Bauvertrag / Werkvertrag

Vertretung der Bau-Vertragspartner

Vertragspartner für eine Baumaßnahme können natürliche Personen z. B. der Bau-Handwerksmeister oder Kapitalgesellschaften als juristische Personen sein, letztere vertreten durch die Geschäftsführer oder Mitglieder des Vorstands. Handelt sich um einen öffentlichen Auftraggeber, dann regelt sich die Vertretung nach Gesetzen und/oder Satzungen.
Ein Unternehmer kann in der Regel nicht alle Geschäfte, Verhandlungen und Beratungen persönlich wahrnehmen. Er kann einem Mitarbeiter eine ständige und weitgehende Vollmacht zur Vertretung geben, so durch Erteilung einer Prokura nach §§ 48 ff. Handelsgesetzbuch (HGB) mit Eintragung im Handelsregister. Der Prokurist zeichnet mit "pp." oder "ppa." vor seinem Namen. In größeren Bauunternehmen erhalten meistens die Leiter von Niederlassungen eine Prokura.
Weiterhin kann der Unternehmer auch einem Mitarbeiter das Recht zusprechen, für ihn rechtsverbindlich zu handeln und zu unterschreiben, und zwar auf Grundlage einer "Handlungsvollmacht " nach § 54 HGB. Sie kann ausdrücklich (schriftlich oder mündlich) und stillschweigend erteilt werden. Die Handlungsvollmacht erhalten in Bauunternehmen meistens die Verantwortlichen größerer Leistungseinheiten, beispielsweise Oberbauleiter, ggf. auch verantwortliche Bauleiter größerer Bauvorhaben. Eine Handlungsvollmacht kann auch nur auf einzelne Handlungen eingegrenzt werden oder - beispielsweise gegenüber einem Bauleiter - so abgefasst sein, dass er Verträge mit den Nachunternehmern nur bis zu einem vorher bestimmten Wertumfang verhandeln und abschließen darf.
So wie der Bauunternehmer sich in der Bauausführung vertreten lässt, wird auch der Bauherr bzw. Auftraggeber einen Vertreter - meistens den betreuenden Architekten- für Angelegenheiten zum Bauvertrag und der Bauausführung bevollmächtigen, beispielsweise für die Prüfung und Bestätigung von Aufmaßen und ggf. zur Erteilung von Nachträgen und Zusatzaufträgen. In einem Urteil des OLG München vom 24.5.2011 (Az.: 13 U 2760/10) wurde entschieden, dass ein vom Auftraggeber zu Verhandlungen auf der Baustelle entsandter Mitarbeiter, der mit dem Bauvorhaben befasst und sachkundig ist, als bevollmächtigter Vertreter des Auftraggebers anzusehen ist.
Ohne besondere Vollmacht kann der Architekt beispielsweise Stundenlohnzettel entgegennehmen und Ausführungsmängel rügen. Für die Vornahme einer Abnahme oder die Erteilung von Nachträgen wäre aber eine ausdrückliche Architektenvollmacht vom Bauherrn erforderlich.
Durch den Bauleiter des Auftragnehmers bliebe zu beachten, dass er ggf. zusätzliche Leistungen so lange ablehnt, bis der Auftraggeber durch eine zur Vertretung berechtigte Person die Aufträge und/oder Anweisungen bestätigt.
Die mit Befugnissen bevollmächtigten Vertreter der Vertragspartner sollten bereits im Bauvertrag namentlich aufgeführt werden. Die Benennung im Bauvertrag kann noch erweitert werden mit Aussagen, wozu die Vertreter bevollmächtigt sind, beispielsweise:
  • im Namen der Vertragspartner und mit Rechtswirkung zu benennende Erklärungen abgeben zu können,
  • durch den Architekten Nachträge bis zu einem vorgegeben Wertumfang anzuordnen, Behinderungsanzeigen entgegenzunehmen u. a.
Läge keine Bevollmächtigung vor, wenn Bauleiter und Architekt ggf. Nachträge bestätigen, wären die damit verbundenen Geschäfte schwebend unwirksam, sofern sie nicht noch nachträglich bestätigt werden. Andernfalls könnte sich die Erfüllung durch den Vertragspartner oder ein Schadenersatzanspruch gegen den vollmachtlosen Vertreter mit Bezug auf § 179 BGB ableiten, wenn der andere Vertragspartner den Mangel der Vertretungsvollmacht nicht kannte bzw. nicht kennen konnte. Zu wissen ist jedoch, dass Architekten ohne ausdrücklich erteilte Vollmacht durch den Auftraggeber nicht befugt sind, Änderungen in der Bauausführung sowie zu Verträgen und von Nachträgen zu veranlassen.
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