Was ist eine Mischkalkulation?
Bei einer Mischkalkulation (synonym auch als Ausgleichskalkulation bezeichnet) werden im Angebot für eine ausgeschriebene Baumaßnahme die Einheitspreise (EP) einiger Leistungspositionen aus unternehmerischen Erwägungen heraus überhöht und andere bewusst zu niedrig kalkuliert und ausgewiesen. Dies erfolgt meistens durch Verschiebung von Preisbestandteilen zwischen einzelnen Leistungspositionen, oft auch in Verbindung mit unterschiedlich hohen Zuordnungen der Kosten für die Baustelleneinrichtung (BE) und von Gemeinkosten. Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen legt Regelungen für die Mischkalkulation bei Ausschreibungen fest.
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Anzeichen einer unzulässigen Mischkalkulation
Oft wird von Bauherrn schnell eine unzulässige Mischkalkulation vermutet. Häufig ist aber nicht klar, ob sie wirklich vorliegt. Ein Bieter, der in seinem Angebot die von ihm tatsächlich für einzelne Leistungspositionen zu kalkulierenden Kosten jedoch auf verschiedene Einheitspreise anderer Leistungspositionen umverteilt, benennt nicht die von ihm geforderten Einheitspreise bei nationalen Ausschreibungen im Unterschwellenbereich im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 3 in Abschnitt 1 (Basisparagrafen) der VOB Teil A (analog auch bei EU-weiten Ausschreibungen nach §§ 13 EU und VS, jeweils Abs. 1 Nr. 3 in den Abschnitten 2 und 3 der VOB/A). Anzeichen für eine unzulässige Mischkalkulation können unangemessen niedrige Einheitspreise für einzelne Teilleistungen im Angebot sein.
Zu vermuten wäre, dass zur Kompensation der deutlich verbilligten Einheitspreise in anderen Leistungspositionen überhöhte Einheitspreise gegenüberstehen, beispielsweise bei Erwartung einer Überschreitung der tatsächlich auszuführenden Leistungsmengen im Leistungsverzeichnis (LV) gegenüber der Ausschreibung. Oft wird für den Kalkulierenden aus einem Leistungsverzeichnis erkennbar, dass bei der Bauausführung möglichen Mengenmehrungen in anderen Positionen Mengenminderungen gegenüberstehen werden und dies zur Auf- und Abpreisung einzelner Einheitspreise verleitet. Nach der Herangehensweise liegt evtl. ein Spekulationsangebot mit der Kalkulation von Spekulationspreisen vor. Möglich wären auch Kostenverlagerungen mit der Folge von Preisverlagerungen bei der Kalkulation der Einzelkosten der Teilleistungen (EKT) und Gemeinkosten. Demgegenüber müssen Null-Einheitspreise nicht von vornherein unangemessene oder unvollständige Preisangaben in einem Angebot darstellen. Im Allgemeinen mag ein Null-Einheitspreis zunächst unrealistisch erscheinen. Möglicherweise sprechen aber sachliche und wirtschaftliche Gründe für diese Angabe. Eine unzulässige Mischkalkulation muss nicht zwangsläufig dann vorliegen, wenn für verschiedene Leistungspositionen die Einheitspreise nicht immer mit gleich hohen Zuschlägen für Gemeinkosten sowie Wagnis und Gewinn (W & G) kalkuliert wurden. Hierzu hat das Kammergericht Berlin mit Beschluss vom 14. August 2012 (Az.: VG 8/12) Aussagen getroffen, wann tatsächlich eine unzulässige Mischkalkulation vorliegt und wann nicht. Danach ist durchaus eine unterschiedliche Bezuschlagung zu den Einzelkosten von Leistungspositionen zulässig. So gehen Sie bei vermuteter Mischkalkulation vor
Liegt eine Mischkalkulation vor, ist meistens der Nachweis problematisch. Liegt bei der Angebotsprüfung und -wertung die Vermutung nahe, dass es sich um eine Mischkalkulation handelt, ist bei öffentlichen Bauaufträgen der betroffene Bieter mit Terminsetzung in Textform zur schriftlichen Aufklärung aufzufordern. Den Bietern sollte mitgeteilt werden, bei welchen Leistungspositionen (Ordnungszahlen) ein Verdacht auf eine Mischkalkulation besteht. Die schriftliche Erklärung soll Aussagen über die Kostenanteile der Einheitspreise und die Offenlegung der Kalkulation mit den herangezogenen Kalkulationsunterlagen bzw. -ansätzen treffen. Das ist immer dann notwendig, wenn ein Angebot aufgrund seiner Preisstruktur in sich preislich unverständlich oder sogar perplex ist. Auch im VHB, dem Vergabehandbuch des Bundes, und im HVA B-StB finden sich Regelungen für die Mischkalkulation.
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Hilfreiche Unterlagen zur Klärung vermuteter Mischkalkulation
Für die Aufklärung einer vermuteten Mischkalkulation sollten die Aussagen in folgenden Unterlagen herangezogen werden, soweit sie mit dem Angebot vom Bieter verlangt wurden:
- die ergänzenden Preisblätter (EFB-Preis) 221 oder 222 nach VHB-Bund (2019) sowie Formblatt 223 zur Aufgliederung der kalkulierten Einheitspreise
- eine hinterlegte Urkalkulation
Dies sieht für Hochbaumaßnahmen des Bundes auch die Richtlinie 321 – Prüfungs- und Wertungsübersicht – im VHB-Bund unter Tz. 3.3 vor. Legt der Bieter nachvollziehbar dar, dass er die Markt- und Wettbewerbssituation für seine Preisbildung effektiv genutzt hat (z. B. durch günstigen Materialeinkauf, Verwertung von Abbruchmaterial und Erdaushub), dann wird in Bezug auf sein Unternehmen ein wirtschaftliches Angebot vorliegen.
Eine analoge Regelung wird auch im Vergabehandbuch zu Bauleistungen im Straßen- und Brückenbau (HVA B-StB, Ausgabe August 2019) im Teil 2 unter Tz. 2.4 – Prüfung und Wertung der Angebote – in Nr. 21 und 22 getroffen. Danach sind mögliche Mischkalkulationspreise bei wesentlichen Leistungspositionen zu Hauptangeboten mithilfe eines Preisspiegels und bei Nebenangeboten aufgrund von Erfahrungen auf überhöhte und untersetzte Einheitspreise zu prüfen, insbesondere auch auf die Verlagerung von Preisbestandteilen. Aspekte zur Bewertung von Aufklärungen
Bei der Bewertung der Aufklärung sind nur Tatsachen zu berücksichtigen. Nur pauschale Behauptungen und unplausible Auffassungen in der Bietererklärung reichen nicht aus. Sind die Indizien für eine Mischkalkulation umfangreich, muss auch die Erklärung hierzu deutlicher sein.
Kann der Bieter mit seiner Erklärung die vom Auftraggeber bzw. der Vergabestelle festgestellten Unklarheiten zur Kalkulation der Preise nicht ausräumen, hat dann der Auftraggeber bzw. die Vergabestelle bei öffentlichen Bauaufträgen „schlüssig und anhand von Tatsachen (keine Mutmaßungen und subjektiven Einschätzungen) den Nachweis für eine Mischkalkulation zu erbringen“. Dies ist so vermerkt unter Tz. 3.3 in der Richtlinie zum Formblatt 321 im VHB-Bund (2019).
Kann eine Mischkalkulation objektiv nicht nachgewiesen werden, so ist das betreffende Angebot ggf. hinsichtlich einer Preisspekulation weiter zu prüfen und zu werten. Ein spekulatives Angebot ist nach dem Urteil des BGH vom 19. Juni 2018 (Az.: X ZR 100/16) nicht zuschlagsfähig, wenn „es so spekulativ ausgestaltet ist, dass dem Auftraggeber bei Eintritt bestimmter, zumindest nicht gänzlich fernliegender Umstände erhebliche Übervorteilungen drohen“. Welche Folgen hat eine unzulässige Mischkalkulation?
Kann der Bieter mit seiner angeforderten Aufklärung nicht schlüssig nachweisen, dass seine Einheitspreise sachgerecht kalkuliert und Kostenanteile nicht in andere Positionen verschoben wurden, kann das Angebot wegen unvollständiger Preisangaben von der Wertung ausgeschlossen werden. Liegt von vornherein eine offensichtliche Mischkalkulation vor, ist bereits ein Ausschluss ohne Aufklärung erforderlich.
Ein Ausschluss des Bieterangebots ist auch dann vorzusehen, wenn eine Aufklärung zur möglichen Mischkalkulation vom Bieter verweigert wird.