Steuern

An- und Abreisekosten zur Baustelle

Kehren die gewerblichen Arbeitnehmer eines Unternehmens im Bauhauptgewerbe bei Auswärtstätigkeit auf einer Baustelle nicht täglich zum Wohnsitz zurück und nehmen Verpflegungsmehraufwendungen (ehemals Auslösung im Baugewerbe) in Anspruch, dann hat der Arbeitgeber die Arbeitnehmer kostenlos zur Arbeits- bzw. Baustelle zu befördern oder ihnen die Fahrtkosten seit 2015 nach § 7 Nr. 4.2 im Bundesrahmenvertrag für das Baugewerbe (BRTV-Baugewerbe) in Höhe von 0,20 € je gefahrenen Kilometer (folglich gesamt von 0,40 € für die Hin- und Rückfahrt) ohne Begrenzung zu erstatten, sofern der Arbeitnehmer ein von ihm gestelltes Fahrzeug benutzt, ebenfalls auch für tarifliche Wochenendheimfahrten nach § 7 Nr. 4.4 BRTV-Baugewerbe, jedoch ohne km-Begrenzung. Das gilt nach § 7 im RTV-Angestellte im Baugewerbe auch für die Angestellten und Poliere im Bauhauptgewerbe beim Einsatz auf Baustellen.
An- und Abreisekosten zur Baustelle
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Die Erstattungsregelung ist auch für Fahrten von einer vom Arbeitgeber gestellten Unterkunft zur Arbeits- bzw. Baustelle, wenn die Entfernung Unterkunfts- und Arbeitsstelle größer als 10 km ist, analog anzuwenden. Hierfür gilt aber ein Höchstbetrag von 20,00 € je Arbeitstag.
Analog gilt die Regelung auch für einen unmittelbaren Wechsel zu einer anderen Arbeits- bzw. Baustelle und für die Rückfahrt zur Wohnung nach Beendigung der Tätigkeit. Erfolgt eine tägliche Heimfahrt durch den Arbeitnehmer, dann erhält dieser ebenfalls eine Erstattung der Fahrtkosten von 0,20 € je Arbeitstag und gefahrenem Kilometer, wenn die Arbeits- bzw. Baustelle mindestens 10 Kilometer von dessen Wohnung entfernt ist und der Arbeitnehmer für die Fahrt ein selbst gestelltes Fahrzeug benutzt. Der tägliche Anspruch wird aber seit 2015 auf 20,00 € begrenzt.
Sind in den angeführten Abgeltungen zu versteuernde Beträge enthalten, so kann der Arbeitgeber auch eine Pauschalversteuerung nach § 40 Abs. 2 EStG vornehmen.
Bezüglich der Fahrtkosten sind allgemein die seit 2014 geltenden Veränderungen im Reisekostenrecht und die geänderte steuerliche Behandlung in § 9 EStG zu beachten. Aktualisierte Aussagen liegen mit den BMF-Schreiben vom 25. November 2020 zur „Steuerlichen Behandlung der Reisekosten von Arbeitnehmern (veröffentlicht im Bundessteuerblatt I)“ vor, welches das vorherige Schreiben vom 24. Oktober 2014 ersetzte und in allen auch noch offenen Fällen anzuwenden ist. Spezielle Aussagen zur tarifvertraglichen und steuerlichen Beurteilung von Fällen in der Bauindustrie werden auch in einem vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) herausgegebenen "Merkblatt zum steuerlichen Reisekostenrecht (2018)" getroffen.
Beim Einsatz der Arbeitnehmer auf Baustellen erfolgt oft die Fahrt durch betriebseigene Fahrzeuge von einem Sammelpunkt aus zur Baustelle. Die Baustelle gilt dann in der Regel nicht als „erste Tätigkeitsstätte“. Dann werden nur die Fahrten zwischen Wohnung und Sammelpunkt als An- und Abreisekosten zur Baustelle mit der Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 im Einkommensteuergesetz (EStG) abgegolten. Die Aufwendungen für die Fahrten vom Sammelpunkt zur auswärtigen Baustelle bzw. Tätigkeitsstelle kann der Arbeitgeber als Reisekosten steuerfrei erstatten.
Nach dem BFM-Schreiben und o. a. Merkblatt sei beispielsweise auf folgende Situationen aufmerksam zu machen:
"Ein Arbeitnehmer sucht mit seinem PKW auf Anweisung des Arbeitgebers regelmäßig den Betriebshof des Arbeitgebers auf, um dort Werkzeug und Material abzuholen. Von dort fährt er auf verschiedene Baustellen, wo er nach dem Willen des Arbeitgebers auch tätig werden soll. Der Arbeitnehmer ist dem Betriebshof des Arbeitgebers nicht zugeordnet. Der Betriebshof ist auch nicht durch Heranziehung der quantitativen Kriterien erste Tätigkeitsstätte, da der Arbeitnehmer dort nicht tätig werden soll. Das bloße Aufsuchen des Betriebshofs reicht nicht aus. Der Arbeitnehmer hat damit keine erste Tätigkeitsstätte. Die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebshof werden jedoch so behandelt, als seien es Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Hierfür kann der Arbeitnehmer in seiner Einkommensteuererklärung einen Werbungskostenabzug geltend machen.
Für die Fahrten zwischen Betriebshof und Baustellen bzw. Fahrten zwischen den Baustellen kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die tatsächlich entstandenen Fahrtkosten oder pauschale Kilometersätze als Reisekosten steuerfrei erstatten“.
In der Baupraxis ist oft auch folgender Fall typisch:
Mehrere Arbeitnehmer treffen sich an einem bestimmten Ort, ohne dass dies vom Arbeitgeber arbeitsvertraglich festgelegt ist. Von dort aus fahren sie gemeinsam zu den Baustellen des Arbeitgebers, und zwar ohne dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung des Arbeitgebers. Der Treffpunkt der Arbeitnehmer ist somit nicht Sammelpunkt. Damit können für die Fahrten zwischen Wohnung und Treffpunkt sowie für die Fahrten zwischen Treffpunkt und Baustellen bzw. Fahrten zwischen den Baustellen die tatsächlich entstandenen Fahrtkosten oder pauschale Kilometersätze als Reisekosten steuerfrei erstattet werden.
Führen die Arbeitnehmer ihre Tätigkeit in einem weiträumigen Arbeitsgebiet aus, dann gelten die gleichen Grundsätze. Wird das weiträumige Arbeitsgebiet stets von einem Zugang aus betreten oder befahren, so kann der Arbeitnehmer für Fahrten zwischen Wohnung und diesem Zugang die Entfernungspauschale als Werbungskosten geltend machen. Für Fahrten innerhalb des weiträumigen Arbeitsgebiets kann der Arbeitgeber die tatsächlichen Aufwendungen oder pauschale Kilometersätze erstatten.
Bei der Berechnung des Kalkulationslohns der gewerblichen Arbeitnehmer für die Angebotskalkulation sind entsprechende Ansätze für Fahrtkosten zu berücksichtigen, wenn das bauauftrags- und baustellenbezogen erforderlich erscheint. Die kalkulierbaren Kosten sind Bestandteil der Lohnnebenkosten. Sie sind bei Verlangen nach den ergänzenden Formblättern Preise 221 und 222 (EFB-Preis) nach Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017, Stand 2019) in Zeile 1.3 auszuweisen. Analoge Kosten für Angestellte und Poliere können ggf. als Gehaltsnebenkosten im Rahmen der Baustellengemeinkosten oder der Allgemeinen Geschäftskosten (AGK) berücksichtigt werden
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