Zusätzliche Leistungen sind Leistungen, die nicht oder nur unvollständig in den Vergabeunterlagen ausgeschrieben sind.
Was sind zusätzliche Leistungen?
Zusätzliche Leistungen hat ein Bauunternehmen als Auftragnehmer auf Verlangen des Bauherrn als Auftraggeber mit auszuführen, wenn: - es auf die geforderte Leistung eingerichtet ist und
- die zusätzliche Leistung zur Ausführung der vertraglichen Leistung bzw. zum Erreichen des vereinbarten Werkerfolgs notwendig ist.
Was zählt zu den zusätzlichen Leistungen nach VOB?
Als zusätzliche Leistungen gelten:
- Leistungen, die nicht oder nur unvollständig in den Vergabeunterlagen ausgeschrieben sind.
- Besondere Leistungen nach Tz. 4.2 in der ATV / DIN 18299 bzw. in Tz. 4.2 der jeweiligen ATV / DIN der einzelnen Bauarbeiten bzw. Gewerke nach VOB Teil C.
- Leistungen aus Planungsänderungen bzw. Änderung des Bauentwurfs und anderen Anordnungen des Auftraggebers nach § 2 Abs. 5 VOB Teil B.
- im Bauvertrag nicht vorgesehene Leistungen bei Forderung durch den Auftraggeber nach § 2 Abs. 6 VOB Teil B.
- Abrufe von zusätzlichen, zu den bereits im Auftrag enthaltenen Stundenlohnarbeiten nach § 2 Abs. 10 VOB Teil B.
Abgrenzung von zusätzlichen und geänderten Leistungen
In der Baupraxis ist die Abgrenzung bzw. Einordnung bei einem VOB-Vertrag in zusätzliche Leistungen und geänderte Leistungen oft schwierig, weil zumeist die Grenzen fließend sind. Kriterien hierzu sind umstritten. Dazu erfolgte auch in einem Rechtsstreit zu einem Fall durch das OLG München mit Urteil vom 20.07.2010 (Az.: 13 U 4489/08, in IBR 2010, 668) folgende Aussage:
"Um eine zusätzliche Leistung handelt es sich und findet § 2 Absatz 6 VOB/B nur dann Anwendung, wenn unter den vertraglich vereinbarten Leistungen keinerlei Bezugspositionen zu finden sind, deren Teilleistungen noch als sinnvolle Ausgangspunkte für eine Kalkulation der Nachtragsposition herangezogen werden können. Sind dagegen die Kostenelemente einer modifizierten Leistung nur in einer "analogen Kostenfortschreibung" aus den Ansätzen der Angebotskalkulation abzuleiten, dann ist der Bauinhalt nur als "geändert" im Sinne einer Leistungsänderung nach § 2 Abs. 5 VOB/B anzusehen".
Im Allgemeinen gilt in der Baupraxis, dass es sich bei einer "Bauleistung anstatt", gegenüber einer ursprünglichen vorgesehenen Leistung, um eine geänderte Leistung handelt.
Leistungen für Nachträge von zusätzlichen Leistungen können nach Vertragsabschluss während der Bauausführung anfallen.
Bild: © f:data GmbH
Besteht Vergütungsanspruch für zusätzliche Leistungen?
Für zusätzlich geforderte und ausgeführte Leitungen steht dem Bauunternehmen als Auftragnehmer ein Vergütungsanspruch einerseits nach § 2 Abs. 6 VOB Teil B zu. Der Anspruch entsteht mit Bezug auf eine Anordnung des Auftraggebers mit der Ausübung des einseitigen Leistungsbestimmungsrechts. Das gilt auch unter den Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 VOB Teil B, selbst wenn eine Einigung über die Vergütung der zusätzlichen Leistung vor Bauausführung nicht stattgefunden hat.
Ein Vergütungsanspruch steht ihm für die zusätzlichen Leistungen jedoch nach § 2 Abs. 8, Nr. 2 VOB Teil B nicht zu, wenn diese ohne Auftrag oder unter eigenmächtiger Abweichung vom Auftrag ausgeführt wurden.
Ein Vergütungsanspruch besteht aber dann, wenn:
- der Auftraggeber solche Leistungen nachträglich anerkennt.
- die Leistungen für die Erfüllung des Vertrags notwendig waren und dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprachen.
- diese dem Auftraggeber unverzüglich angezeigt worden sind.
Der BGH hat mit Beschluss vom 25.10.2012 (Az: VII ZR 233/11) zu einem Fall entschieden, dass ein Anspruch auf zusätzliche Vergütung einer Zusatzleistung nach § 2 Abs. 5 VOB Teil B die vorherige Ankündigung durch den Auftragnehmer voraussetzt.
Weiterhin wird ausgeführt, dass:
die Entbehrlichkeit der Ankündigungspflicht ein vom Auftragnehmer dezidiert darzulegender und ggf. zu beweisender Ausnahmetatbestand ist, der nur dann greift, wenn die zusätzlichen Leistungen offenkundig vergütungspflichtig sind und / oder den Auftragnehmer an der Versäumung der Ankündigung keine Schuld trifft.
der Auftragnehmer bei Versäumnis, seinen zusätzlichen Vergütungsanspruch anzukündigen, seine Ansprüche nicht auf andere rechtliche Gesichtspunkte stützen kann, vor allem auch nicht auf die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage.
Zu einem Fall entschied das OLG Dresden am 24. April 2017 (Az.: 10 U 881/14), dass eine Ankündigung ausnahmsweise entbehrlich ist, wenn sie für den Schutz des Auftraggebers nicht erforderlich ist bzw. ohne Funktion war, weil sie ohne Weiteres aus der Leistungsbeschreibung ersichtlich war. Eine Ankündigung zum Vergütungsanspruch ist auch nicht bei einer Änderung des Bauentwurfs erforderlich. Ableitend daraus wäre es aber sinnvoll, einen Vergütungsanspruch immer anzukündigen, um nicht ggf. einen Anspruch wegen Formfehlern zu verlieren. Das sollte auch unabhängig davon erfolgen, ob es sich eigentlich um eine zusätzliche oder evtl. geänderte Leistung handelt.
Berechnung eines Vergütungsanspruchs
Zu berücksichtigen sind ggf. "besondere Kosten", die im § 2 Abs. 6, Nr. 2 VOB Teil B aber nicht näher bestimmt werden. Solche Aufwendungen können sich beispielsweise aus gesetzlichen und tariflich Regelungen (z. B. Erhöhung des Mindestlohns im Baugewerbe) ableiten, die erst nach Abschluss des Hauptvertrags verbindlich wurden. Der Auftraggeber sollte die Kalkulation eines Nachtrags danach prüfen, ob die Kalkulationsansätze aus dem Hauptangebot auch entsprechend berücksichtigt wurden. Ist das nicht der Fall, ist der vorgelegte Nachtrag hinsichtlich der Preisermittlung ggf. zurückzuweisen. Abschlagsrechnungen für zusätzliche Leistungen?
Leistungen für Nachträge von zusätzlichen Leistungen können nach Vertragsabschluss während der Bauausführung anfallen. Wurden zusätzliche Leistungen vom Auftraggeber angeordnet und danach vom Auftragnehmer auch erbracht, dann besteht für den Auftragnehmer die Möglichkeit, dem Auftraggeber eine Abschlagsrechnung als prüfbare Abrechnung zur ausgeführten Bauleistung zur Vergütung vorzulegen. Abschlagszahlungen für zusätzliche Leistungen?
Abschlagszahlungen kann ein Auftragnehmer auch für bereits erbrachte Leistungen (bei zusätzlichen Leistungen) fordern.
Zur Vergütung hat der BGH mit seinem Beschluss vom 24.05.2012 (Az.: VII ZR 34/11) Grundsätze formuliert. Danach kann die Vergütung für zusätzliche Leistungen bereits mit Abschlagszahlungen eingefordert werden, wenn für die erbrachte Teilleistung eine Abschlagsrechnung vorgelegt wird. Das kann auch dann erfolgen, wenn eine Einigung über die Vergütung der erbrachten Leistung vorher nicht stattgefunden hat. In den Grundsätzen des BGH wurde weiter ausgeführt, dass:
- die Berechtigung zur Rechnungslegung für den Vergütungsanspruch mit Bezug auf die Anordnung des Auftraggebers und der Ausführung entstehe.
- keine vorherige Vereinbarung der Vergütung der Höhe nach bestehen muss.
- bei unterbliebener Einigung zur Vergütung eine Ermittlung nach den Anforderungen wie für zusätzliche Leistungen in § 2 Abs. 6 VOB Teil B erfolgen soll.
- der Anspruch auf Abschlagszahlung bei zusätzlichen Leistungen ebenfalls spätestens 21 Kalendertage gemäß § 16 Abs. 1, Nr. 3 VOB Teil B nach Rechnungszugang beim Auftraggeber fällig ist.
- der Auftragnehmer berechtigt ist, bei Nichtzahlung der Vergütung Verzugszinsen nach Fälligkeit zu verlangen.
- der Auftraggeber nach Erhalt einer prüfbaren Abschlagsrechnung für zusätzliche Leistungen nicht berechtigt ist, die Zahlung zu verweigern, auch nicht mit dem Verweis, dass die Forderung des Auftragnehmers überhöht ist.
Zusätzliche Leistungen in BGB-Bauverträgen
Auch bei einem Bauvertrag nach BGB und Verbraucherbauvertrag können während der Bauausführung ebenfalls noch zusätzliche Leistungen erforderlich sein, die zur Erreichung des "vereinbarten Werkerfolgs" notwendig sind. Das ist oft dann der Fall, wenn die Bauplanung getrennt von der Ausführung erfolgte, vom Besteller oder Verbraucher selbst in Auftrag gegeben und nicht dem Bauunternehmen übertragen wurde. Regelungen hierzu liefert das reformierte Bauvertragsrecht im BGB ab 2018 in §§ 650b und 650c BGB. Werden zusätzliche Leistungen bzw. Änderungen vom Besteller oder Verbraucher begehrt, ist der Bauunternehmer verpflichtet, ein Angebot über die Mehr- oder Mindervergütung zu erstellen. Einigen sich die Vertragsparteien nicht über die Höhe, kann der Bauunternehmer nach § 650c Abs. 3 BGB 80 % der im Angebot genannten Mehrvergütung als einen Abschlag ansetzen. Weitere detaillierte Erläuterungen finden Sie hier: