Baurecht / BGB

Zusätzliche Leistungen (nach VOB)

Zusätzliche Leistungen hat ein Bauunternehmen als Auftragnehmer auf Verlangen des Auftraggebers (AG) mit auszuführen, wenn sein Unternehmen:
  • auf die geforderte Leistung eingerichtet und
  • die zusätzliche Leistung für die Ausführung der vertraglichen Leistung erforderlich ist.
Zusätzliche Leistungen können sowohl bei einem VOB-Vertrag als auch bei einem Bauvertrag nach BGB maßgebend sein, zu Letzterem wird auf Erläuterungen unter Änderungen zu BGB-Bauverträgen (nach § 650b BGB) verwiesen. Für zusätzlich geforderte und ausgeführte Leitungen steht dem Bauunternehmen ein Vergütungsanspruch einerseits nach § 2 Abs. 6 VOB/B und zum anderen als Vergütungsanpassungen bei BGB- Bauverträgen (nach § 650c BGB) zu.
Nachfolgend wird Bezug auf die VOB genommen. Als zusätzliche Leistungen gelten beispielsweise:
  • Leistungen, die nicht oder nur unvollständig ausgeschrieben waren,
  • Besondere Leistungen nach DIN 18299 in VOB, Teil C bzw. in Tz.4.2 der jeweiligen DIN der einzelnen Bauarbeiten bzw. Gewerke in VOB/C
  • der Abruf von zusätzlichen, zu den bereits im Auftrag enthaltenen Stundenlohnarbeiten (nach § 2 Abs.10 VOB/B),
  • Leistungen aus Planungsänderungen und Anordnungen des Auftraggebers.
In der Baupraxis ist die Abgrenzung bzw. Einordnung bei einem VOB-Vertrag in zusätzliche Leistungen ( nach § 2 Abs. 6 VOB/B) und geänderte Leistungen ( nach § 2 Abs. 5 VOB/B) oft schwierig, weil zumeist die Grenzen fließend sind. Kriterien hierzu sind umstritten.
Ob es sich im speziellen Fall um eine zusätzliche Leistung handelt, bestimmt sich in der Regel aus dem Bauvertrag und der hierfür maßgebenden Leistungsbeschreibung. Liegt lediglich eine Mengenmehrung nach § 2 Abs. 3, Nr. 2 VOB/B in einer Leistungsposition im Leistungsverzeichnis (LV) vor, handelt es sich nicht um eine zusätzliche Leistung. Dazu erfolgte auch in einem Rechtsstreit zu einem Fall durch das OLG München mit Urteil vom 20.07.2010 (Az.: 13 U 4489/08, in IBR 2010, 668) folgende Aussage:
"Um eine zusätzliche Leistung handelt es sich und findet § 2 Absatz 6 VOB/B nur dann Anwendung, wenn unter den vertraglich vereinbarten Leistungen keinerlei Bezugspositionen zu finden sind, deren Teilleistungen noch als sinnvolle Ausgangspunkte für eine Kalkulation der Nachtragsposition herangezogen werden können. Sind dagegen die Kostenelemente einer modifizierten Leistung nur in einer "analogen Kostenfortschreibung" aus den Ansätzen der Angebotskalkulation abzuleiten, dann ist der Bauinhalt nur als "geändert" im Sinne einer Leistungsänderung nach § 2 Abs. 5 VOB/B anzusehen".
Im Allgemeinen gilt in der Baupraxis, dass es sich bei einer "Bauleistung anstatt", gegenüber einer ursprünglichen vorgesehenen Leistung, um eine geänderte Leistung handelt.
Einem Vergütungsanspruch des Auftragnehmers für die zusätzlichen Leistungen steht jedoch nach § 2 Abs. 8, Nr. 2 VOB/B entgegen, wenn sie ohne Auftrag oder unter eigenmächtiger Abweichung vom Auftrag ausführt werden. Ein Vergütungsanspruch besteht jedoch, wenn:
  • der Auftraggeber solche Leistungen nachträglich anerkennt,
  • die Leistungen für die Erfüllung des Vertrags notwendig waren, dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprachen und
  • dem Auftraggeber unverzüglich angezeigt wurden.
Der BGH hat mit Beschluss vom 25.10.2012 (Az: VII ZR 233/11) zu einem Fall entschieden, dass ein Anspruch auf zusätzliche Vergütung einer Zusatzleistung nach § 2 Abs. 5 VOB/B die vorherige Ankündigung durch den Auftragnehmer voraussetzt. Weiterhin wird ausgeführt, dass:
  • die Entbehrlichkeit der Ankündigungspflicht ein vom Auftragnehmer dezidiert darzulegender und ggf. zu beweisender Ausnahmetatbestand ist, der nur dann greift, wenn die zusätzlichen Leistungen offenkundig vergütungspflichtig sind und/oder den Auftragnehmer an der Versäumung der Ankündigung keine Schuld trifft
  • der Auftragnehmer bei Versäumnis, seinen zusätzlichen Vergütungsanspruch anzukündigen, seine Ansprüche nicht auf andere rechtliche Gesichtspunkte stützen kann, vor allem auch nicht auf die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage.
Zu einem Fall entschied das OLG Dresden vom 24. April 2017 (Az.: 10 U 881/14), dass eine Ankündigung ausnahmsweise entbehrlich ist, wenn sie für den Schutz des Auftraggebers nicht erforderlich ist bzw. ohne Funktion war, weil sie ohne Weiteres aus der Leistungsbeschreibung ersichtlich war.
Eine Ankündigung zum Vergütungsanspruch ist auch nicht bei einer Änderung des Bauentwurfs erforderlich.
Ableitend daraus wäre es praktisch, aber sinnvoll, einen Vergütungsanspruch immer anzukündigen, um nicht ggf. einen Anspruch wegen Formfehlern zu verlieren. Das sollte auch unabhängig danach erfolgen, ob es sich eigentlich um eine zusätzliche oder evtl. geänderte Leistung handelt.
Die Anpassung als Vergütungsanspruch bei zusätzlichen Leistungen nach VOB bestimmt sich nach den Grundlagen der Kalkulation für den Hauptauftrag. Zu berücksichtigen sind ggf. "besondere Kosten", die im § 2 Abs. 6, Nr. 2 VOB/B aber nicht näher bestimmt sind. Solche Aufwendungen können sich beispielsweise aus gesetzlichen und tariflich Regelungen (z. B. Erhöhung des Mindestlohns im Baugewerbe) ableiten, die erst nach Abschluss des Hauptvertrags verbindlich wurden.
Der Auftraggeber sollte die Nachtragskalkulation danach prüfen, ob die Kalkulationsansätze aus dem Hauptangebot auch entsprechend berücksichtigt wurden. Ist das nicht der Fall, ist der vorgelegte Nachtrag hinsichtlich der Preisermittlung ggf. zurückzuweisen.
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