Bauablaufstörungen sind Verzögerungen, Unterbrechungen oder Abweichungen vom geplanten Bauablauf. Sie können sich negativ auf Zeitplan und Kosten einer Baumaßnahme auswirken.
Wann liegen Bauablaufstörungen vor?
Eine Bauablaufstörung liegt vor, wenn der Bauablauf nicht wie geplant durchgeführt wird, z. B. wenn:
- der vorgesehene Ausführungsbeginn nicht gehalten wird,
- der geplante Baufortschritt nach der Bauablaufplanung nicht eingehalten wird,
- die Bauausführung zeitweilig unterbrochen wird oder
- die vereinbarten Vertragstermine nicht eingehalten werden.
Will ein Auftragnehmer aufgrund von Bauablaufstörungen zusätzliche Bauzeit und / oder finanzielle Forderungen geltend machen, hat er die Störung zunächst dem Auftraggeber durch eine Behinderungsanzeige anzuzeigen. Bauablaufstörung: Wenn die Bauausführung zeitweilig unterbrochen wird, kann das teuer werden.
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Ursachen für Bauablaufstörungen
Im Risikobereich des Auftraggebers liegen regelmäßig die Planung und die Koordination der Baustelle. Störungen im Bauablauf sind sehr häufig durch unvollständige, fehlerhafte, widersprüchliche oder wiederholt und umfangreich geänderte Planung begründet. Sind die Arbeiten auf der Baustelle nicht hinreichend koordiniert, stehen sich verschiedene Beteiligte im Weg oder warten auf Vorleistungen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Auftraggeber diese Aufgaben selbst übernimmt oder Fachleute damit beauftragt. Dies sind Aufgaben, für die der Auftraggeber verantwortlich ist.
Ursachen können auch Sachverhalte sein, die weder Auftraggeber noch Auftragnehmer zu vertreten haben, wie zum Beispiel:
Nicht abwendbare Ereignisse, also höherer Gewalt. Dazu zählen Krieg, Streik, Erdbeben und Extremhochwasser oder auch die Coronapandemie mit den Lockdowns in den Jahren 2020 bis 2022.
Die angeführten Ursachen können nicht pauschal angenommen werden, sondern blieben jeweils im Einzelfall zu prüfen. Vom bauausführenden Unternehmen müssen die Darlegungen das Vorliegen der Ursachen als überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen, ohne dafür sämtliche Zweifel auszuräumen. Dabei ist nicht auf die jeweils einzelne Position im Vertrag, sondern auf die Gesamtbetrachtung des Vertrags abzustellen.
Folgen von Störungen
Die Folgen von Bauablaufstörungen sind vielfältig und lassen sich in zwei Hauptgruppen unterteilen:
Mehrbedarf an Zeit
Die zeitlichen Folgen stellen entweder eine Verschiebung dar (die Arbeiten beginnen später) oder eine Verzögerung (die Arbeiten dauern länger).
Mehrbedarf an Geld
Die finanziellen Folgen stellen meist Preiserhöhungen dar, die in erschwerten Montageaufwendungen und / oder erhöhten Einkaufspreisen begründet sein können und sämtliche Preisbestandteile betreffen.
Ansprüche aus Bauablaufstörungen
Damit aus einem Sachverhalt Ansprüche aus Bauablaufstörungen geltend gemacht werden können, müssen sie mit einer rechtlichen Anspruchsgrundlage verknüpft werden. Ob und in welchem Umfang ein Unternehmer Ansprüche aus Bauablaufstörungen geltend machen kann, hängt maßgeblich davon ab, worin diese begründet sind. Hier einige der häufigsten Konstellationen: Nimmt ein Auftraggeber vertragskonform Änderungen am Bauentwurf vor, kann dies eine Anpassung der Bauzeit und der Vergütung begründen. In diesem Fall wird in der Regel auf die Vertragsgrundlagen zurückgegriffen und auf dieser Basis neu verhandelt.
Nimmt ein Auftraggeber vertragswidrig Einfluss auf den Bauablauf – etwa durch fahrlässiges Führen eines Baggers – und entsteht dadurch ein Schaden, kann dies eine Anpassung der Bauzeit und einen Schadensersatzanspruch begründen. In diesem Fall wird relevant, welche Kosten nur aufgrund des Schadensereignisses entstanden sind und ohne den Schaden nicht entstanden wären. Diese Kosten sind zu ersetzen.
Unterlässt es ein Auftraggeber vertragswidrig, Einfluss auf den Bauablauf zu nehmen – etwa durch ungenügende Koordination oder verzögerte Bereitstellung von Planunterlagen – und entsteht dadurch dem Auftragnehmer ein Nachteil, kann dies eine Anpassung der Bauzeit und einen Entschädigungsanspruch begründen. In diesem Fall kommt es auf die Dauer der Verspätung und die vereinbarten Preise an, zu denen nutzlos vorgehaltene Ressourcen (Mensch, Maschine, Material) entschädigt werden.
Ist eine Bauablaufstörung durch Ereignisse höherer Gewalt begründet, trägt in der Regel jede Partei die eigenen Kosten. Dem Auftragnehmer kann aber zudem ein Anspruch auf Bauzeit entstehen.
Verursacht der Auftragnehmer eine Verspätung oder Verzögerung des Bauablaufs, so hat er weder Anspruch auf zusätzliche Bauzeit noch auf zusätzliches Geld. Im Gegenteil: Der Auftraggeber kann Vertragsstrafe und / oder Schadensersatz geltend machen.
Preisbestandteil „Lohn“
Der Preisbestandteil „Lohn“ berechnet sich bei einem Einheitspreis aus dem Verrechnungslohn und dem kalkulierten Arbeitsaufwand. Der Verrechnungslohn kann sich erhöhen, wenn z. B. während der Bauzeitverlängerung eine Erhöhung der Tariflöhne erfolgt. Die Montageaufwendungen hingegen können steigen, wenn z. B. Leistungsänderungen ein kleinteiligeres Arbeiten erfordern oder der effiziente Einsatz von Arbeitskräften nicht möglich ist, weil diese die Arbeiten wiederholt abbrechen und wieder aufnehmen müssen.
Preisbestandteil „Stoffe“
Der Preisbestandteil „Stoffe“ kann sich erhöhen, wenn z. B. während der Bauzeitverlängerung eine Erhöhung der Rohstoffpreise erfolgt. So konnte ein ungewöhnlich hoher Preisanstieg für Stahl sehr deutlich bei Beginn des Krieges gegen die Ukraine im Februar 2022 festgestellt werden.
Preisbestandteil „Geräte“
Der Preisbestandteil „Geräte“ kann sich erhöhen, wenn z. B. während der Bauzeitverlängerung eine Erhöhung der Treibstoffpreise erfolgt oder wenn Geräte länger auf der Baustelle vorgehalten werden müssen, ohne in gleichem Maße zusätzlich abrechenbare Leistung erbringen zu können. Die kalkulierten Leistungsansätze können dann nicht erreicht werden, die Geräte sind dann weniger effizient im Einsatz. Das erhöht die Kosten pro Mengeneinheit.
Erhöhen sich die direkten Kosten, so erhöhen sich kalkulationsentsprechend auch die indirekten Kosten, wenn eine Bezuschlagung mit vorbestimmten Zuschlägen vorgenommen wurde. Häufig wird dies jedoch Gegenstand eines Streites zwischen den Parteien, weil bei einer Bauzeitverlängerung nur die zeitabhängigen Kosten steigen – nicht aber die einmaligen oder die umsatzabhängigen Kosten. In anderen Fällen genügt die kalkulationsentsprechende Bezuschlagung nicht, um ausreichend BGK zu erwirtschaften, mit denen z. B. Bauleitungspersonal bezahlt werden kann.