Lohn / Tarif / Rente

Arbeitnehmer-Erklärungen zum Mindestlohn

Bei Übernahme und Ausführung eines Bauauftrags durch einen Generalunternehmer (GU), beispielsweise als Schlüsselfertigbau (SF-Bau), oder durch einen Hauptunternehmer (HU) als Auftragnehmer werden meistens nicht alle Bauleistungen mit eigenen Kapazitäten ausgeführt, sondern Bauleistungen oder Teile davon (besonders für Ausbauleistungen) an Nachunternehmer (NU) vergeben. In einem solchen Fall haftet das leistungsvergebende bzw. -beauftragende Bauunternehmen im Sinne der Hauptunternehmerhaftung für den Sozialversicherungs- und Unfallversicherungsbetrag, für den Urlaubskassenbetrag gegenüber der SOKA-Bau für das Baugewerbe sowie für die Zahlung des gesetzlichen und tarifvertraglichen Entgelts für die gewerblichen Arbeitnehmer des Nachunternehmers. Diese Haftung gilt jedoch nicht für den Auftraggeber (AG) als Bauherrn.
Arbeitnehmer-Erklärungen zum Mindestlohn
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Ein GU/HU kann praktisch von den gewerblichen Arbeitnehmern der NU als Bürge in Anspruch genommen werden. Folglich wird er bestrebt sein, dem Haftungsrisiko mit Maßnahmen zu begegnen, so möglicherweise mit Arbeitnehmer-Erklärungen der gewerblichen Arbeitnehmer des beauftragten Nachunternehmers. Dafür hatte der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) Muster-Formulare für Arbeitnehmer-Erklärungen zum Mindestlohn im Baugewerbe (FSB 2017-3a) sowie zum gesetzlichen Mindestlohn (FSB 2017-3b) zuletzt zum Stand 2017 herausgegeben. Die Fassungen der Formulare für SF-Bau (FSB) sehen seit 2019 diese Muster-Formulare zur Einhaltung zum Mindestlohn im Baugewerbe für gewerbliche Arbeitnehmer von Nachunternehmern nicht mehr vor.
Das aktualisierte Vertragsformular "FSB 2021-3: Verhandlungsprotokoll/ Nachunternehmervertrag (Sitz Inland)" sieht nunmehr unter Tz. 14 – Arbeitnehmereinsatz – Verpflichtungserklärungen des jeweiligen Nachunternehmers vor bezüglich:
  • zu erfüllender Anforderungen nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz, Aufenthaltsgesetz, Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) und dem Sozialgesetzbuch hinsichtlich der zu leistenden Gesamtbeiträge zur Sozialversicherung sowie zur Unfallversicherung,
  • der Zahlung des tariflichen bzw. gesetzlichen Mindestlohns,
  • der Gestaltung der Lohnunterlagen beim NU mit eindeutiger Zuordnung der Arbeitnehmer, der Arbeitsentgelte und abgeführten Beiträge,
  • einer Haftungs-Freistellungsvereinbarung für den GU hinsichtlich der Hauptunternehmerhaftung,
  • einer Vereinbarung keiner oder abzuführender Vertragsstrafen des NUs in % der Netto-Bauauftragssumme,
  • weiterer Pflichten und ggf. Ermächtigungen, beispielsweise zu Auskünften bei den deutschen Sozialversicherungsträgern und Bescheinigungen der SOKA-Bau.
Weiterhin werden in dem Vertragsformular FSB 2021-3 die Anforderungen zur europäischen A 1-Bescheinigung für grenzüberschreitend entsandte Arbeitskräfte berücksichtigt.
Unabhängig davon können die jeweiligen Vertragspartner weitere Vorschriften unter Beachtung von Anforderungen des Datenschutzes für die Einhaltung zum Mindestlohn treffen und diesbezügliche Nachweise für den Einzelfall bestimmen. Vom gewerblichen Arbeitnehmer des Nachunternehmers könnte beispielsweise ausgesagt werden, dass:
  • er von seinem Arbeitgeber über das deutsche Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) und das gültige gesetzliche sowie bautarifliche Mindestentgelt unterrichtet wurde,
  • sein Arbeitgeber den Verpflichtungen zur Zahlung des Mindestlohns nachgekommen ist,
  • neben den Abzügen für Steuern und Sozialversicherung keine weiteren Abzüge vom Bruttolohn erfolgten,
  • sämtliche Angaben der Wahrheit entsprechen,
  • das Einverständnis gegeben wird, dass die Aussagen dem leistungsbeauftragenden Unternehmen und dessen Auftraggeber vorgelegt werden können.
Von Wichtigkeit bliebe dabei auch die gesonderte Aufklärung für die betreffenden Arbeitnehmer des Nachunternehmers über deren:
  • Rechte zum Datenschutz nach der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und
  • Freiwilligkeit von Aussagen bzw. Erklärungen nach dem Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Beziehung zum GU/HU und NU.
Wegen Haftungsregelungen nach der DSGVO ist genau zu prüfen, ob ein mit Erklärungen verbundenes Risiko aus einer Haftung bei einem Verstoß gegen den Datenschutz zu groß gegenüber der Hauptunternehmerhaftung wäre.
In diesem Zusammenhang sei auch vermerkt, dass im Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund) der Ausgabe 2017 (Stand 2019) auf die vorherigen Formblätter 231 und 232 als Tariftreueerklärung zur Einhaltung von tarifvertraglichen und öffentlich-rechtlichen Bestimmungen bei öffentlichen Bauaufträgen verzichtet wird. Auch ist die tarifgerechte Entlohnung der gewerblichen Arbeitnehmer durch die Bieter ein Kriterium, das nicht generell vergabekonform ist. Über die Zuverlässigkeit, Fachkunde und Leistungsfähigkeit hinausgehende Anforderungen können an Bieter gestellt werden, wenn dies durch Bundes- oder Landesgesetze vorgesehen und geregelt ist.
Dem Auftraggeber stehen hierfür auch anderweitige Sanktionsmöglichkeiten bei einem Fehlverhalten des betreffenden Unternehmens bei Verstößen zum Mindestlohn zur Verfügung. Gesetze sind auch ohne nochmalige Erklärungen einzuhalten.
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