Baukalkulation / Angebot / Nachträge

Offenlegung der Kalkulation

Bei der Prüfung und Wertung von Angeboten durch den Auftraggeber (AG) sind die angebotenen Preise bezüglich ihrer "Angemessenheit" zu beurteilen. Bei öffentlichen Bauaufträgen darf durch den Auftraggeber nach den Regelungen in der VOB Teil A auf ein Angebot mit einem unangemessen hohen oder niedrigen Preis (oder unangemessen hohen oder niedrigen Kosten) kein Zuschlag erteilt werden. Das gilt sowohl bei nationalen Vergaben im Unterschwellenbereich nach § 16 d Abs. 1, Nr. 1 im Abschnitt 1 (Basisparagrafen) als auch bei EU-weiten Ausschreibungen bei Erreichen der Schwellenwerte sowie bei verteidigungs- und sicherheitsspezifischen Baumaßnahmen, jeweils nach § 16 d EU und VS Abs. 1, Nr. 1 in den Abschnitten 2 und 3 der VOB/A.
Eine analoge Beurteilung ist erforderlich, wenn bei der Bauausführung Abweichungen zum vereinbarten Bausoll eintreten und vom Auftragnehmer Nachträge als Nachforderungen vorgelegt werden. Dann bleibt zu prüfen, ob für die Nachträge ebenfalls die Kalkulationsgrundlagen des Hauptangebots herangezogen wurden.
Eine sachgerechte Kalkulation sowie die angebotenen Preise könnten angezweifelt werden, wenn:
  • sowohl Einheitspreise (EP) als auch die Angebotsendsumme eines Angebots von den anderen Angeboten wesentlich abweichen oder
  • bei Nachträgen andere als zum Hauptangebot herangezogene Kalkulationsansätze zugrunde gelegt wurden.
In solchen Fällen sind aufklärende Feststellungen anhand der Kalkulationsunterlagen erforderlich und ggf. Aufklärungen vom Auftragnehmer als "Offenlegung" der Kalkulation zu verlangen.
Als Hilfsmittel für die Offenlegung können Unterlagen dienen wie:
  • die abgeforderten ergänzenden Formblätter Preise (EFB-Preis) 221 bis 223 nach Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017, Stand 2019) mit Aussagen in den
  • eine Urkalkulation, die oft vom Auftraggeber in den Vergabeunterlagen mit dem Angebot bzw. bei öffentlichen Bauaufträgen nach Regelungen in den Vergabehandbüchern verlangt und ggf. vereinbart werden, meistens als Hinterlegung bzw. Aufbewahrung in einem verschlossenen Umschlag. Praktisch kommen die Aussagen zur Aufgliederung der Einheitspreise im ergänzenden Formblatt Preise 223 einer Urkalkulation gleich.
Die angeführten Unterlagen lassen sich unmittelbar aus der Angebotskalkulation ableiten bzw. werden meistens als Drucklisten zur Angebotskalkulation unmittelbar zur weiteren Verwendung aufbereitet, ggf. nach unterschiedlichen Bezeichnungen wie "Druckliste-Offenlegung der Kalkulation" oder "Druckliste-Dokumentation der Kalkulation " u. a. nach der jeweils herangezogenen Kalkulationssoftware.
Als Beispiel wird eine Druckliste auf Grundlage der Kalkulationssoftware „nextbau“ angeführt. Sie weist aus die:
  • Kalkulationsansätze für alle Kostenarten, die für die jeweiligen Leistungspositionen kalkuliert wurden und
  • Kosten- und Preisstruktur der Positionen (als Summe der EKT und der Umlagen).
Weitere Optionen können für Zwecke der Auswertung umfassen die:
  • Umlagepositionen und vorhandenen Kalkulationsansätze für Umlagen, z. B. bei Anwendung der Endsummenkalkulation als Kalkulationsverfahren,
  • Festpreise sowie ggf. vorhandenen Kalkulationsansätze für Festpreispositionen und
  • einen separaten Ausdruck der Festpreise sowie von Differenzen zu ggf. kalkulierten Einheitspreisen.
In der Baupraxis unterstützen die angeführten Aussagen vor allem auch die Arbeitsvorbereitung für die Bauausführung, so als Grundlage für die Bauleitung im Bauunternehmen und zur Ableitung von Soll-Vorgaben für die Baukolonnen.

Beispiel für eine Urkalkulation bzw. Dokumentation zur Kalkulation als Auszug für eine Leistungsposition aus dem Leistungsverzeichnis:

Dokumentation der Kalkulation
Rohbau Lagerhalle
Datum des Angebotes:
OrdnungszahlMengeBezeichnungEinheitspreisGesamtbetrag
01Erdarbeiten
01.0030100,000 m³Boden Streifenfundament
lösen laden fördern lagern
B 3-4m L 15-20m T bis 1,25m GU
Boden für Streifenfundament, ab Geländeoberfläche, profilgerecht lösen, laden, fördern, lagern,
Verbau wird gesondert vergütet,
Gesamtbreite über 3 bis 4 m,
Gesamtlänge über 15 bis 20 m,
Aushubtiefe bis 1,25 m,
Homogenbereich 1, mit einer Bodengruppe, Bodengruppe 1 GU DIN 18196 (Kies- Schluff-Gemisch), Tiefe oberer Horizont des Homogenbereiches von 0 m, Tiefe unterer Horizont des Homogenbereiches bis 5 m,
18,19 EUR/m³1.819,00 EUR
Vorgang 0011,000 m³/m³Boden Streifenfundament lösen laden fördern lagern
B 3-4m L 15-20m T bis 1,25m GU
ArtBezeichnungMenge/VEKosten/MEMenge/PosKosten/Pos
LBoden/Füllstoff ausheben
(Hydraulikbagger 40 kW)
0,184 hL/m³32,92 EUR/hL18,423 hL606,49 EUR
GBoden/Füllstoff ausheben
(Hydraulikbagger 40 kW)
0,088 hB/m³19,31 EUR/hB8,773 hB169,42 EUR
BBoden/Füllstoff ausheben
(Hydraulikbagger 40 kW)
0,088 hB/m³10,75 EUR/hB8,773 hB94,33 EUR
STransportkosten-Güterverkehr
Straße
1,700 tkm/m³2,00 EUR/t170,000 t340,00 EUR
h/Pos: 18,400 hEKT/PosUml/PosGB/Pos
Löhne606,00566,001.172,00
Geräte263,0027,00290,00
Sonstige340,0017,00357,00
Summe1.209,00610,001.819,00
Zusammenfassung
OrdnungszahlBezeichnungSumme in EUR
01Erdarbeiten1.819,00

Angebotssumme netto1.819,00
Umsatzsteuer (19,00 %)345,61

Angebotssumme brutto2.164,61
Legende
LLohnstunden
GGeräte
BBetriebsstoffe
SSonstige Kosten
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Urkalkulation: Einfach Klarheit für Nachträge

Offenlegung der Kalkulation mit nextbau
Offenlegung der Kalkulation mit nextbau
Bild: © f:data GmbH
Damit es im Fall von Nachträgen keine langen Diskussionen gibt: Mit der Bausoftware nextbau können Sie eine ordnungsgemäße Urkalkulation jederzeit vorlegen. Hatten Sie im Angebot nicht die Zeit, jeden Preis im Einzelnen zu kalkulieren, lässt sich eine stimmige „Rückwärtskalkulation“ sogar nachträglich hinterlegen. Zeitraubende Berechnungen für den Nachweis von Nachträgen fallen weg. Selbst EFB-Formulare bereiten Ihnen kein Kopfzerbrechen mehr: Die haben Sie auf Knopfdruck stimmig parat!
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