VOB A

Aufhebung der Ausschreibung

Aufhebung der Ausschreibung
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Ausschreibungen zur Einholung von Angeboten können bei vorliegenden Voraussetzungen auch aufgehoben werden. Für öffentliche Bauaufträge wird dies – ableitend aus § 63 in der Vergabeverordnung (VgV) – geregelt in der VOB Teil A in den Abschnitten 1 bis 3 jeweils in § 17 bei nationalen Ausschreibungen im Unterschwellenbereich, nach § 17 EU zu EU-weiten Ausschreibungen bei Erreichen der Schwellenwerte und § 17 VS zu verteidigungs- und sicherheitsspezifischen Baumaßnahmen.
Danach kann eine Ausschreibung aufgehoben werden, wenn:
  1. kein Angebot eingegangen ist, das den Ausschreibungsbedingungen entspricht, z. B. nach Prüfung und Wertung keine zuschlagsfähigen Angebote vorliegen oder weil Angebote von der Wertung ausgeschlossen werden mussten,
  2. die Vergabeunterlagen grundlegend geändert werden müssen, z. B. aus technischen oder sonstigen Gründen,
  3. andere schwerwiegende Gründe bestehen, wenn z. B. nach Prüfung und Wertung nur Angebote mit unerwartet hohen, aber nicht angemessen hohen Preisen festgestellt werden und ggf. genehmigte Haushaltsmittel nicht ausreichen.
In Verbindung damit sind die speziellen Aussagen zu berücksichtigen:
  • zu Baumaßnahmen im Hochbau nach Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017, Stand 2019) im Formblatt 351 und zugehöriger Richtlinie zum „Vergabevermerk – Entscheidung über die Aufhebung / Einstellung“, wobei:
    • nur solche Gründe, die erst nach Einleitung des Vergabeverfahrens auftreten und nicht vom Auftraggeber zu vertreten sind, zur Aufhebung ohne eine Gefahr zur Schadenersatzpflicht berechtigen und
    • die Aufhebung einer Ausschreibung bei Angeboten über 50.000 € der vorherigen Zustimmung der Fachaufsicht führenden Ebene bedarf,
  • im Straßen- und Brückenbau nach HVA B-StB (Ausgabe August 2019) im Teil 2 unter Tz. 2.5 – Aufhebung der Ausschreibung (Nr. 16 bis 21), wonach an die Aufhebungsvoraussetzungen strenge Anforderungen zu stellen sind, beispielsweise:
    • die Ausschreibung aufzuheben ist, wenn kein wirtschaftliches Angebot vorliegt,
    • die Aufhebung dann zu erwägen ist, wenn aufgrund von eingegangenen Nebenangeboten oder Änderungsvorschlägen erkannt wird, dass unzweckmäßig ausgeschrieben wurde und dadurch eine wirtschaftliche und sparsame Verwendung der Mittel nicht gewährleistet wäre.
Wird eine Ausschreibung aufgehoben, ist dies allen Bietern sowie bei Vergabeverfahren, die vor der Angebotseröffnung aufgehoben werden, allen Bewerbern unverzüglich mitzuteilen. Sie sind unter Angabe der Gründe in Textform zu unterrichten. Für öffentliche Hochbaumaßnahmen ist das Formblatt 352 aus dem VHB-Bund (2019) zu verwenden. Die Begründung kann entfallen, wenn der Bieter bereits ein Absageschreiben erhalten hat. Besteht die Absicht, ein neues Vergabeverfahren einzuleiten, ist darüber ebenfalls in Textform, d. h. auch per Fax bzw. E-Mail zu informieren. Die Sendeprotokolle sind zu den Akten zu nehmen bzw. solange sicher zu speichern, wie die sonstigen Vergabeunterlagen aufzubewahren sind. Erfolgte die Aufhebung bei einer beschränkten Ausschreibung wegen unangemessen hoher Preise, sollte ggf. bei einer erneuten beschränkten Ausschreibung der Bieterkreis gewechselt oder evtl. eine öffentliche Ausschreibung vorgesehen werden.
Erfolgte die Aufhebung einer Ausschreibung, kann je nach dem vorliegenden Fall in Betracht kommen, dass:
  • die vorgesehene Baumaßnahme zurückgestellt und ggf. später erneut ausgeschrieben wird,
  • eine unmittelbar anschließende erneute Ausschreibung vorgesehen wird,
  • evtl. eine Verhandlung mit einem oder mehreren Bietern über eine Änderung der Angebote, beispielsweise zwecks einer freihändigen Vergabe, geführt wird.
Wird eine Ausschreibung bzw. durch die Vergabestelle ein Vergabeverfahren unberechtigt aufgehoben und endet dadurch nicht mit einem Zuschlag an den wirtschaftlichsten Bieter bzw. Bewerber, hat dasjenige Bauunternehmen einen Anspruch auf Schadenersatz, dass sonst den Zuschlag erhalten hätte. Das wird in einem Urteil des BGH vom 8. Dezember 2020 (Az.: XIII 19/19) bekräftigt. Einen Anspruch auf Ersatz eines entgangenen Gewinns könnte jedoch nur dann geltend gemacht werden, wenn die Vergabestelle den Auftrag anderweitig unberechtigt an einen nicht zuschlagsberechtigten Bieter vergibt.
Handelte es sich bei der aufgehobenen Ausschreibung um ein offenes Verfahren oder ein nicht offenes Verfahren, dann kann ein neues Vergabeverfahren bei Änderung der ursprünglichen Vergabeunterlagen ebenfalls nur als offenes oder ggf. nicht offenes Verfahren durchgeführt werden.
Von öffentlichen Auftraggebern wird zu Baumaßnahmen oft angeführt, dass die von Bietern eingereichten Angebote wesentlich die vorher eingeholten Kostenschätzungen (nach DIN 276 - Kosten im Bauwesen auf Grundlage der Leistungsphase 2 – Vorplanung – nach HOAI) des Bauplaners überschreiten und damit eine Aufhebung der Ausschreibung zu begründen wäre. Nicht ausreichend ist, dass der Auftraggeber selbst den Preis des Bieters subjektiv für überhöht hält. Die Aufhebung darf nicht mit dem Ziel einer Korrektur ungünstiger Bieterergebnisse genutzt werden, sondern nur als eine Ausnahme erfolgen. Dies kann der Fall sein, wenn:
  • die Kostenschätzung realistisch (keinesfalls schöngerechnet) und zeitnah (nicht älter als maximal 2 Jahre) erfolgte und eine Spanne von mindestens 20 bis 30 % unterhalb der Bieterangebote liegt oder
  • eine Kostenberechnung (auf Grundlage der Leistungsphase 3 nach HOAI) als weiter qualifizierte Kostenschätzung die Spanne von mindestens 15 bis 20 % die Bieterangebote unterschreitet.
Im Zusammenhang mit den Aufhebungsvoraussetzungen und -gründen hat die Vergabekammer des Bundes in ihrem Beschluss vom 17. Januar 2008 (Az.: VK 1-152/07) in einem Fall entschieden, dass eine Ausschreibung aufgehoben werden darf, wenn die abgegebenen Angebote deutlich (mehr als 30 %) über den vom Auftraggeber geschätzten Kosten liegen. Dies folgt dem Gebot der öffentlichen Hand zur sparsamen Wirtschaftsführung. Andererseits bleibt hervorzuheben, dass eine Aufhebung vorher mit nicht unerheblichen Kosten bei allen Beteiligten verbunden ist, die dann praktisch unnütz waren.
Bei EU-weiten Ausschreibungen sowie verteidigungs- und sicherheitsspezifischen Baumaßnahmen kann der öffentliche Auftraggeber bei einer Aufhebung jedoch bestimmte Informationen mit Bezug jeweils auf Abs. 2 Nr. 2 in den § 17 EU und § 17 VS der VOB/A zurückhalten, wenn die Weitergabe:
  • den Gesetzesvollzug behindert,
  • dem öffentlichen Interesse zuwiderläuft,
  • die berechtigten geschäftlichen Interessen von öffentlichen oder privaten Unternehmen schädigt oder
  • den fairen Wettbewerb beeinträchtigen würde.
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