Baukalkulation / Angebot / Nachträge

Angebotsfristen nach VOB

Die Angebotsfrist ist der Zeitraum zur Einreichung von Angeboten – sie beginnt nach der Bekanntmachung und endet mit dem festgelegten Termin.

Was ist eine Angebotsfrist?

Die Angebotsfrist umfasst die Zeitdauer für die Erarbeitung des Angebots eines Bieters. Sie beginnt mit der Bekanntmachung und endet mit der Einreichung des Angebots. Die Vorgabe von Fristen hat vor allem Bedeutung für die Gleichbehandlung aller am Verfahren beteiligten Bieter.
Anfangs- und Endtermin sind jeweils durch ein Tagesdatum festzulegen. Der Anfangstermin wird durch den folgenden Kalendertag nach der Bekanntmachung durch den Auftraggeber bestimmt. Für die Fristberechnung sind auch die Regelungen nach §§ 186 ff. im BGB zu beachten.
Der folgende Zeitraum für die Angebotserarbeitung wird anschließend mit der Zahl von Kalendertagen berechnet. Danach lässt sich das Fristende ableiten. Fällt es auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, so wird der folgende Werktag maßgebend.
Die Fristverläufe (Beginn, Dauer und Ende) sind zu den Vergaben unterhalb und oberhalb der EU-Schwellenwerte teils auch unterschiedlich geregelt.
Die Angebotsfrist läuft nicht mit der Öffnung des ersten Angebots ab, sondern mit Ablauf des festgelegten Tagesdatums und der Uhrzeitangabe. Wird eine vorgegebene Angebotsfrist überschritten, dann ist ein Angebot nicht mehr zu berücksichtigen und muss ausgeschlossen werden.
Bis zum Ablauf der Angebotsfrist können aber Angebote in Textform noch zurückgezogen werden. In diesem Fall wird das Angebot als nicht eingereicht behandelt. Das gilt gleichermaßen für jede Form der Ausschreibung, folglich auch bei einer freihändigen Vergabe.
Soweit es sich um Mindestfristen zum Angebot handelt, gibt es ggf. auch noch Tatbestände, die für eine Ausnahme sprechen können. Möglich wäre dies evtl. bei besonderer Dringlichkeit. Der Auftraggeber kann das Fristende durchaus auch noch über die Frist hinaus verschieben.
Für öffentliche Bauaufträge gelten je nach Vergabeart unterschiedliche Fristvorgaben, teils mit verbindlichen Mindestfristen.
Für öffentliche Bauaufträge gelten je nach Vergabeart unterschiedliche Fristvorgaben, teils mit verbindlichen Mindestfristen. Bild: © f:data GmbH

Regelungen zu Angebotsfristen

Für öffentliche Bauaufträge werden teils Mindestfristen zu einzelnen Vergabeverfahren vorbestimmt und teils auf die Vorgabe angemessener Fristen durch die Auftraggeber verwiesen. Auf Grundlage der Vergabeverordnungen leiten sich die in den Abschnitten 1 bis 3 der VOB Teil A angeführten Fristen ab.
Sie werden differenziert zu den einzelnen Vergabearten angeführt nach Verfahren:
  • im nationalen Bereich unterhalb der Schwellenwerte in § 10 Abs. 1 und 2 im Abschnitt 1 VOB Teil A,
  • bei EU-weiten Ausschreibungen bei Erreichen der Schwellenwerte mit eindeutigen Mindestfristen in § 10a bis 10d EU im Abschnitt 2 VOB Teil A und
  • bei Baumaßnahmen der Verteidigung und Sicherheit mit eindeutigen Mindestfristen in § 10b bis 10d VS im Abschnitt 3 der VOB Teil A.
Ergänzende Aussagen erfolgen noch in den Vergabe- und Vertragshandbüchern, so zu Baumaßnahmen im:
  • Hochbau nach VHB-Bund in der Richtlinie 111 unter Tz. 6.2. – Angebotsfrist und
  • Straßen- und Brückenbau nach HVA-B-StB im Richtlinientext unter Tz. 2.1.3 – Angebotsfristen.

Angemessene Fristsetzung bei nationalen Vergaben

Für Baumaßnahmen im Unterschwellenbereich ist eine ausreichende und angemessene Angebotsfrist vorzusehen. Der Beginn der Ausführungsfrist ist nicht ausdrücklich geregelt. Die Angemessenheit sollte einzelfallbezogen geprüft werden. Der Bearbeitungsaufwand für die Erstellung des Angebots bleibt zu berücksichtigen.
Eine Frist soll nicht unter 10 Kalendertagen bemessen werden. Das gilt auch bei Dringlichkeit.
Ableitend aus § 13 in der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) sind zu Baumaßnahmen folgende Aspekte zu beachten:
  • Schwierigkeit und Komplexität des Bauvorhabens,
  • damit verbundene Zeit für die Angebotsbearbeitung,
  • ggf. Zeit zur Besichtigung der künftigen Baustelle und besonders dann, wenn ein Angebot erst nach einer Ortsbesichtigung erstellt werden kann,
  • Zeit zur Einsichtnahme in nicht übersandte Unterlagen und
  • Zeit für die Beschaffung von Unterlagen für die Angebotsbearbeitung.
Allen Bietern sind gleiche Fristen zu setzen.
Sofern ein Angebot zunächst eine Besichtigung der künftigen Baustelle erfordert oder noch eine Einsichtnahme in bisher nicht übersandte Unterlagen notwendig ist, sind ggf. längere Angebotsfristen als angemessen anzusehen. Wichtig dabei ist es, dass alle Unternehmen von allen Informationen Kenntnis erhalten haben.
Vorgegebene Fristen können, soweit erforderlich, auch angemessen verlängert werden.
Das könnte der Fall sein, wenn:
  • zusätzliche wesentliche Informationen vom Auftraggeber vor Ablauf der Angebotsfrist zur Verfügung gestellt werden oder
  • der Auftraggeber wesentliche Änderungen an den Vergabeunterlagen vornimmt.
Wurden Zusatzinformationen entweder nicht rechtzeitig angefordert oder ist ihre Bedeutung für das Angebot unerheblich, so muss der Auftraggeber die Frist nicht verlängern.

Angebotsfristen bei EU-weiten Ausschreibungen

Bei EU-weiten Ausschreibungen von Baumaßnahmen sind die Vorhaben meistens komplexer und erfordern in der Regel oft einen längeren Zeitaufwand für die Angebotserarbeitung. Durch den Auftraggeber bliebe die Angemessenheit der Frist jeweils im Einzelfall zu prüfen und im Vergabevermerk zu begründen. Dabei sind die Komplexität des Auftrags und die Zeit für die Angebotserarbeitung zu berücksichtigen.
Ableitend aus § 10a bis § 10d EU im Abschnitt 2 der VOB Teil A werden folgende Mindestfristen bei EU-weiten Vergaben unterschiedlich hoch bestimmt:
  • 35 Kalendertage beim offenen Verfahren (§ 10a EU), gerechnet vom Tag nach Absendung der Auftragsbekanntmachung, aber es kann auch erfolgen:
    • Verkürzung auf 15 Kalendertage bei begründeter Dringlichkeit,
    • Verkürzung auf 15 Kalendertage, wenn eine Vorinformation nach vorgeschriebenem Muster bereits vor Absendung der Auftragsbekanntmachung (§ 10a EU Abs. 2) erfolgte,
    • Verkürzung um 5 Kalendertage, wenn eine elektronische Übermittlung der Angebote akzeptiert wird,
    • Verlängerung um 5 Kalendertage, wenn ein uneingeschränkter und unentgeltlicher direkter Zugang zu den Vergabeunterlagen und eine elektronische Übermittlung zum Schutz der Vertraulichkeit nicht angeboten werden können und
    • Verlängerung nach Angemessenheit, wenn angeforderte Zusatzinformationen nicht spätestens 6 Kalendertage vor Ablauf der Angebotsfrist allen Bietern zur Verfügung gestellt und / oder an den Vergabeunterlagen wesentliche Änderungen durch den öffentlichen Auftraggeber vorgenommen werden.
  • 30 Kalendertage (mindestens) im nicht offenen Verfahren (§ 10a und 10b EU sowie im Verhandlungsverfahren § 10c EU), gerechnet vom Tag nach Absendung der Aufforderung zur Angebotsabgabe, aber es kann auch erfolgen:
    • Verkürzung auf 10 Kalendertage, wenn eine Vorinformation nach vorgeschriebenem Muster bereits vor Absendung der Auftragsbekanntmachung (§ 10a EU Abs. 2) erfolgte,
    • Verkürzung auf mindestens 10 Kalendertage aus Gründen der Dringlichkeit,
    • nicht unter 10 Kalendertagen beim Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb,
    • Verkürzung um 5 Kalendertage, wenn eine elektronische Übermittlung der Angebote akzeptiert wird und
    • Verlängerung nach Angemessenheit, wenn angeforderte Zusatzinformationen nicht spätestens 6 Kalendertage vor Ablauf der Angebotsfrist allen Bietern zur Verfügung gestellt und / oder an den Vergabeunterlagen wesentliche Änderungen durch den öffentlichen Auftraggeber vorgenommen werden, wobei eine Fristverlängerung in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Information oder Änderung stehen muss.
Wurden Zusatzinformationen entweder nicht rechtzeitig angefordert oder ist ihre Bedeutung für das Angebot unerheblich, so muss der Auftraggeber die Frist nicht verlängern.
Eine Dringlichkeit kann ein beschleunigtes Verfahren nur begründen, wenn die Ursache der Dringlichkeit nicht im Verantwortungsbereich des Auftraggebers liegt. Die Gründe sind dann im Vergabevermerk zu dokumentieren.

Angebotsfristen bei Baumaßnahmen der Verteidigung und Sicherheit

Für Baumaßnahmen der Verteidigung und Sicherheit sind die Angebotsfristen nach § 10b VS im Abschnitt 3 der VOB Teil A heranzuziehen.
Sie umfassen mindestens 40 Kalendertage, gerechnet vom Tag nach Absendung der Aufforderung zur Angebotsabgabe.
Eine Verkürzung oder Verlängerung kann aber vorgegeben werden, z. B.:
  • Verkürzung auf 36 Kalendertage, sofern eine Vorinformation nach vorgeschriebenem Muster bereits vor Absendung der Auftragsbekanntmachung (§ 10b VS Abs. 4) erfolgte,
  • Verkürzung um weitere 5 Kalendertage, wenn ab der Veröffentlichung die Vertragsunterlagen auf elektronischem Weg frei zugänglich sind (§ 10b VS Abs. 5) und
  • Verkürzung auf mindestens 10 Kalendertage aus Gründen der Dringlichkeit (§ 10b VS Abs. 6 Nr. 2).
Die angeführten Mindestfristen leiten sich aus den verkürzten Mindestfristen nach den EU-Vergaberichtlinien ab. Dabei handelt es sich nicht um Regelfristen. Zu prüfen ist jeweils, ob sie im Einzelfall anzuwenden sind.
Herzlichen Dank an Prof. Dr. habil. Siegmar Kloß für die fachliche Unterstützung bei diesem Artikel auf bauprofessor.de.
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