Eine Ausschreibung ist ein formaler Prozess, bei dem Angebote für Baumaßnahmen eingeholt werden. Dafür werden interessierten Bietern Vergabeangebote zur Verfügung gestellt.
Was sind Ausschreibungen?
Regelungen für Ausschreibungen
Die Regelungen für Ausschreibungen leiten sich unterschiedlich nach Art der Bauaufträge ab:
Bei Ausschreibungen durch öffentliche Auftraggeber müssen die Regelungen der VOB Teil A angewendet werden. Die privaten Auftraggeber können sich aber auch freiwillig den Bestimmungen im Abschnitt 1 der VOB Teil A unterwerfen und diese anwenden. Das kann in Einzelfällen auch aufgrund von Nebenbestimmungen, z. B. bei staatlichen Förderungen und diesbezüglichen Mittelgebern, erforderlich sein. Sind für die Bauleistungen eines Bauvorhabens eine einheitliche Ausführung und zweifelsfreie Haftung für Mängelansprüche zu gewährleisten, kann sie gemäß § 5 VOB Teil A auch aufgeteilt nach Losen (Teil- und Fachlose) ausgeschrieben und vergeben werden. Die speziellen Regelungen in der VOB sollen vorrangig gewährleisten: - den Wettbewerb zwischen den Bietern und
- die Gleichbehandlung der Bietenden.
Eine Ausschreibung kann bei vorliegenden Voraussetzungen auch aufgehoben werden. Dies ist hier ausführlich erläutert. Formen für nationale Vergaben
Dem Bauherrn als Auftraggeber stehen zur Ausschreibung nach § 3a Abs. 1 in VOB Teil A gleichberechtigt nach seiner Wahl die weiteren Vergabearten zur Verfügung, wie: Es gilt nicht mehr ein Vorrang der öffentlichen Ausschreibung.
Dem Auftraggeber stehen weitere Ausschreibungsformen zur Verfügung, wenn die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 3a Abs. 2 und 3 VOB Teil A dies gestatten:
Das gilt besonders dann, wenn zu den primären Ausschreibungs- und Vergabearten kein annehmbares Ergebnis zu erzielen ist. Vom Ausschreibenden bliebe dies jedoch zu begründen und ggf. zu beweisen. Das kann der Fall sein, wenn die Angebotspreise in keinem realen Verhältnis zur auszuführenden Leistung stehen.
Eine Ausschreibung folgt bestimmten Regeln, um Transparenz, Gerechtigkeit und Wettbewerb bei der Vergabe von Bauaufträgen zu gewährleisten.
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Formen von EU-weiten Ausschreibungen
offenen Verfahren, bei dem durch den öffentlichen Auftraggeber eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen öffentlich zur Abgabe von Angeboten aufgefordert wird,
nicht offenen Verfahren,
Verhandlungsverfahren,
wettbewerblicher Dialog und
Innovationspartnerschaft als Verfahren zur Entwicklung innovativer, noch nicht auf dem Markt verfügbarer Bauleistungen und zum anschließenden Erwerb der daraus hervorgehenden Leistungen.
Der öffentliche Auftraggeber kann zwischen dem offenen und nicht offenen Verfahren frei wählen. Dem offenen Verfahren fällt nicht mehr von vornherein der Vorrang zu. Die übrigen angeführten Verfahren können jedoch nur herangezogen werden, wenn die Zulassungsvoraussetzungen – aufgeführt in § 3a EU in VOB Teil A – erfüllt sind.
So werden Ausschreibungen bekannt gemacht
Für Bekanntmachungen zu Ausschreibungen ist zunächst zu beachten, ob es sich einerseits um eine Auftragsvergabe national unterhalb der Schwellenwerte oder um EU-weite Ausschreibungen handelt und zum anderen darum, welche Verfahrensart gewählt wird. Für die Bekanntmachung können verschiedene Organe und Stellen genutzt werden, beispielsweise Tageszeitungen, amtliche Veröffentlichungsblätter oder auch Internetportale, z. B. www.service.bund.de. Das führt zu Erleichterungen, und hilft, Kosten einzusparen. Die Wahl obliegt dem Auftraggeber. Er sollte dabei auf einen möglichst großen Verbreitungsgrad möglicher Unternehmen achten. Bei der Wahl des Bekanntmachungsorgans ist auch der Umfang des Bauauftrags wichtig. Bei kleineren Bauaufträgen genügt ggf. die Bekanntmachung in örtlichen oder regionalen Presseorganen. Größere Bauaufträge sollten überregional bekannt gemacht werden. Mit der Bekanntmachung im Unterschwellenbereich sind den Bietern und Bewerbern Mindestangaben mitzuteilen. Die im Rahmen der Bekanntmachung umfangreich mit anzugebenden Informationen werden katalogartig in § 12 Abs. 1, Nr. 2 VOB Teil A aufgeführt. Zuschlagskriterien für nationale Angebote und ggf. deren Gewichtung müssen mitgenannt werden, sofern dies nicht in den Vergabeunterlagen erfolgt. Speziellere Regelungen gelten bei EU-weiten Ausschreibungen nach § 12 EU im Abschnitt 2 sowie nach § 12 VS im Abschnitt 3 der VOB Teil A für verteidigungs- und sicherheitsspezifische Baumaßnahmen.
Scheinausschreibungen sind unzulässig
Scheinausschreibungen dienen in der Regel der Markterkundung. Verfolgt eine Ausschreibung nur den Zweck, um über Angebote: einzuholen, wird von einer Markterkundung gesprochen. Mindestens liegt sie bereits dann vor, wenn nur Preise vorab abgefragt werden. Unabhängig von der Art der Scheinausschreibung bleibt sie unzulässig.
Scheinausschreibungen liegen auch dann vor, wenn die gleichen Bauleistungen parallel ausgeschrieben werden, z. B.:
- nach verschiedenen Ausschreibungsformen bzw. Vergabearten,
- sowohl nach der VOB Teil A sowie nach der VOL oder
- aufgeteilt nach verschiedenen Losen.
Dienen sie ebenfalls der Markterkundung, dann sind sie bei nationalen Ausschreibungen nach § 2 Abs. 4 im Abschnitt 1 sowie bei EU-weiten Ausschreibungen nach § 2 EU Abs. 7 im Abschnitt 2 sowie auch bei verteidigungs- und sicherheitsspezifischen Baumaßnahmen nach § 2 VS Abs. 6 im Abschnitt 3 der VOB Teil A unzulässig. So werden Ausschreibungen bereitgestellt
Ausschreibungen sind vom Bauherrn als Auftraggeber den Bietern bzw. Bewerbern in geeigneter Weise bereitzustellen. Bei nationalen Ausschreibungen nach § 8b im Abschnitt 1 der VOB Teil A:
Bei EU-weiten Ausschreibungen sollen grundsätzlich Geräte und Programme der elektronischen Datenübermittlung (elektronische Vergabe) für Übermittlungen genutzt werden, wofür der öffentliche Auftraggeber in der Auftragsbekanntmachung oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung mit Bezug auf § 11 EU Abs. 3 im Abschnitt 2 der VOB Teil A eine elektronische Adresse angibt, unter der die Vergabeunterlagen unentgeltlich, uneingeschränkt, vollständig und direkt abgerufen werden können. Bei verteidigungs- und sicherheitsspezifischen Baumaßnahmen sind nach § 8b VS im Abschnitt 3 der VOB Teil A beim offenen Verfahren, Verhandlungsverfahren und wettbewerblichen Dialog alle Unterlagen unentgeltlich abzugeben.
Im Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017, Stand 2019) wird ebenfalls in den Richtlinien 121 / 122 unter Tz. 3 vermerkt, dass die Vergabeunterlagen „ab Absendung der Auftragsbekanntmachung unentgeltlich, uneingeschränkt, vollständig und direkt elektronisch abrufbar anzubieten“ sind. Enthalten die Vergabeunterlagen evtl. schutzwürdige Daten, so ist deren Schutz durch geeignete Maßnahmen zu gewährleisten.
Für die Bearbeitung eines Angebots ist keine Entschädigung zu gewähren. Sollte jedoch der öffentliche Auftraggeber bei EU-weiten Ausschreibungen die Ausarbeitung von Entwürfen, Plänen, Zeichnungen, Berechnungen u. a. vom Bieter verlangen, so ist nach § 8b EU Abs. 1, Nr. 1 in VOB Teil A einheitlich für alle Bieter in der Ausschreibung eine angemessene Entschädigung festzusetzen.
Modellbasierte Ausschreibungen
Die Aufbereitung einer Ausschreibung wird zunehmend modellbasiert erfolgen. BIM eröffnet hierfür einen integrierten Weg.
Die Grundlagen sind:
Zunächst ist ein Referenzmaß als Hintergrundbild (Bild- oder PDF-Datei) einzulesen. Über eine unterlegte Grafik entstehen Kombinationen mathematischer Figuren, deren Koordinaten der Mengenberechnung dienen. Dabei wird das Bauvorhaben als Gesamtprojekt in Projektbereiche, wie z. B. Geschosse, Dach und erdberührte Bauteile gegliedert. Durch bauteilorientierte Qualitäten und verursachungsgerechte Rezepturen lassen sich nach der Kalkülmethode die Kosten und Leistungen ableiten. Die modellbasierte Arbeitsweise nach BIM bietet einen integrierten Weg zur Ermittlung von Mengen, Kosten und Leistungen, zugleich auch flexibel für objektkonkrete Strukturen und baukonstruktive Arten.
Daraus können beliebige Mengen- und Kostenkennwerte zusammengefasst berechnet werden. Die nach Leistungsbereichen und Lokalitäten aufgegliederten Leistungspositionen können nach GAEB ausgetauscht und im Leistungsverzeichnis (LV) der Ausschreibung individuell vervollständigt werden. ABC-Ausschreibung: Das „Thüringer Modell“
Die ABC-Ausschreibung ist ein spezielles Vergabeverfahren, das als „Thüringer Modell“ bekannt wurde. Bei diesem Verfahren werden mehrere Realisierungsvarianten für die Leistungserbringung von Baumaßnahmen in den Wettbewerb gestellt.
Ein Bauvorhaben ließe sich zur Umsetzung parallel ausschreiben nach:
- Los A für die Bauleistung,
- Los B für die Finanzierung der Bauleistung und
- Los C für das Bauen und Finanzieren aus einer Hand.
Danach kann die Wirtschaftlichkeit der Lose miteinander verglichen bzw. in der Form ausgewertet werden, z. B. das wirtschaftlichste Angebot des Loses A mit dem wirtschaftlichsten Angebot vom Los B zu kombinieren. Sowohl für die Ausschreibenden als auch für die Bieter bedeutet eine solche Ausschreibung und Vergabe in der Kombination von Bauausführung und Finanzierung einen höheren Aufwand. Deshalb findet das Modell in der Baupraxis kaum Anwendung.