Ein Verhandlungsprotokoll zum Nachunternehmervertrag ist ein Dokument, das die Resultate der Verhandlungen zwischen dem Hauptauftragnehmer eines Bauvorhabens und einem Nachunternehmer festhält.
Nachunternehmer als Kooperationspartner
Die gemeinsame Ausführung eines Bauvorhabens erfordert eine partnerschaftliche Zusammenarbeit. Hierfür hat der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) eine „Charta für eine faire Zusammenarbeit zwischen Generalunternehmer und Nachunternehmer im Hochbau (Juni 2024)“ veröffentlicht. Aussagen in 11 Artikeln sollen die Wertschöpfung der Partner unterstützen. Auf nähere Aussagen sei jeweils unter den Links zu Generalunternehmer und Nachunternehmer verwiesen.
Künftig werden an die Vertragsmodelle höhere Anforderungen zu stellen sein, besonders an Vereinbarungen zur Projektkultur und einer gemeinsamen Projektoptimierung. Die Vertragspartner werden aufgefordert, die in der Charta erarbeiteten Verhaltensregeln zum Maßstab für die gemeinsame Durchführung von Hochbauprojekten zu machen. Sie haben jedoch keine bauvertragliche Verbindlichkeit.
Nachunternehmer geben Angebote ab
Wird ein Nachunternehmereinsatz durch den GU vorgesehen, erfolgt zunächst die Aufforderung an die Nachunternehmer zur Abgabe von Angeboten. Danach ist das wirtschaftlichste Angebot für die jeweilige Teilleistung bzw. das Gewerk auszuwählen. Es wird sich die Vertragsverhandlung mit den interessanten Bietern über die festzulegenden Bedingungen für die Ausführung der Leistungen anschließen. Danach kann die Beauftragung des NU erfolgen. Ein Verhandlungsprotokoll zum Nachunternehmervertrag stellt sicher, dass alle am Bau beteiligten Partner über Verhandlungsresultate informiert sind. Es schafft eine feste Grundlage für den Vertrag zwischen Nachunternehmer und Hauptauftragnehmer.
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Hilfreiches Muster-Vertragsformular
Für Bauverträge (als VOB-Vertrag oder Bauvertrag nach BGB) zum Schlüsselfertigbau (SF-Bau) hat der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) Muster-Vertragsformulare erarbeitet und aktualisiert zum Stand 2024 (vorher Stand 2022) herausgegeben. Sie werden zur Anwendung im Sinne des § 14 BGB empfohlen. Im Einzelnen betrifft es folgende Formulare für SF-Bau (FSB) in Verbindung mit Nachunternehmern:
FSB 2024-3: Verhandlungsprotokoll / Nachunternehmervertrag (Sitz Inland)
FSB 2024-3.1: Anlage zu Sorgfaltspflichten für Menschenrechte und Umweltschutz in Liefer- und Leistungsketten
Die Formulare sind elektronisch als PDF-Dateien oder in ausgedruckter Fassung beim HDB (www.bauindustrie.de) verfügbar. Die Muster-Formulare erheben zum Inhalt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit im Einzelfall. Notwendig ist stets die eigenverantwortliche Prüfung für den Einzelfall, ggf. mit der Notwendigkeit einer Anpassung an die zu regelnde Situation. Den beteiligten Vertragspartnern steht es frei, diese Formulare heranzuziehen, zu ändern, an die Erfordernisse des jeweiligen Einzelfalls anzupassen oder andere Texte heranzuziehen.
Eine Nutzung der Muster-Formulare für Verträge mit Verbrauchern mit Bezug auf § 13 BGB ist nicht vorzusehen. Für Bauvorhaben der öffentlichen Auftraggeber sind die Formulare ebenfalls nicht heranzuziehen, wenn hierfür deren Vorgaben maßgebend sind. Gliederung des Verhandlungsprotokolls
Im Verhandlungsprotokoll mit Nachunternehmern mit Sitz im Inland sind als Angaben anzuführen:
Bauvorhaben .................
Ort des Bauvorhabens .................
Verhandelte Teilleistung mit ................. am ................. in .................
Firma des Nachunternehmers .................
rechtswirksam vertreten durch ................. und
rechtswirksam vertreten durch .................
über das Angebot des NUs vom .................
mit der Gesamtangebotssumme von .................€, in Worten .................
Das Muster-Protokoll ist inhaltlich wie folgt gegliedert:
1. | Leistungsumfang |
2. | Vergütung / Netto-Auftragssumme |
3. | Änderung Leistung und Vergütung |
4. | Hinterlegung der Urkalkulation |
5. | Ausführung |
6. | Vertretung / Mitnutzung / Kostenbeteiligung |
7. | Termine |
8. | Bauablaufstörung |
9. | Abnahme / Teilabnahmen / Zustandsfeststellung |
10. | Vertragsstrafe bei Terminüberschreitung / Höchstbetrag aller Vertragsstrafen |
11. | Mängelansprüche / Verjährung |
12. | Haftung / Versicherungen |
13. | Rechnungsstellung / Zahlungen / Einbehalt / Steuerabzug / Stundenlohnarbeiten |
14. | Qualitätssicherung / Bemusterung |
15. | Abfallbehandlung |
16. | Nachunternehmer des NUs |
17. | Arbeitnehmereinsatz
- Verpflichtungserklärung des NUs
- Haftungsfreistellung für GU
- Vertragsstrafe des NUs
- weitere Pflichten und Ermächtigungen
|
18. | Kündigung |
19. | Sicherheitsleistung |
20. | Streitlösung / Gericht |
21. | Ausschließliche örtliche Zuständigkeit / anwendbares Recht / Vertragssprache |
22. | Datenschutz |
23. | Compliance / Kündigung / Schriftform |
24. | Schlussbestimmungen |
25. | Erklärung des NUs |
Annahme von Angebot und Auftrag
Unter Tz. 25 kann der NU mit seiner Unterschrift erklären, dass er einen Vertrag zu den im Verhandlungsprotokoll festgelegten Bedingungen innerhalb einer Bindefrist vereinbaren möchte. Nimmt darauf der GU das rechtsverbindliche Angebot eines NUs innerhalb der Bindefrist an, wird das Verhandlungsprotokoll zum Nachunternehmervertrag. Zur verbindlichen Beauftragung der Nachunternehmer kann das Formular FSB 2024-2 verwendet werden. Dem Verhandlungsprotokoll ist als Anlage die Vollmacht für Auskünfte bei der SOKA-Bau beizufügen, um zu belegen, dass von dem NU die Pflichten zur Abführung von Sozialkassenbeiträgen erfüllt werden. Verpflichtungserklärungen des Nachunternehmers
Im FSB 2024-3 werden dafür die oben unter Tz. 17 – Arbeitnehmereinsatz – angeführten Verpflichtungserklärungen des NUs verlangt nach:
Angaben im Verhandlungsprotokoll
Das Muster-Formular zum Verhandlungsprotokoll berücksichtigt zum Stand 2024 folgende wesentliche Aspekte:
Berechnung der Vergütungsanpassung bei Mehrmengen nach dem Urteil des BGH vom 8. August 2019 (Az.: VII ZR 34 / 18), dass für eine über 10 % hinausgehende ausgeführte Überschreitung des Mengenansatzes auf Verlangen eines Vertragspartners ein neuer Preis unter Beachtung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren ist. Dass aber ohne Vereinbarung für den neuen Preis die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge für Allgemeine Geschäftskosten (AGK) sowie Wagnis und Gewinn heranzuziehen sind, wobei die Baustellengemeinkosten (BGK) zu den tatsächlich erforderlichen Kosten gehören. Dies wurde unter Tz. 2.2 berücksichtigt. Unter Tz. 3 wurde neu angeführt, dass bei Bauverträgen nach BGB nach den seit 2018 geltenden Regelungen in §§ 650b und 650d im BGB bei Änderung der vereinbarten Leistungen und deren Vergütung abweichend von der VOB / B zu verfahren ist.
Aktualisiert wurden Regelungen zur Mitnutzung von Baustelleneinrichtungen (BE) durch den NU als Beistellungen des GU / HU sowie ggf. einer daraus abzuleitenden Kostenbeteiligung des NUs in Tz. 6.6. Nach einem rechtskräftigen Urteil des OLG Hamburg vom 4. Dezember 2013 (Az.: 13 U 1 / 09) ist eine pauschale Umlage, z. B. durch Abzug eines pauschalen Abschlags von der Netto-Schlussrechnungssumme bei Beistellung von Strom und Wasser sowie für die Mitbenutzung von Sanitäranlagen unwirksam. Weiterhin sei vermerkt, dass ein NU berechtigt ist nachzuweisen, ob geringere oder gar keine Kosten für ihn entstanden sind und ob dies bei der Abrechnung zu berücksichtigen ist. Hinsichtlich von Bauablaufstörungen ist nach den Empfehlungen des Deutschen Baugerichtstags vom Mai 2021 und nach dem Urteil des BGH vom Oktober 2017 (Az.: VII ZR 16 / 17) zu verfahren. Näheres bezüglich der Anforderungen und Aussagen ist unter Tz. 8 berücksichtigt. Beachtung des Urteils des BGH vom 15. Februar 2024 (Az.: VII ZR 42 / 22) zum Höchstbetrag von Vertragsstrafen.
Unter Tz. 17 wurden die seit Juli 2020 geänderten Regelungen im Arbeitnehmer-Entsendegesetz zu den Verpflichtungserklärungen des Nachunternehmers berücksichtigt.
Berechtigung des GUs zum Einbehalt nur Zug um Zug gegen Rückgabe einer nicht verwerteten Vertragserfüllungssicherheit, wobei aber der GU für Ansprüche bei nicht erfüllter Vertragserfüllungssicherheit und nicht innerhalb der Mängelansprüchesicherheit erfassten Ansprüchen einen entsprechenden Teil der Sicherheit zurückbehalten kann, berücksichtigt in Tz. 19.3.3 im FSB 2024-3.
Sorgfaltspflichten
Bei Beauftragung eines NUs ist ab 2023 im Fall der Auftragserteilung dem Nachunternehmervertrag die Anlage – FSB 2022: 3.1 (bei Verwendung der Musterformulare) beizufügen. Nach dem Lieferkettengesetz (LkSG vom 16. Juli 2021 in BGBl. I, S. 2659) haben Auftragnehmer menschrechts- und umweltbezogene Sorgfaltspflichten einzuhalten und entlang der Liefer- und Leistungskette für das jeweilige Bauvorhaben angemessen zu adressieren, analog wie künftig auch bei einem Generalunternehmervertrag. Als Aussagen sind aufzunehmen und bei der Ausführung der vereinbarten Leistungsausführung abzusichern, dass:
keine Kinderarbeit erfolgt und das Beschäftigungsalter 15 Jahre nicht unterschritten werden darf,
keine Zwangsarbeit zu Leistungen von Personen, die mit Androhung von Strafe verlangt wird,
der am Arbeitsort erforderliche Arbeitsschutz einzuhalten ist, einschließlich einer angemessenen Ausbildung und Unterweisung der Beschäftigten,
die Koalitionsfreiheit geachtet wird, z. B. Beschäftigte frei zu Gewerkschaften beitreten können und die Gewerkschaften sich frei betätigen dürfen,
eine gleiche Entlohnung für gleichwertige Arbeit gesichert und keine Unterschreitung des gesetzlichen und branchenbezogenen Mindestlohns zugelassen wird,
die Gleichbehandlung der Beschäftigten, z. B. nach nationaler Abstammung und Geschlecht gesichert wird,
eine angemessene Unterweisung und Kontrolle erfolgt, wenn zur Sicherung des Bauvorhabens öffentliche Sicherungskräfte eingesetzt werden,
keine schädliche Bodenveränderung, Lärmemission, Luftverunreinigung u. a. erfolgt, z. B. auch der Zugang zu einwandfreiem Trinkwasser gewährt wird,
keine Produktion und Verwendung von gefährlichen Schadstoffen, z. B. Quecksilberverbindungen und -abfällen erfolgt bzw. die umweltgerechte Sammlung, Lagerung und Entsorgung vorgenommen wird und
die Ausfuhr und Einfuhr von gefährlichen und anderen Abfällen grenzüberschreitend nur nach gesetzlichen Regelungen erfolgen darf.
Vom Auftragnehmer sollten für die Umsetzung der Anforderungen:
die am Bauvorhaben Beschäftigten geschult und eingewiesen werden,
bereits bei der Auswahl der Zulieferer und Leistenden für das betreffende Bauvorhaben auf die Sicherung der Sorgfaltspflichten verwiesen werden und
die unverzügliche Information bei evtl. eingetretenen Verletzungen gefordert werden, bereits in Verbindung mit möglichen Maßnahmen zur Minimierung und Beendigung von Verletzungen.
Sollte eine Verletzung als schwerwiegend angesehen und bewertet werden, bliebe zu prüfen, ob ggf. die Geschäftsbeziehung abzubrechen ist.
Ein Beitrag von Prof. Dr. Siegmar Kloß