Baurecht / BGB

Annahmeverzug

Annahmeverzug
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Ein Auftraggeber (AG) gerät in Annahmeverzug, wenn er die Abnahme der Bauleistung versagt oder Mitwirkungspflichten ( z. B. Übergabe von Ausführungsplänen, Beschaffung von Genehmigungen) unterlässt. Dies leitet sich aus § 293 BGB ab.
Ursache für einen Annahmeverzug muss eine vom Auftraggeber unterlassene Mitwirkungspflicht sein, um ggf. dann eine Kündigung des Auftragnehmers vornehmen zu können.
Mitwirkungspflichten und -handlungen werden in der Regel im Bauvertrag vereinbart. Liegt der Baumaßnahme ein VOB-Vertrag zugrunde, leiten sich eine ganze Reihe von Pflichten des Auftraggebers aus den §§ 1 bis 5 in der VOB Teil B ab.
  • Bereitstellung des Baugrundstückes und ggf. vorhandener baulicher Anlagen,
  • Beibringung der Baugenehmigung,
  • Anordnungen nach § 1 Abs. 3 und 4 VOB/B zu Änderungen des Bauentwurfs und Ausführung vorher mit dem Vertrag nicht vereinbarter Leistungen,
  • Vereinbarung neuer Preise bei Nachträgen nach § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B,
  • Rechtzeitige unentgeltliche Bereitstellung der Ausführungsplanung und -unterlagen nach § 3 Abs. 1 VOB/B,
  • Abstecken der Hauptachsen für die baulichen Anlagen nach § 3 Abs. 2 VOB/B,
  • Regelung des Zusammenwirkens bei mehreren Unternehmern auf der Baustelle sowie Sicherung der allgemeinen Ordnung nach § 4 Abs. 1 VOB/B,
  • Überlassung von Zufahrtswegen, Arbeitsplätzen, Lagerflächen und Medienanschlüssen nach § 4 Abs. 4 VOB/B,
  • Auskunft über den voraussichtlichen Baubeginn nach § 5 Abs. 2 VOB/B, wenn Besonderen Vertragsbedingungen (BVB) oder Zusätzlichen Vertragsbedingungen (ZVB) aufgenommen und vereinbart werden.
Die Unterlassung einer Mitwirkungspflicht kann eine außerordentliche Kündigung durch das Bauunternehmen als Auftragnehmer zur Folge haben. Bevor jedoch eine unterlassene Mitwirkungshandlung einen Kündigungsgrund darstellt, hat der Auftragnehmer den Auftraggeber zur Mitwirkung aufzufordern und eine angemessene Nachfrist für die Erfüllung vorzugeben.
Ist zur Bauausführung eine Handlung des Auftraggebers und speziell des Bestellers bei einem Werkvertrag nach BGB erforderlich, so kann der Bauunternehmer bei Unterlassen der Mitwirkung und dem daraus folgenden Annahmeverzug eine angemessene Entschädigung nach § 642 BGB verlangen. Die Höhe der Entschädigungen bestimmt sich:
  • "einerseits nach der Dauer des Verzugs und der Höhe der vereinbarten Vergütung und
  • andererseits nach demjenigen, was der Unternehmer infolge des Verzugs an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwerben kann“.
Für diese Kriterien trägt der Auftragnehmer als Anspruchssteller die Darlegungs- und Beweislast. Welche Aspekte bei der Berechnung einer angemessenen Entschädigung zu berücksichtigen sind, wurde durch den BGH in einem Urteil vom 30. Januar 2020 (Az.: VII ZR 33/19) mit formulierten Eckpunkten zum Ausdruck gebracht. Hierzu erfolgen unter Entschädigung bei Annahmeverzug nähere Aussagen.
Zu prüfen bliebe zum Einzelfall, ob bei Vorliegen höherer Gewalt der Auftraggeber in Annahmeverzug geraten ist. Beim Auftraggeber kann höhere Gewalt eintreten, weil die Projektleitung durch unabwendbare Umstände – beispielsweise durch Quarantäne-Maßnahmen bei der Corona-Pandemie – nicht verfügbar ist und keine Vertretung organisiert werden kann. In den Hinweisen mit Erlass des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) vom 23. März 2020 zu bauvertraglichen Fragen bei der Corona-Pandemie wird unter Tz. II ausgeführt, dass bei höherer Gewalt der Auftraggeber diesbezüglich nicht in Annahmeverzug kommt, weil die Voraussetzungen nach § 642 BGB nicht gegeben sind. Speziell gilt dies auch für Fälle, wenn bei der Bauausführung ein „Vorgewerk aufgrund höherer Gewalt nicht rechtzeitig erbracht werden kann und nun das nachfolgende Gewerk deswegen Ansprüche wegen Behinderung gegen den Auftraggeber erhebt“.
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Aktuelle Normen und Richtlinien zu "Annahmeverzug"

Ausgabe 2016-09
Diese Norm legt die allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen fest. Diese Bedingungen enthalten u. a. Angaben zur Art und zum Umfang der Leistungen, zur Haftung der Vertragsparteien, zu Vertragsstrafen, zu Mängelansprüchen ...
- DIN-Norm im Originaltext -
DIN-Norm
Auszug im Originaltext aus DIN 1961 (2016-09)
(1) Der Auftragnehmer kann den Vertrag kündigen: wenn der Auftraggeber eine ihm obliegende Handlung unterlässt und dadurch den Auftragnehmer außerstande setzt, die Leistung auszuführen (Annahmeverzug nach §§ 293 ff. BGB), wenn der Auftraggeber eine ...
- DIN-Norm im Originaltext -
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