Die Kostenschätzung ist eine Grundleistung des Bauplaners in der Leistungsphase 2 nach der HOAI. Die Ermittlung ist - als spezielle Stufe der Kostenermittlung nach DIN 276 - auf Grundlage der neu bearbeiteten Fassung der DIN 276 - Kosten im Bauwesen vorzunehmen. In der Ausgabe Dezember 2018 wurden die vorherigen Teile der DIN 276-1 (Teil 1: Hochbau, Dezember 2008) und DIN 276-4 (Teil 4: Ingenieurbau, August 2009) zur neuen Norm DIN 276 (2018-12) zusammengefasst. Die Kostenschätzung dient als Grundlage für die Entscheidung über die Vorplanung. Für die Aufstellung sind besonders folgende Informationen nach Tz. 4.3.3 in der DIN 276 zu nutzen: Angaben zum Baugrundstück und zur Erschließung,
Ergebnisse der Vorplanung, insbesondere Planungsunterlagen und zeichnerische Darstellungen,
Erläuternde Angaben zu den planerischen Zusammenhängen, Vorgängen und Bedingungen sowie zur organisatorischen und terminlichen Abwicklung des Bauprojekts,
Die Gliederung zu den Baukosten erfolgt in der DIN 276 nach 3 Ebenen von grob nach Hunderter-Stellen (auch als 1-Steller bezeichnet) in der ersten Ebene bis detaillierter nach Einer-Stellen (3-Steller) in der dritten Ebene. Bei der Kostenschätzung als Kostenermittlungsstufe müssen die Gesamtkosten der jeweiligen Kostengruppen nach DIN 276 in der zweiten Ebene (Zehner-Stellen) der Kostengliederung ermittelt werden.
Ein Beispiel der Kostenzusammenstellung als Kostenschätzung für das Bauprojekt eines "vielgeschossigen Wohnhauses" wird unten dargestellt. Detailliertere Aussagen zur Gliederung und den inhaltlichen Anmerkungen der 3-Steller- Positionen sowie von redaktionellen Kommentaren zu Änderungen gegenüber vorherigen Ausgaben werden im Baunormenlexikon untersetzt und sind dort aufrufbar. Die Art und Weise der Kostenschätzung ist dem Bauplaner freigestellt. In der Praxis erfolgt dies oft über sogenannte "Grob-Leistungsverzeichnisse" oder auf Grundlage von Raumbüchern. Nur eine Bezugsgröße wie beispielsweise die geometrischen Größen Brutto-Rauminhalt (BRI) oder Brutto-Grundfläche (BGF) ist bei einer Kostenschätzung nicht zu verwenden. In den Anlagen 3 und 4 zur DIN 276 werden jeweils Mengen und Bezugseinheiten für die Bestimmung von Kostenkennwerten empfohlen, so für die Kostengruppen "300 - Bauwerk - Baukonstruktionen" in Anlage 3 und "400 - Bauwerk- Technische Anlagen" in Anlage 4, beispielsweise für: Kostengruppen | Mengen und Bezugseinheiten nach |
Bezeichnung | und Ermittlung |
KG 310 - Baugrube/ Erdbau | Baugrubenrauminhalt / Erdbaurauminhalt | Rauminhalt einschließlich der Arbeitsräume und Böschungen |
KG 330 - Außenwände | Außenwandfläche | Fläche der Außenwände |
KG 360 - Dächer | Dachfläche | Fläche der Dächer einschließlich der Dachüberstände und Vordächer. |
Bei der Kostenschätzung handelt es sich um eine Kostenermittlung, die im Projektverlauf bezogen auf den jeweiligen Planungsfortschritt einmalig und zu einem bestimmten Zeitpunkt durchgeführt wird. Dabei wird die Art und die Detaillierung auch abhängig vom Stand der Planung und Ausführung und den jeweils verfügbaren Informationen sein, z. B. in Form des Projektes, den Beschreibungen und Berechnungen. Zu berücksichtigen sind auch die unter Kostenermittlung nach DIN 276 angeführten Aspekte nach Tz 4.2.8 bis 4.2.14 in der DIN 276 (2018-12). Herangezogen werden können auch Nutzungseinheiten als funktionale Größen wie Kindergartenplätze, Schulplätze, Büroplätze, Betreuungsplätze u. a. Durchaus günstiger erscheinen auch Berechnungen nach DBD-BIM, die wesentlich transparenter, zum anderen mit höherem Arbeitsaufwand verbunden sind. Die Aussagen sind auch noch umso besser, wenn den Kennzahlen umfangreiche und langjährige Erfahrungen und viele Vergleichsobjekte zugrunde liegen. In der Praxis entscheidet die Kostenschätzung über die weitere Verfolgung eines Projekts. Werden hier zu hohe Sicherheiten eingebaut, kann das ganze Projekt wegen mangelnder Rentabilität infrage gestellt werden. Wird die Kostenschätzung dagegen zu knapp gerechnet, sind andere äußerst negative Folgen die Konsequenz, beispielsweise:
Nachfinanzierung durch den Bauherren,
sinkende Rendite,
schwere Imageschäden beim Planer,
im schlimmsten Fall Insolvenz.
Als Folge daraus haben Planer und Bauherren das gemeinsame Interesse, zu einem möglichst frühen Zeitpunkt möglichst viele Kosteninformationen vorliegen zu haben, und zwar über das hinaus, was HOAI oder DIN fordern. Da viele Details noch nicht vorliegen, müssen Annahmen getroffen werden, damit ein vollständiges Qualitäts- und Mengengerüst entsteht.
Mit dem Beschluss vom 6.3.2013 (AZ. 1 VK 2/13) der VK Baden-Württemberg wurde mit Bezug auf eine Schätzung zum Bauauftragswert einer Baumaßnahme entschieden, dass sie nach „rein objektiven Kriterien erfolgen und jenen Wert treffen soll, den ein umsichtiger und sachkundiger öffentlicher Auftraggeber nach sorgfältiger Prüfung des relevanten Marktsegments und auf dem Boden einer betriebswirtschaftlichen Finanzplanung veranschlagen würde“.
Im weiteren Verlauf der Bauplanung wird die Kostenschätzung fortgeschrieben. Danach folgt die Kostenberechnung nach DIN 276 gemäß der Anforderung zur Leistungsphase 2 nach HOAI, bei der die Kostenermittlung in der Tiefe der dritten Ebene (Einer-Stellen) vorgenommen wird. Folglich ist der Toleranz- sowie Schwankungsbereich bei der Kostenschätzung wesentlich kleiner als bei einer Kostenberechnung anzunehmen, aber durchaus noch von +/./. 15 % bis maximal 30 % gegenüber einer späteren Kostenfeststellung zur Bauausführung. Zu klären bleibt auch stets, wie die Umsatzsteuer zu berücksichtigen ist. Ableitend aus Tz. 4.2.15 in der DIN 276 können die Kostenaussagen erfolgen als:
"Brutto-Angabe", in der die Umsatzsteuer enthalten ist, oder
"Netto- Angabe", in der die Umsatzsteuer nicht enthalten ist.
Eine Brutto-Angabe wird immer dann maßgebend sein, wenn der Bauherr als Auftraggeber für die Baumaßnahme keinen Vorsteuerabzug geltend machen kann, z. B. bei Wohnbauten. Zu finanzieren ist dann ebenfalls der Bruttobetrag. Ist dagegen von vornherein eine "Netto-Angabe" gewünscht bzw. zu begründen, sind die Kostenangaben ohne Umsatzsteuer auszuweisen. Bei der Kostenermittlung ist deshalb grundsätzlich anzugeben, in welcher Form die Umsatzsteuer berücksichtigt wurde. Beispiel der Kostenzusammenstellung als Kostenschätzung
Berechnung für das Bauprojekt "vielgeschossiges Wohnhaus".
Es handelt sich dabei um ein Bauprojekt mit folgenden Angaben: 2.000 m² Brutto-Geschossfläche (BGF)
22 Wohnungseinheiten
15 Tiefgaragenplätze
10.000 m³ Brutto-Rauminhalt (BRI)
2.000 m² Brutto-Geschossfläche (BGF)
1.600 m² Grundstücksgröße
Flächen- und Rauminhalte werden aus den Planungsunterlagen ermittelt. Der Bauplaner verfügt über langjährige Erfahrungen mit Kostenermittlungen und erarbeiteten Kostenkennwerten, die nachfolgend für die Zusammenstellung der Baukosten als Investitionskosten nach DIN 276 herangezogen wurden.