Steuern

Umsatzsteuer-Sollbesteuerung von Bauleistungen

Die Umsatzsteuerschuld entsteht und wird nach § 13 Abs. 1, Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) fällig mit Ablauf des Voranmeldezeitraums, in dem die Bauleistung (Werklieferung oder Werkleistung) ausgeführt worden ist, d. h. die Fertigstellung bzw. Auslieferung bzw. Abnahme der Bauleistung zum Bauwerk bzw. der vertraglichen Baumaßnahme erfolgte. Dies gilt für das bauausführende Unternehmen im Fall, wenn keine Steuerschuldnerschaft für Bauleistungen nach § 13b UStG vorliegt und der Leistungsempfänger vom Bauunternehmen eine Brutto-Rechnung mit Ausweis der Umsatzsteuer erhält.
Die Soll-Besteuerung gilt bei Bauleistungen grundsätzlich für Schlussrechnungen bzw. auch Teilschlussrechnungen (z. B. zu abrechnungs- und nutzungsfähigen Bauabschnitten), wenn dazu eine Teilabnahme erfolgte. Demgegenüber wird zu Bauleistungen bei Abschlagsrechnungen die Umsatzsteuer-Istbesteuerung von Bauleistungen praktiziert, wonach die Umsatzsteuer "erst mit Ablauf des Voranmeldezeitraums, in dem das Entgelt vereinnahmt" wurde, entsteht und fällig wird, d. h. bezahlt worden ist.
Im Zusammenhang dazu sei verwiesen auf betreffende Aussagen im:
  • "Merkblatt zur Umsatzbesteuerung in der Bauwirtschaft (Stand: Oktober 2009") vom Bundesministerium der Finanzen mit Beispielen zur Rechnungslegung,
  • vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie - Bauen und Service - herausgegebenen "Merkblatt zur Rechnungserstellung und Rechnungskorrektur (Stand: September 2016)",
  • vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) herausgegebenen "Merkblatt Nr. 3: Umsatzsteuer - Versteuerung von Anzahlungen, Abschlagsrechnungen (Stand: Februar 2009)".
Die Umsatzsteuer ist bei der Soll-Besteuerung fällig, unabhängig davon, wann der Auftraggeber die Rechnung bezahlt. In einer Schlussrechnung sind aber die bereits vor Abnahme vereinnahmten Entgelte, z. B. aus Abschlagszahlungen und die darauf entfallenden Steuerbeträge abzusetzen. Folglich bezieht sich der Steuerbetrag auf den Rest der mit der Schlussrechnung geforderten Zahlung.
Dazu folgendes Beispiel:
Fertigstellung des Bauwerks auf Grundlage eines Bauvertrags= 20. September
Abnahme durch den Bauherrn nach VOB/BGB= 04. Oktober
baubehördliche Abnahme= 01. November
Termin der gestellten Schlussrechnung (Brutto) an den Bauherrn, der nicht Steuerschuldner nach § 13 b UStG ist= 10. November
Bezahlung der Schlussrechnung (Bruttobetrag) durch den Bauherrn= 08. Januar
Umsatzsteuerrechtlich würde gelten:
  • die Umsatzsteuer ist im Oktober infolge Abnahme entstanden und per Oktober fällig,
  • hätte der Bauherr das Bauwerk bereits am 21. September z. B. durch Einzug in Nutzung genommen, wäre die Abnahme durch schlüssige Handlung vollzogen worden, entsprechend wäre die Umsatzsteuer im September entstanden und per September fällig,
  • bei der Soll-Besteuerung spielt der Termin der Rechnungslegung sowie der Bezahlung durch den Bauherrn keine Rolle, auch ist eine behördliche Abnahme nicht relevant für die Umsatzsteuer.
In der Praxis stellen sich jedoch folgende Probleme dar:
  • Schlussrechnungen werden terminlich meistens erst Wochen oder sogar Monate nach der Abnahme gestellt, besonders bei Einheitspreisverträgen, weil die Aufmaße und restliche Klärungen z. B. zu Nachträgen noch abzuschließen sind. Der für die Umsatzsteuer maßgebende Rechnungsbetrag steht nicht endgültig fest, dann ist der Leistungsumfang bzw. das Entgelt für die Umsatzsteuer einzuschätzen bzw. darüber eine vorläufige bzw. Interims-Schlussrechnung (nur für das Bauunternehmen intern) aufzustellen.
  • Ergeben sich später mit der Schlussrechnung Abweichungen zur vorläufigen (geschätzten) Ermittlung, ist der Unterschiedsbetrag für die Umsatzsteuer spätestens in der laufenden USt.-Voranmeldung zu erklären und abzuführen.
  • Bei einem Pauschalvertrag steht in der Regel das Entgelt fest. Unter Berücksichtigung bereits besteuerter Abschlagszahlungen würde sich der Betrag für die restliche Umsatzsteuer einfach als Differenz bestimmen lassen.
    1. Gäbe es kein Vertrag, ist das Entgelt ggf. auf der Grundlage des Angebots oder eines Voranschlags zu schätzen.
Als Besonderheiten sind weiterhin zu beachten:
  • Wird das Bauwerk nicht fertiggestellt, z. B. infolge Insolvenz des Bauunternehmens, bewirkt der Termin der Insolvenzeröffnung die Umsatzsteuer für den tatsächlich erbrachten Bauleistungsumfang.
  • Kündigt das Bauunternehmen oder stellt es berechtigt die weitere Ausführung ein, wird die bis dahin erbrachte Bauleistung zum Kündigungstermin zur Grundlage für die Umsatzsteuer.
  • In einer Schlussrechnung sind die bereits vor Abnahme vereinnahmten Entgelte (z. B. Abschlagszahlungen) und die darauf entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn darüber Rechnungen (Abschlagsrechnungen) mit gesondertem Steuerausweis erteilt worden sind.
Die Soll-Besteuerung bedeutet vor allem für kleinere Bauunternehmen und das Bauhandwerk eine finanzielle Belastung bzw. Schmälerung der Liquidität, weil die Umsatzsteuer sofort bezahlt bzw. abgeführt werden muss, ohne vom Auftraggeber das Entgelt erhalten zu haben.
Bauprofessor-Redaktion
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