Neue Rechtsprechung zur Höhe der fälligen Ansprüche
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Sowohl die VOB/B, als auch das BGB sehen vor, dass der Auftraggeber einen geschlossenen Bauvertrag jederzeit und ohne Grund kündigen kann. Diese Kündigung „erkauft“ er sich jedoch dadurch, dass der Auftragnehmer dann gegen den Auftraggeber Anspruch auf Erstattung des gesamten ursprünglichen Auftragsvolumens hat, sich hierbei jedoch das anrechnen lassen muss, was er an Aufwendungen erspart hat oder zu ersparen böswillig unterlassen hat.
Regelmäßig sind dies die in das ursprüngliche Auftragsvolumen einkalkulierten Gemeinkosten und Wagnis und Gewinn, da ja die Lohn- und Materialkosten üblicherweise bei Nichtausführung der Leistung auch erspart werden. Problemtisch für den Auftragnehmer ist, dass er diesen Anspruch prüfbar darlegen muss. Hierfür muss er also zwingend seine Urkalkulation offen legen und sehr aufwendige Berechnungen anstellen. Ferner eröffnet dies im erheblichen Umfang Diskussionspotential zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer zur Frage der Richtigkeit der erfolgten Abrechnung.
Zum 01.01.2009 wurde diese aufwendige Berechnung vom Gesetzgeber dahingehend „entschärft“, dass im Rahmen des Forderungssicherungsgesetzes § 649 BGB dergestalt neu gefasst, dass eine gesetzliche Vermutung eingefügt wurde, dass im Zweifel der Auftragnehmer jedenfalls Anspruch auf 5 % des Auftragsvolumens hat, es sei denn, der Auftraggeber weist nach, dass der Schaden geringer ist. Dies wird dem Auftraggeber aber regelmäßig natürlich nicht gelingen. Das Gesetz lässt darüberhinausgehend dem Auftragnehmer den Nachweis eines höher entstandenen Schadens zu.
Mit Urteil vom 27.08.2010 nun hat das Oberlandesgericht Koblenz (8 U 1030/09) sogar allgemeine Geschäftsbedingungen von Auftragnehmern für wirksam gehalten, die festgelegt hatten, dass bei Kündigung durch den Bauherrn der Unternehmer ein Pauschalbetrag in Höhe von 15 % des Gesamtpreises als Ersatz für seine Aufwendungen und seinen entgangenen Gewinn verlangen kann, sofern nicht der Bauherr nachweist, dass der Betrag, den der Unternehmer geltend macht, wesentlich zu hoch angesetzt ist und tatsächlich ein geringerer Prozentsatz nur entstanden ist.
Insgesamt wäre es also für Auftragnehmer ratsam, entsprechende Vertragsbedingungen entwerfen zu lassen. Für Auftraggeber ist es extrem wichtig darauf zu achten, dass im Umfang des Vertrages nur Leistungen beinhaltet sind, die auch tatsächlich zur Ausführung gelangen, da in der Nichtausführung einzelner Positionen eine sogenannte Teilkündigung liegen kann mit der Folge, dass dem Auftragnehmer die oben dargelegten Ansprüche zustehen. Es ist im Hinblick darauf also nicht sinnvoll, sondern sehr negativ wenn in ein Leistungsverzeichnis Positionen aufgenommen werden, die nur eventuell zur Ausführung gelangen.