Bauabrechnung

Wagnis und Gewinn (W & G)

Was bedeutet „Wagnis und Gewinn“

„Wagnis und Gewinn" (W & G) ist ein Begriff aus der Baukalkulation und bezieht sich auf die möglichen Risiken und Chancen, die mit einem Bauvorhaben verbunden sind.
Das "Wagnis" bezieht sich auf die Risiken und Unsicherheiten, die bei einem Bauprozess auftreten können. Dazu gehören beispielsweise unvorhergesehene Kosten, Bauverzögerungen, Änderungen der Bauvorschriften oder unerwartete technische Probleme.
Der "Gewinn" bezieht sich auf die möglichen Vorteile, die aus dem Bauvorhaben resultieren können. Höhere Rendite für den Investor oder eine verbesserte Infrastruktur für die Gemeinde sind Beispiele hierfür.
"Wagnis und Gewinn" bedeutet also, dass bei jedem Bauprojekt ein gewisses Risiko, aber auch die Möglichkeit besteht, einen Gewinn zu erzielen, wenn das Projekt erfolgreich abgeschlossen wird.
Der Begriff „Wagnis und Gewinn" bezieht sich auf die möglichen Risiken und Chancen, die mit einem Bauvorhaben verbunden sind.
Der Begriff „Wagnis und Gewinn" bezieht sich auf die möglichen Risiken und Chancen, die mit einem Bauvorhaben verbunden sind. Bild: © f:data GmbH

Wagnis und Gewinn in der Angebotskalkulation

Wagnis und Gewinn sind Preisbestandteile der Angebotskalkulation des Bauunternehmers zum Angebot für einen Bauauftrag. In der Vergangenheit wurden beide zusammengefasst vorbestimmt bzw. festgelegt, beispielsweise bei der Zuschlagskalkulation in einem prozentualen Zuschlagssatz mit Bezug auf die Basis der Einzelkosten der Teilleistungen (EKT). Rechnerisch stellt sich W & G als Differenz zwischen kalkulierten "Selbstkosten" und der "Angebotssumme (ohne Umsatzsteuer)" als Ausdruck des Angebotspreises für den Bauauftrag dar. Nicht nur in der Kalkulation, sondern auch im Rahmen der Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) und speziell der Baustellenabrechnung wird zur Verrechnung meistens ebenfalls ein Planzuschlagssatz auf vorher bestimmte Bezugsgrößen zusammengefasst für W & G verwendet.
Ein zusammengefasster Ausdruck als W & G ist ab 2018 auf Grundlage des Vergabe- und Vertragshandbuchs (VHB-Bund, Ausgabe 2017) in den ergänzenden Formblättern Preise (EFB-Preis) 221 (im Abschnitt 2 unter Tz. 2.3) und 222 (im Abschnitt 3 in Tz. 3.3) nicht mehr vorgesehen. Dies erforderte die Umsetzung eines Urteils des BGH vom 24. März 2016 (Az.: VII ZR 201 / 15), wonach ein betriebsbezogenes Wagnis als unternehmerisches Risiko nicht im Sinne ersparter Aufwendungen anzusehen und deshalb - beispielsweise bei einer Vergütungsanpassung zu Mindermengen bei einem Einheitspreisvertrag - nicht abzusetzen ist.
Folglich erfordert dies eine unterteilte Aussage nach Gewinn und Wagnis und weiter folgend noch nach betriebsbezogenem Wagnis und leistungsbezogenem Wagnis im Angebot des Bauunternehmers, so im Abschnitt 2 des EFB-Formblatts 221 bei Zuschlagskalkulation nach folgender Zusammensetzung mit Ausweis der Zuschläge (in %) nach den Kostenarten der EKT:
2Zuschläge auf die Einzelkosten der Teilleistungen = unmittelbare Herstellungskosten
Zuschläge in % auf
LohnStoffkostenGerätekostenSonstige KostenNachunter-
nehmer-
leistungen
2.1Baustellengemeinkosten
2.2Allgemeine Geschäftskosten
2.3Wagnis und Gewinn




2.3.1Gewinn
2.3.2betriebsbezogenes Wagnis
2.3.3leistungsbezogenes Wagnis
2.4Gesamtzuschläge
Ansätze zu den einzelnen Positionen von W & G können vorbestimmt werden:
Da bei der Kalkulation zunächst nicht die Angebotssumme bekannt ist, kann eine Umrechnung des Prozentsatzes für W & G auf die gewählte Bezugsbasis für die Kalkulation wie im folgenden Beispiel erfolgen, bei der Endsummenkalkulation auf Basis Herstellkosten oder Selbstkosten.
Beispiel zur Umrechnung für die Angebotskalkulation
Kalkulierte Angebotssumme =100.000 €
Anteil W & G an der Angebotssumme=7.000 €=7,00 % von Angebotssumme
Kalkulierte Selbstkosten=93.000 €=93,00 % von Angebotssumme

Berechnung des Zuschlags für W & G auf Basis der Selbstkosten

Umrechnung: (7 x 100) : (100 - 7)=7,537 % von Selbstkosten
=7.537 € = Anteil W & G
Im Fall von 7,537 % wird dann oft von einem "kostenbezogenen" Zuschlagssatz, demgegenüber bei 7,00 % von einem "umsatzabhängigen" Zuschlagssatz gesprochen.
Im Allgemeinen wird sich der Satz für W & G insgesamt in der Spanne:
  • von 4 bis 8 % der Angebotssumme (ohne Umsatzsteuer) und
  • von 6 bis 10 % zur Zuschlagsbasis der EKT
bewegen und je Bauauftrag variieren bzw. unterschiedlich hoch festgelegt werden.
Ein ggf. wesentlich höherer Ansatz kann beim Bauhandwerksmeister als Einzelunternehmer zu vertreten sein, wenn kein kalkulatorischer Unternehmerlohn in den Allgemeinen Geschäftskosten (AGK) bei der Preiskalkulation Berücksichtigung findet. In kleineren Bauunternehmen und Bauhandwerksbetrieben wird es sicher auch weiterhin üblich sein, W & G nur als Gesamtzuschlag nach Erfahrungssätzen vorzubestimmen und anschließend ggf. eine Unterteilung mehr oder weniger genau einzuschätzen.
In einem Rechenbeispiel zu Nachtragsvergütungen in Richtlinie 510 als "Leitfaden zur Vergütung von Nachträgen" im VHB-Bund (Ausgabe 2017) wird unter Tz. 7.3.1 eine Annahme zur Zusammensetzung von W & G wie folgt getroffen:
  • W & G gesamt 100 %
    davon:
    • Gewinn 40 %
    • betriebsbezogenes Wagnis 10 %
    • leistungsbezogenes Wagnis 50 %.
Die Aussage kann nicht repräsentativ sein, sondern bedarf jeweils der betriebsindividuellen bzw. sogar bauauftragsbezogenen Vorbestimmung. Zu beachten ist auch, ob und inwieweit leistungsbezogene Wagnisse als Einzelwagnisse bereits im Rahmen der Kalkulation einzelner Kostenarten der EKT Berücksichtigung fanden.
Wird durch den Bieter kein Ansatz für W & G oder ein Prozentsatz von Null in der Angebotskalkulation und Abgabe des Angebots angegeben, muss dies durchaus kein unwirtschaftliches Angebot sein. Der Bieter kann beispielsweise besonders günstige Möglichkeiten des Einkaufs von Baustoffen, Anmietung von Baumaschinen und Geräten u. a. effektiv nutzen, wonach ein in Bezug auf sein Unternehmen wirtschaftliches Angebot vorliegt. Dann ist auch durch die Vergabestelle mit Bezug auf die Richtlinie zum Formblatt 321 - Prüfungs- und Wertungsübersicht - im VHB-Bund (Ausgabe 2017), Tz. 5.1.2.3 keine weitere Aufklärung erforderlich bzw. zu verlangen. Derartige Angebote bleiben in der Wertung, denn ein solches Angebot erfordert nicht unbedingt einen Ansatz für W & G.

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Berücksichtigung von Nachtragsforderungen

Von Wichtigkeit ist die differenzierte Aussage nach Wagnis und Gewinn sowie die Angabe zum betriebsbezogenen Wagnis, wenn in der Bauausführung Mengenminderungen auftreten oder Leistungspositionen nicht zur Ausführung (Null-Positionen) kommen und daraus ableitend Nachtragsforderungen sowie Ansprüche daraus auf entgangenen Gewinn durch den Bauunternehmer gestellt werden. Aussagen hierzu erfolgen in der Richtlinie 510 als "Leitfaden zur Vergütung von Nachträgen" im VHB-Bund (Ausgabe 2017).
Bei den angeführten Nachtragsarten ist das betriebsbezogene Wagnis zusammen mit dem Gewinn nach kalkulierter Höhe zu berücksichtigen. Es steht dem Bauunternehmer zu, wenn damit das allgemeine Unternehmensrisiko abgedeckt wird. Kein Vergütungsanspruch besteht zum leistungsbezogenen Wagnis als Risiko von Einzelwagnissen, wenn die Leistung nicht ausgeführt wurde. Dann gilt der dafür kalkulierte Zuschlag als ersparte Aufwendung, d. h. Kosten mindernd zu berücksichtigen. Analog ist die Aussage zu behandeln bei einer freien Auftraggeberkündigung des Bauvertrags und dem damit verbundenen Leistungsausfall.
Bei geänderten und zusätzlichen Leistungen und im Nachhinein anerkannten Leistungen sind die Ansätze zu W & G aus der Angebotskalkulation heranzuziehen.
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