war. Nicht geregelt ist, wie die konkrete Abgrenzung zwischen „normalerweise“ und „nicht normalerweise“ von zu erwartenden Witterungsbedingungen vorzunehmen ist.
Die normalerweise zu erwartenden Witterungsbedingungen werden häufig aus langjährigen Mittelwerten abgeleitet – doch auch dort besteht Raum für Diskussion. So sind 10-jährige Mittel zwar kürzere Betrachtungszeiträume als 20-jährige Mittel. Das bedeutet aber nicht, dass sie die Witterungsverhältnisse, mit denen zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe zu rechnen war, weniger zutreffend beschreiben. Der Leitsatz „je länger, je lieber“ sollte hier nicht gelten. Angesichts der in den letzten Jahren in kurzen Abständen und größeren Ausmaßen auftretenden Extremwetterereignissen wäre durchaus zu rechtfertigen, auf kürzere Jahresmittel zurückzugreifen oder die jüngere Vergangenheit in der Betrachtung stärker zu gewichten.
Ansprüche aus Bauablaufstörungen
In Folge von Bauablaufstörungen leiten sich in der Regel Ansprüche ab, z. B.: