Verlangt ein Auftraggeber, dass vom Auftragnehmer zusätzliche Leistungen auszuführen sind, dann hat der bauausführende Unternehmer Anspruch auf besondere Vergütung bei einem VOB-Vertrag nach § 2 Abs. 6, Nr. 1 VOB/B. Der Auftraggeber kann den Auftragnehmer auffordern, für die von ihm vorgesehenen und angeordneten zusätzlichen Leistungen ein Nachtragsangebot abzugeben.
Für eine Vergütungsanspruch, der nur seitens des Auftragnehmers besteht, gelten als Voraussetzungen:
die VOB, Teil B ist vereinbart, Leistung darf bisher im Leistungsverzeichnis nicht enthalten sein, keine Mehrmenge einer LV-Position sein und nicht durch eine Bauentwurfsänderung begründet sein,
ausdrückliches Verlangen des Auftraggebers,
Auftragnehmer ist für diese Leistung befähigt und eingerichtet,
Anspruch auf Vergütung vor Ausführung durch den Auftragnehmer ankündigen, wofür Schriftform empfohlen wird.
Leistungen, die der Auftragnehmer ohne Auftrag oder unter eigenmächtiger Abweichung vom Auftrag ausführt, sind nicht zu vergüten. Für solche Leistungen besteht aber dann ein Vergütungsanspruch nach § 2 Abs. 8, Nr. 2 VOB/B, wenn:
der Auftraggeber solche Leistungen nachträglich anerkennt,
die Leistungen für die Erfüllung des Vertrags notwendig waren, dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprachen und
dem Auftraggeber unverzüglich angezeigt wurden.
Der Vergütungsanspruch ist durch den Auftragnehmer vor Ausführung dem Auftraggeber anzuzeigen, wofür jedoch keine bestimmte Form vorgeschrieben ist. Gegenüber einem mündlichen Vortrag ist die schriftliche Mitteilung durch den Auftragnehmer vorzuziehen, möglichst mit dem eindeutigen Nachweis, dass der Auftraggeber davon Kenntnis erlangte.
Erfolgt durch den Auftragnehmer keine Ankündigung, geht ihm der Anspruch auf Vergütung verloren. Die diesbezügliche Regelung in § 2 Abs. 6, Nr. 1 VOB/B gilt als verbindliche Voraussetzung für den Anspruch. Bei einem Versäumnis kann der Auftragnehmer bei Ablehnung des Anspruchs auch nicht auf ungerechtfertigte Bereicherung durch den Auftraggeber verweisen.
Erfolgte durch den Auftragnehmer Ankündigung des Anspruchs auf Vergütung für vom Auftraggeber geforderte zusätzliche Leistungen, dann ist die Vergütungsanpassung vom Auftragnehmer zu kalkulieren und dem Auftraggeber als Nachtrag vorzulegen.
Die Vergütungsanpassung bestimmt sich nach den Grundlagen der Kalkulation für den Hauptauftrag. Zu berücksichtigen sind ggf. „besondere Kosten“, die im § 2 Abs. 6, Nr. 2 VOB/B aber nicht näher bestimmt sind. Solche Aufwendungen können sich beispielsweise aus gesetzlichen und tariflich Regelungen (z. B. Erhöhung des Mindestlohns) ableiten, die erst nach Abschluss des Hauptvertrags verbindlich wurden. Der Auftraggeber sollte die Nachtragskalkulation danach prüfen, ob die Kalkulationsansätze aus dem Hauptangebot entsprechend berücksichtigt wurden. Ist das nicht der Fall, ist der vorgelegte Nachtrag hinsichtlich der Preisermittlung zurück zu weisen.
Soweit keine vergleichbaren Leistungen mit angebotenen Preisen aus dem Haupt-Leistungsverzeichnis vorliegen, wird der Auftragnehmer ein Nachtragsangebot vorlegen. Die ergänzende Vereinbarung als Nachtrag sollte möglichst vor Beginn der Bauausführung erfolgen. Kommt es nicht rechtzeitig zur Vereinbarung, besteht aber seitens des Auftragnehmers ein Vergütungsanspruch sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach. Eine frühzeitige Vereinbarung wird aber spätere Streitigkeiten von vornherein ausschalten können. Ein Anspruch auf Vergütung für zusätzliche Leistungen besteht nicht nur bei einem Einheitspreisvertrag, sondern auch bei einer Detailpauschalisierung nach § 3 Abs. 7, Nr. 2 VOB/B, wenn der Auftraggeber eine solche Leistung verlangt. Wurden die zusätzlichen Leistungen vom Auftraggeber angeordnet und vom Auftragnehmer bereits ausgeführt, dann ist der Auftragnehmer berechtigt, dem Auftraggeber eine Abschlagsrechnung für zusätzliche Leistungen als prüfbare Abrechnung zur ausgeführten Bauleistung vorzulegen und eine Abschlagszahlung für zusätzliche Leistungen unter den Voraussetzungen nach § 16 Abs. 1, Nr. 1 VOB/B zu fordern. Das gilt nach einer Entscheidung des BGH mit Beschluss vom 24.05.2012 (Az.: VII ZR 34/11) auch dann, wenn eine Einigung über die Vergütung noch nicht stattgefunden hat.
Im Beschluss des BGH wurden als Grundsätze weiter ausgeführt, dass:
die Berechtigung zur Rechnungslegung für den Vergütungsanspruch mit Bezug auf die Anordnung des Auftraggebers und der Ausführung entstehe,
keine vorherige Vereinbarung der Vergütung der Höhe nach bestehen muss,
bei unterbliebener Einigung zur Vergütung eine Ermittlung nach den Anforderungen wie für zusätzliche Leistungen in § 2 Abs. 6 VOB/B erfolgen soll,
- der Anspruch auf Abschlagszahlung bei zusätzlichen Leistungen nach VOB ebenfalls spätestens nach 21 Kalendertagen gemäß § 16 Abs. 1, Nr. 3 VOB/B-2012 (vorher 18 Werktage nach VOB 2009) nach Rechnungszugang beim Auftraggeber fällig ist,
der Auftragnehmer berechtigt ist, bei Nichtzahlung der Vergütung Verzugszinsen nach Fälligkeit zu verlangen, der Auftraggeber nach Erhalt einer prüfbaren Abschlagsrechnung für zusätzliche Leistungen nicht berechtigt sei, die Zahlung zu verweigern, auch nicht mit dem Verweis, dass die Forderung des Auftragnehmers überhöht wäre.
Nach dem reformierten Werk- und Bauvertragsrecht im BGB ab 2018 wird nicht von "Zusätzlichen Leistungen" gesprochen, sondern nach § 650b Abs. 1 BGB von "Änderungen des vereinbarten Werkerfolgs" oder solchen, die "zur Erreichung des vereinbarten Werkerfolgs notwendig sind". Auszuführen sind die vom Besteller oder Verbraucher begehrten oder angeordneten Leistungen nur, wenn deren Ausführung dem Bauunternehmer zumutbar ist. Sofern dies der Fall ist, besteht ein Vergütungsanspruch des Bauunternehmers. Detailliertere Erläuterungen erfolgen hierzu unter Vergütungsanpassung bei BGB-Bauverträgen.