Als vertragswidrige Leistungen werden allgemein Verstöße des Bauunternehmers als Auftragnehmer gegen die Vereinbarung im Bauvertrag angesehen, meistens Schlechtleistungen während der Bauausführung. Sie können sowohl bei einem VOB-Vertrag als auch Werkvertrag nach BGB auftreten. Dem Auftraggeber (AG) leiten sich für die Abwehr Rechtsfolgen ab, beispielsweise mit den u.a. Musterbriefen. Sofern es sich um öffentliche Bauaufträge handelt, können vom öffentlichen Auftraggeber die neu gestalteten Formblätter im Abschnitt 460 im Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017, Stand 2019) zum Umgang mit vertragswidrigen Leistungen herangezogen werden. Sie stellen ein Angebot für die Vergabestellen dar, unterliegen jedoch nicht der zwingenden Anwendung bei öffentlichen Bauaufträgen. Als typische Sachverhalte vertragswidriger Leistungen, die ein Einschreiten des Auftraggebers zum Beginn und während der Bauausführung erfordern, gelten:
Lagerung von nicht dem Vertrag oder den Proben entsprechenden Stoffen oder Bauteilen auf der Baustelle,
Leistungen, die schon während der Ausführung und damit vor Abnahme als mangelhaft oder vertragswidrig erkannt sind,
unberechtigter Nachunternehmereinsatz nach § 4 Abs. 8 in VOB, Teil B,
unzureichende Ausstattung der Baustelle mit Arbeitskräften, Geräten, Stoffen oder Bauteilen,
verzögerter Beginn der Ausführung,
Verzug des Auftragnehmers in Bezug auf die Vollendung der Leistung nach § 5 Abs. 4 in VOB, Teil B.
Streitig ist dann zwischen den Vertragspartnern oft die Vergütung. Bei einem VOB-Vertrag wird in § 2 Abs. 8, Nr. 1 VOB/B bestimmt, dass Leistungen ohne Auftrag oder eigenmächtig vom Auftragnehmer ausgeführte Leistungen nicht zu vergüten sind. Vom Auftraggeber müssen vertragswidrige Leistungen – sowohl nach Art als auch nach dem Umfang – nicht hingenommen werden. Der Auftraggeber kann verlangen, dass der Auftragnehmer diese Leistungen wieder beseitigt und zwar in einer vom Auftraggeber vorzugebenden Frist. Die Fristsetzung mit einem konkreten Termin wird empfohlen, da die VOB dazu keine Aussage trifft.
Beseitigt der Auftragnehmer die vertragswidrigen Leistungen nicht spätestens bis zum vorgegebenen Termin, kann der Auftragnehmer die Beseitigung auf Kosten des Auftragnehmers veranlassen und ihn für evtl. weiterhin aufgetretene Schäden, z. B. infolge Verlängerung der Ausführungsfrist oder Beschädigung bereits ausgeführter Bauleistungen, haftbar machen. Für die Beseitigung kann der Auftraggeber vom Auftragnehmer einen Vorschuss für die entstehenden Kosten verlangen, meistens dann, wenn eine fremde Firma mit der Beseitigung beauftragt wird.
Dem Auftraggeber bleibt aber auch vorbehalten, die Leistungen auszuführen, wenn diese:
zur Erfüllung der vertraglichen Leistungen erforderlich sind,
dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprechen und
dem Auftraggeber unverzüglich angezeigt werden.
In diesen Fällen kann dann nicht von vertragswidrigen Leistungen gesprochen werden, wenn sie Anerkennung durch den Auftraggeber erfahren.
Für die Anerkennung ist in der VOB für einen VOB-Vertrag keine besondere Form vorgeschrieben, ggf. kann die Anerkennung durch den Auftraggeber auch mündlich erfolgen, z. B. innerhalb eines Baustellenrapports. Zu empfehlen ist jedoch die Schriftform, damit auch später noch Klarheit darüber besteht, vor allem zur Art und dem Umfang der einzelnen betroffenen Leistungen.
Werden die ausgeführten Leistungen anerkannt, dann besteht für den Auftragnehmer Anspruch auf Vergütung nach § 2 Abs. 8, Nr. 2 VOB/B, in analoger Form wie für Leistungsänderungen oder Zusätzliche Leistungen in § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B.